Zerbrechlich, aber stark genug fürs Leben

Zerbrechlich, aber stark genug fürs Leben

  • Im Ort, wo Jesus geboren wurde, ste­ht seit mehr als 60 Jahren ein Kinder­spi­tal, gegrün­det von den bei­den Schweiz­ern Hed­wig Vet­ter und Pater Ernst Schny­drig sowie dem palästi­nen­sis­chen Arzt Dr. Antoine Dab­doub. 
  • Das Car­i­tas Baby Hos­pi­tal in Beth­le­hem behan­delt jährlich zehn­tausende Kinder und Babys, unab­hängig von ihrer Reli­gion und Herkun­ft.
  • Finanziert und betrieben wird das Spi­tal vom Vere­in Kinder­hil­fe Beth­le­hem mit Sitz in Luzern. 

Der kleine Yousef Sweiti quas­selt fröh­lich vor sich hin. Behut­sam küsst seine Schwest­er den Ein­jähri­gen. Hände und Beine des strahlen­den Kleinkinds steck­en in Ver­bän­den, im Gesicht ver­schor­fen zahlre­iche Wun­den: Yousef ist ein «Schmetter­lingskind», seine Haut ist so zer­brech­lich wie die Flügel eines Schmetter­lings.  

Schock bei der Geburt

Bei Yousef wurde die Krankheit schon bei sein­er Geburt sicht­bar. Die Haut des Jun­gen war an vie­len Kör­per­stellen nicht richtig aus­ge­bildet. «Ich habe das Baby nicht sofort gese­hen», erin­nert sich Mut­ter Amani. «Aber mein Mann brach beim Anblick des Kleinen zusam­men», erzählt die 34-Jährige, «Man sagte ihm, das Kind wird nicht lange über­leben.» Doch der Vater des Kindes, Abdel­rah­man, weiss von der guten Ver­sorgung in Beth­le­hem und beste­ht auf ein­er Ein­weisung ins Kinder­spi­tal. Dort sta­bil­isiert sich der Zus­tand von Yousef und die stan­dar­d­isierte Behand­lung der genetisch bed­ingten Krankheit kann begin­nen. Amani wird der­weil von ein­er Sozialar­bei­t­erin des Spi­tals betreut, um sich men­tal auf die Begeg­nung mit ihrem Kind vorzu­bere­it­en. «Es ist wichtig, den Fam­i­lien zu zeigen, dass sie nicht allein sind», betont die Sozialar­bei­t­erin Hiba Sa’­di. «Es ist nicht ein­fach für eine Mut­ter, ein schw­er krankes und entstelltes Baby zu akzep­tieren.» Der Schock, der ihrem Mann bei der Geburt des Kindes wider­fuhr, bleibt Amani deshalb erspart. 

Kinderhilfe Bethlehem

Der Vere­in Kinder­hil­fe Beth­le­hem mit Sitz in Luzern finanziert und betreibt das Car­i­tas Baby Hos­pi­tal in Beth­le­hem im West­jor­dan­land. Zehn­tausende Kinder und Babys wer­den dort jährlich sta­tionär oder ambu­lant betreut. Alle Kinder erhal­ten Hil­fe, unab­hängig von ihrer Herkun­ft und Reli­gion. Das Behand­lungskonzept bindet die Eltern eng in den Heilung­sprozess ihrer Kinder mit ein und das Spi­tal ver­fügt über einen gut aus­ge­baut­en Sozial­dienst. Mit 250 lokalen Angestell­ten ist das Car­i­tas Baby Hos­pi­tal ein bedeu­ten­der Arbeit­ge­ber in der Region. Das Spi­tal stärkt das palästi­nen­sis­che Gesund­heitswe­sen und ist darüber hin­aus führend bei der Aus­bil­dung von Ärzten und Pfle­gen­den in der Kin­der­medi­zin. Nur dank Spenden kann das Car­i­tas Baby Hos­pi­tal seine Auf­gaben erfüllen und Kinder­leben ret­ten. www.kinderhilfe-bethlehem.ch 

Spenden: IBAN CH17 0900 0000 6002 0004 7  

Spezialisierte Betreuung nur in Bethlehem möglich

Das Kinder­spi­tal Beth­le­hem ist das einzige Spi­tal in Palästi­na, das die Schmetter­lingskrankheit effek­tiv behan­delt. Die Krankheit kommt in den Orten um Beth­le­hem nicht sel­ten vor. Aber die Aufk­lärungsar­beit des Kinder­spi­tals über genetis­che Risiken der weitver­bre­it­eten Ver­wandtene­hen zahlt sich langsam aus. «In den let­zten fünf Jahren haben immer mehr Paare in eine Genkartierung vor der Heirat eingewil­ligt», erk­lärt Hiba Sa’di. Die Krankheit bee­in­flusst das Leben der Betrof­fe­nen stark. «Das A und O der Behand­lung ist eine sachgerechte Pflege der Haut und Wun­den, um Entzün­dun­gen zu ver­hin­dern. Wir unter­richt­en die Müt­ter», so Sa’di, «damit kön­nen wir die Spi­ta­laufen­thalte der Kinder reduzieren.» Für die Müt­ter und Väter dieser Kinder ist zudem der Aus­tausch mit anderen betrof­fe­nen Fam­i­lien wichtig. Hier hil­ft der Sozial­dienst des Kinder­spi­tals: «Wir ken­nen die Fam­i­lien und brin­gen sie miteinan­der in Kon­takt», erzählt die erfahrene Sozialar­bei­t­erin. 

Eine Familie hilft der anderen

[esf_wordpressimage id=41690 width=half float=left][/esf_wordpressimage]Im Fall des kleinen Yousef erweist sich diese Hil­fe als ein Glücks­fall. «Uns wurde gesagt, dass es in unser­er Nähe weit­ere betrof­fene Fam­i­lien gibt», erin­nern sich Yousefs Eltern. Damit mein­ten sie Mari­am und Samer Darra­bi’. Zwei ihrer Söhne, darunter Joud, sind Schmetter­lingskinder. Mari­am erin­nert sich noch gut an die eigene Sit­u­a­tion. Auch damals gaben die Ärzte im örtlichen Kranken­haus dem Neuge­bore­nen keine Chance. Doch die Fam­i­lie insistierte und brachte Joud nach Beth­le­hem. Die Hil­fs­bere­itschaft endete nicht beim Erfahrungsaus­tausch. «Mari­am bot uns an, sich so lange um Yousef zu küm­mern, bis wir uns das sel­ber zutraut­en», sagt Abdel­rah­man Sweiti. Mehrere Tage lang tre­f­fen sich die Fam­i­lien täglich, um bei der Ver­sorgung des Schmetter­lingsjun­gen zu helfen. «Ich habe ihnen alles beige­bracht», sagt Mari­am, «jet­zt ste­hen die Sweitis auf eige­nen Füssen!»  

Sozialarbeiterin vermittelt Kontakte

Als «Ver­mit­t­lerin» zwis­chen den Fam­i­lien ist der Sozial­dienst des Kinder­spi­tals regelmäs­sig in Kon­takt mit den Fam­i­lien. Diese erhal­ten vom Spi­tal auch kosten­los­es Ver­bands­ma­te­r­i­al und Medika­mente. In Anbe­tra­cht der gerin­gen Löhne und Infla­tion ist diese Hil­fe essen­ziell. Auch wenn die Schmetter­lingskrankheit nicht geheilt wer­den kann: Die Betreu­ung des Kinder­spi­tals ermöglicht den Kindern, ins Leben zu fliegen. 

Marie-Christine Andres Schürch
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