Wo Gott spricht, da siegt die Liebe

Wo Gott spricht, da siegt die Liebe

  • Adri­an Bolz­ern, im Aar­gau und weit darüber hin­aus vor allem bekan­nt als «der Zirkusp­far­rer», hat geheiratet und wird bald Vater.
  • Das wird ein neuer Weg für ihn und eine Chance für die Kirche.
  • Bischof Felix und die Römisch-Katholis­che Kirche im Aar­gau ste­hen hin­ter dem beliebten Seel­sorg­er.

Während für die grosse Syn­ode 2021–2024 in Rom noch fleis­sig debat­tiert wird über The­men wie das Frauenor­di­nar­i­at oder den Zöli­bat, ist der Priester Adri­an Bolz­ern ein­fach dem Ruf seines Herzens gefol­gt und hat geheiratet. Er hätte das auch anders regeln kön­nen, wie so viele Priester vor ihm. Er hätte seine Kat­ja ein­fach als gute Fre­undin oder gute Bekan­nte aus­geben kön­nen, hätte in der Öffentlichkeit so getan, als hät­ten er als Priester und sie als Kirchen­musik­erin vor allem beru­flich miteinan­der zu tun, und wenn sie dann schwanger gewor­den wäre, dann hätte man sich irgen­deine Geschichte ein­fall­en lassen, die von den Leuten geschluckt wor­den wäre.

Bischof zeigt Verständnis

Nun entspricht diese Art von Ver­steck­spiel aber so gar nicht dem Charak­ter des beliebten Seel­sorg­ers der Schweiz­er Zirkusleute, Schausteller und Mark­thändler. Also suchte er das Gespräch mit seinem Bischof und siehe da: «Er hat viel Ver­ständ­nis gezeigt; er ist ein echter Hirte.» Bischof Felix hat­te natür­lich keine andere Wahl, als die Laisierung seines Zirkusp­far­rers und Kaplans der Aarauer Pfar­rei St. Peter und Paul in die Wege zu leit­en. Aber auch wenn der gewei­hte Priester nach der kirchen­rechtlichen Ent­bindung von seinen klerikalen Befug­nis­sen keine Sakra­mente mehr spenden darf, so soll er dem Bis­tum den­noch als Seel­sorg­er erhal­ten bleiben. «Momen­tan beschäftigt mich das Bis­tum als Zirkus‑, Schausteller- und Mark­thändlerko­or­di­na­tor», erk­lärt Bolz­ern, «aber mein Ziel ist es, nach der Laisierung wieder zu 50 Prozent als Seel­sorg­er auf diesem Gebi­et tätig zu sein und zu 40 Prozent als Gehör­losenseel­sorg­er.»

Bolz­ern ist sehr froh über das Ent­ge­genkom­men von Bischof Felix, denn: «Ich ver­danke der Kirche viel. Es war auch ein langer und oft steiniger Weg, bis zu mein­er Priester­wei­he vor zehn Jahren. Aber ich bin diesen Weg sehr bewusst und aus Überzeu­gung gegan­gen und habe meine Entschei­dung nie bereut.» Deshalb wolle er gerne auch weit­er­hin für diese Kirche arbeit­en, sagt der 43-Jährige, der zusam­men mit sein­er zwölf Jahre jün­geren Frau im kom­menden Früh­ling ihr erstes Kind erwartet. Dieser glück­liche Umstand sei aber nicht der Grund gewe­sen, warum sie geheiratet hät­ten, betont Bolz­ern: «Als ich im Som­mer 2021 dem Bischof von unser­er Beziehung berichtete, war schon klar, dass wir heirat­en wür­den. Dass Kat­ja dann früher schwanger wurde, als wir erwartet hat­ten, sahen wir als Zeichen dafür, dass Gott ja gesagt hat­te zu unser­er Verbindung.»

Wie Ente und Igel

Im Matthäu­se­van­geli­um (Mt 19,6) ste­ht: «Was aber Gott ver­bun­den hat, das darf der Men­sch nicht tren­nen.» Vor dem Hin­ter­grund dieses Jesus­wortes sollte es einen wenig erstaunen, dass die Schlagzeile «Pfar­rer heiratet Kirchen­musik­erin» nicht für mehr medi­alen Wirbel und katholis­che Empörung gesorgt hat. Aber Bolz­ern beurteilt das viel prag­ma­tis­ch­er: «Wir hat­ten etwas Glück, denn einen Tag, bevor der Beitrag über uns in der Aar­gauer Zeitung erschien, starb Queen Elis­a­beth. Dieses Ereig­nis beschäftigte die Medi­en und die Leute viel mehr als ein Priester, der heirat­en wollte. Vielle­icht sieht man das heute auch nicht mehr als so tragisch an wie noch vor 50 Jahren. Und dann kann es sich die Kirche beim aktuell vorherrschen­den Per­sonal­man­gel auch schlicht nicht mehr leis­ten, einen aus­ge­bilde­ten Seel­sorg­er ein­fach in die Wüste zu schick­en.»

Wäre das doch passiert, dann hätte der leut­selige Kirchen­mann bere­its Alter­na­tiv­en in pet­to gehabt. Freiberu­flich­er Rit­u­al­be­gleit­er wäre die eine gewe­sen, eine Pfarrstelle bei der christkatholis­chen Schwest­erkirche die andere. Wenn aber alles nach Wun­sch ver­läuft, dann bleibt er der römisch-katholis­chen Kirche erhal­ten, nicht nur als Seel­sorg­er, son­dern bald auch als Buchau­tor. Er will mit sein­er Frau zusam­men ein Kinder­buch real­isieren, das ihrer bei­der Geschichte erzählt: «Ente Kat­ja und Igel Adri­an find­en in dieser Geschichte zueinan­der und wer­den ein Paar, obwohl sie ja eigentlich gar nicht zusam­men­passen», ver­rät Bolz­ern mit ver­schmitztem Lächeln, «wie ein Priester und eine Frau.»

Grosse Pläne

Ein Buch­pro­jekt wie das von der Ente und ihrem Igel muss natür­lich erst ein­mal finanziert sein. Das organ­isieren Adri­an und Kat­ja Bolz­ern über die Crowd­fund­ing­web­site www.lokalhelden.ch. Ente und Igel sind aber nicht nur die Haupt­fig­uren ihres gemein­samen Kinder­buchs, sie wer­den als Sym­bol­fig­uren und Maskottchen auch während der kirch­lichen Hochzeit der bei­den immer wieder auf­tauchen.

Wenn alles so klappt, wie geplant, ihr erstes Kind geboren und die beru­fliche Zukun­ft des jun­gen Paares gesichert ist, dann gehen ihre Pläne auch schon weit­er: «Kat­ja und ich haben schon immer gesagt, dass es schön wäre, viele Kinder zu haben. Man weiss ja nie, was kommt, aber unser Ziel wären schon vier Kinder.» Sagt’s und bet­tet das Kissen mit dem Pho­to­druck von ihm und sein­er Frau wieder sorgsam an seinen son­ni­gen Platz auf dem Fam­i­lien­so­fa.

Christian Breitschmid
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