
«Wie eine zweite Familie»
Am 28. September ist Tag der Migrantinnen und Migranten. Wir haben R. T. getroffen, einen jungen Mann, der vor zehn Jahren in die Schweiz kam.
Seit wann leben Sie in der Schweiz und warum haben Sie sich entschieden in die Schweiz zu kommen?
Ich bin seit 2015 in der Schweiz. Es gibt mehrere Gründe, warum ich mich damals, mit 14 Jahren, dafür entschieden habe, hierher zu kommen. Zwei wichtige sind die Sicherheit und die Zukunftschancen. Beides ist hier besser als in meinem Herkunftsland Afghanistan.
Welche ersten Eindrücke hatten Sie, als Sie hier ankamen?
Für mich ist einfach alles ganz neu gewesen. Die Sprache, die Natur, die Menschen. Am Anfang war es schwierig, alles zu verstehen, auch das «System» des Landes, das ganz anders funktioniert. Aber mit den Jahren wird es immer besser.
Gab es etwas, das Ihnen das Ankommen erleichtert hat?
Ich habe Menschen kennengelernt, die mir geholfen haben, Deutsch zu lernen. Sprache ist sehr wichtig. Wenn man sie kann, funktioniert alles viel besser. Und im Asylheim habe ich andere Menschen kennen gelernt, die vor mit hier angekommen sind und mit so ein paar Tipps geben konnten.
Gab es auch Hürden, denen Sie begegnet sind?
Wenn man in einem Land ankommt, in dem alles ganz anders ist als im Herkunftsland, dann ist eigentlich erst mal alles schwierig. Das Schwierigste war und ist immer noch, die Sprache zu lernen. Ich glaube, es ist besonders schwierig in der Schweiz, weil die Menschen im Alltag Schweizerdeutsch sprechen. In der Schule lerne ich aber Hochdeutsch.
Was machen Sie heute beruflich?
Ich habe zuerst eine Ausbildung zum Montageelektriker gemacht und vor zwei Jahren sehr erfolgreich abgeschlossen. Jetzt mache ich eine zweite Ausbildung zum Elektroplaner.
Was stellen Sie sich für die Zukunft vor?
Ich möchte meine zweite Ausbildung abschliessen. Das wird noch drei Jahre dauern. Ich lebe zurzeit in Basel und möchte hier auch bleiben. Ich liebe Basel und sehe hier meine Zukunft.
Wer hat Sie auf Ihrem Weg unterstützt?
Über das Programm des Vereins PUMA (Patenschaften für unbegleitete junge Asylsuchende; Anm. d. Red.) habe ich Familie G. kennengelernt. Der Verein hatte Kontakt mit der KESB (Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde; Anm. d. Red.) und ich wurde PUMA empfohlen. Der Kontakt in meiner Unterkunft hat mich dann vermittelt. Das war vor etwa acht Jahren. Und seitdem sind Familie G. und ich wie eine Familie. Wir treffen uns regelmässig, und sie laden mich zum Beispiel bei jedem Fest, bei jedem Geburtstag und so weiter ein. Ich habe nirgends, nicht in der Schweiz, nicht in Afghanistan, eine Familie mit so viel Menschlichkeit kennengelernt. Der Kontakt ist auch heute noch intensiv. Dafür bin ich sehr dankbar.
Was bedeutet «dazugehören» für Sie?
Eine gemeinsame Sprache, Freundschaften, Vertrauen und Offenheit.
Gibt es Orte oder Menschen hier, die Ihnen besonders wichtig geworden sind?
Natürlich meine Patenfamilie, aber auch meine Freunde. Unter der Woche arbeite ich, und am Wochenende treffe ich meine Freunde, und wir gehen wandern oder biken. Das macht Spass. Früher haben wir viel Fussball gespielt, und heute wandern wir.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft – für sich selbst, aber vielleicht auch für die Gesellschaft?
Persönlich möchte ich meine Ausbildung erfolgreich habschliessen.
Um ehrlich zu sein, finde ich die Schweizer gut, so wie sie sind. Es ist wichtig, gute Freunde haben. Wenige, aber Gute. Und ich denke, Schweizer sind so. Es gibt Leute, die offener sind als die Schweizer, aber die sind nur ein paar Tage in deinem Leben und dann stehen sie nicht mehr zu dir.
Was möchten Sie anderen Menschen, die in ein neues Land kommen, gerne mitgeben?
Lernt die Sprache so schnell es geht, das ist das Wichtigste. Und versucht, keine Zeit zu verschwenden, euren Weg zu finden.
Verein PUMA
Seit 2017 vermittelt PUMA Patinnen und Paten an unbegleitete minderjährige Asylsuchende in der Nordwestschweiz. Der Verein begleitet die Tandems eng und zählt derzeit rund 60 aktive Patenschaften. PUMA sucht weitere Erwachsene als Patinnen und Paten zur Unterstützung junger Flüchtlinge in ihrer sozialen und beruflichen Integration in unsere Gesellschaft.
Weitere Infos finden Sie hier.

Bild: © Okello Maurice