Tiefe Gespräche, packende Predigten und massenhaft Abfall

Tiefe Gespräche, packende Predigten und massenhaft Abfall

  • Eine Jugend­gruppe aus dem Frick­tal war am 23. Weltju­gend­tag in Liss­abon dabei.
  • In einem Online-Tage­buch hat Simon Hohler, Geschäfts­führer der Jugend­seel­sorge Frick­tal, live berichtet.
  • Nach der Reise ziehen er und die Teil­nehmerin Cécile Wanzen­ried Bilanz über den Mega-Event.

Was wird euch aus den Tagen in Liss­abon noch lange in Erin­nerung bleiben?

Cécile Wanzen­ried: Mir wer­den viele tief­gründi­ge Gespräche über das Leben und den Glauben in Erin­nerung bleiben. Mit Men­schen, die ich schon lange kenne und mit Men­schen, die ich erst durch die Reise ken­nen­gel­ernt habe.

Simon Hohler: Die grosse Begeis­terung der jun­gen Men­schen für den Glauben, den wir teilen, wird mir bleiben. Beein­druckt hat mich auch die ansteck­ende Freude junger Men­schen etwa aus südeu­ropäis­chen Län­dern oder aus Südameri­ka, die gesun­gen und musiziert haben. Mir wer­den zudem die Worte des Pap­stes in Erin­nerung bleiben. Mit weni­gen Worten hat er es geschafft, den jun­gen Men­schen eine Botschaft der Ermu­ti­gung mit auf den Weg zu geben.

Welche Erwartun­gen hat­tet ihr vor der Abreise? Wur­den sie erfüllt?

Simon Hohler: Als Leit­er der Gruppe war es mir wichtig, dass die Teil­nehmenden bei unserem Pro­gramm mitentschei­den kon­nten. Neben dem Ange­bot, am Pro­gramm vom WJT teilzunehmen, hat­ten sie so auch viel Zeit zur freien Ver­fü­gung, um die Stadt ken­nen zu ler­nen oder ein­fach zusam­men zu sein. Diesen Freiraum haben sie geschätzt. Ich hat­te auch die Erwartung, dass wir ein gutes Miteinan­der als Gruppe haben wer­den. Auch diese Erwartung wurde erfüllt.

Cécile Wanzen­ried: Ich hat­te keine bes­timmten Erwartun­gen und wollte das Erleb­nis Weltju­gend­tag auf mich zukom­men lassen.

«Wenn wir uns mit Offen­heit und ehrlichem Inter­esse begeg­nen, ver­mag der Glaube uns zu verbinden, statt zu spal­ten.»

Cécile Wanzen­ried

Welche Anre­gun­gen hat euch die Reise für euren Glauben gegeben?

Cécile Wanzen­ried: Die Reise hat mir gezeigt, wie unter­schiedlich Glaube ver­standen und gelebt wer­den kann. Während dieser Umstand in der Geschichte der Kirche aber auch in der heuti­gen Welt zu schlim­men Auseinan­der­set­zun­gen, Unter­drück­ung und Krieg führt, durfte ich in diesen Tagen das genaue Gegen­teil erleben. Wenn wir uns mit Offen­heit und ehrlichem Inter­esse begeg­nen, ver­mag der Glaube uns zu verbinden, statt zu spal­ten.

Simon Hohler: Ich habe mit­bekom­men, dass die Teil­nehmenden beein­druckt waren, ein­er­seits von der Vielfalt und ander­er­seits von der Ein­heit, die vor Ort spür­bar war. Wir haben erfahren, dass es etwas gibt, was uns auf der ganzen Welt verbindet, obwohl wir aus unter­schiedlichen Län­dern und Kul­turen kom­men. Mir ist aufge­fall­en, dass die Teil­nehmenden viel über per­sön­liche Dinge gesprochen haben, über Ansicht­en und Glaubens­fra­gen. Das finde ich sehr wertvoll.

Grosse Events wie der Weltju­gend­tag haben immer auch eine Kehr­seite: Die Men­schen kom­men mit dem Flugzeug und hin­ter­lassen vor Ort eini­gen Abfall. Wie denkt ihr darüber?

Simon Hohler: Aus mein­er Sicht ist diese Kehr­seite zu ver­nach­läs­si­gen. Der Nutzen über­wiegt um ein Vielfach­es. Der Weltju­gend­tag find­et nur alle vier Jahre statt. Ich hat­te den Ein­druck, dass sich die Organ­isatoren viel Mühe gegeben haben, den Aspekt: «Möglichst wenig Müll und viel Recy­cling» zu beacht­en. Die Anreise mit dem Flugzeug lässt sich für viele, die von weit herkom­men, nicht ver­mei­den. Hier darf man bei einem solchen Event auch mal ein Auge zudrück­en.

Cécile Wanzen­ried: Beson­ders die Abfall-The­matik habe ich während dieser Tage sehr kri­tisch wahrgenom­men. Zwar war die dor­tige Entsorgung laufend dabei, Abfälle umge­hend wegzuräu­men, jedoch waren die Abfall­massen erschreck­end.

Warum ergeben solche Events trotz­dem Sinn für euch?

«Die Kirche rückt mit dem Weltju­gend­tag stark in die Öffentlichkeit und wird für viele sicht­bar.»

Simon Hohler

Cécile Wanzen­ried: Für mich war es der erste Weltju­gend­tag und eine neue span­nende Erfahrung. Jedoch wird es ver­mut­lich auch der einzige Weltju­gend­tag bleiben.

Simon Hohler: Der Weltju­gend­tag bietet jun­gen Men­schen Einiges an tollen Erfahrun­gen. Man kommt mit anderen Men­schen ins Gespräch, vor allem auch über Fra­gen des Glaubens. Mit Gle­ichal­tri­gen aber auch mit Bis­chöfen und Pfar­rern. Alle find­en ein Ange­bot, das sie anspricht. Da ist die Gemein­schaft von Taizé aber auch Charis (Inter­na­tionaler Dienst der Katholisch-Charis­ma­tis­chen Erneuerung), eine Kör­per­schaft des Heili­gen Stuhls, die mit dem «The Change»-Event im Sta­dion einen grossen Lobpreis anbi­eten. Und Vieles mehr. Diese Vielfalt ist toll! Für viele Jugendlichen ist es ein­ma­lig, bei einem solchen Gross-Event dabei zu sein. Ausser­dem rückt die Kirche mit dem Weltju­gend­tag stark in die Öffentlichkeit und wird für viele sicht­bar. Auch dieser Aspekt scheint mir in der heuti­gen Zeit sehr wichtig zu sein.

Was kann der Papst eur­er Mei­n­ung nach jun­gen Men­schen Wichtiges mit auf den Weg geben?

Cécile Wanzen­ried: In meinem per­sön­lichen Glaubens­bild nimmt der Papst keine über­ge­ord­nete Rolle ein. Das Bild des göt­tlichen Stel­lvertreters auf Erden stimmt für mich nicht. Jedoch habe ich über Papst Franziskus einige Dinge gehört, die mir Hoff­nung geben. So nehme ich ihn als Vertreter ein­er Kirche wahr, die für Offen­heit ste­hen soll. Der Umstand, dass die katholis­che Kirche in vie­len Belan­gen jedoch noch immer sehr ver­schlossen und kon­ser­v­a­tiv auftritt, zeigt mir, dass wir uns nicht auf ein Kirchenober­haupt ver­lassen dür­fen, son­dern die Kirche selb­st so gestal­ten müssen, wie wir sie uns wün­schen. Es erfüllt mich jedoch mit Hoff­nung zu sehen, dass ein Men­sch Papst wer­den kann, der die Kirche zuweilen selb­st kri­tisiert.

Simon Hohler: Ich fand es toll, was der Papst gesagt hat. Es war nicht verkopft, son­dern seine Predigten waren kurz und ver­ständlich mit klaren Aus­sagen. Die Inhalte waren sehr stark! Das unter­schei­det Ihn auch von seinem Vorgänger. Mir war es wichtig, den Jugendlichen die Über­set­zun­gen zu geben. Diese wur­den unmit­tel­bar nach den Ver­anstal­tun­gen im Inter­net veröf­fentlicht. Ob Sie die Über­set­zun­gen gele­sen haben, das weiss ich nicht.


https://www.horizonte-aargau.ch/tagebuch-vom-weltjugendtag/
Eva Meienberg
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