Solidaritätsprinzip am seidenen Pastoralraumfaden

Solidaritätsprinzip am seidenen Pastoralraumfaden

Als älteste kirch­liche Jugend­seel­sorgestelle im Aar­gau organ­isierte die Jus­eso regionale Anlässe und unter­stützte die Pfar­reien in der Jugen­dar­beit vor Ort. Für 2018 ste­ht der Jus­eso ein Kahlschlag bevor, die Jugen­dar­beit soll in den Pas­toral­raumge­bi­eten ver­ankert wer­den. Eine Her­aus­forderung insofern, als dass die meis­ten Pas­toral­räume der Region bis zu diesem Zeit­punkt noch gar nicht errichtet sein wer­den.Mit der Ver­ab­schiedung des Konzepts «Jus­eso 2018» – so beschlossen am 14. Sep­tem­ber 2016 – sollen die Pas­toral­räume eigen­ver­ant­wortlich Jugen­dar­beit­er vor Ort anstellen. Die Jus­eso Frick­tal soll ab diesem Zeit­punkt nicht mehr wie bis anhin die Pfar­reien im ausser­schulis­chen Ober­stufen­re­li­gion­sun­ter­richt sowie bei Fir­mvor­bere­itung unter­stützen. Mit Fol­gen: Von den aktuell noch 210 Stel­len­prozen­ten bleiben noch 70 übrig. Laut Yan­nik Müller, Mit­glied des Jus­eso-Teams, ist davon auszuge­hen, dass von den bish­eri­gen sechs Stellen – drei Jugen­dar­bei­t­ende im Teilpen­sum, zwei Auszu­bildende sowie eine Sekre­tari­atsstelle – nur noch eine Stelle sowie voraus­sichtlich eine Aus­bil­dungsstelle im Umfang von 60 Prozent übrig bleibt.

Kultinstitution am Abgrund

Es dro­hte der Jus­eso Frick­tal gar das gän­zliche Aus, nach­dem der drittgrösste Beitragszahler Möh­lin im Jahre 2015 aus­trat. «Der Anstoss kam bei uns aus dem Seel­sor­geteam», erk­lärt Kirchenpflegepräsi­dent André Beyel­er. «Dieses wollte die Jugend­seel­sorge bei sich kün­ftig sel­ber gestal­ten und pla­nen.» André Beyel­er zeigt auf, dass man mit jährlich 42 000 Franken als drittgrösster Beitragszahler die Leis­tun­gen der Jus­eso Frick­tal «ohne­hin nur schlecht abgerufen» habe und sich ein solch­er Schritt auch im Hin­blick auf den kün­fti­gen Pas­toral­raum aufge­drängt habe.Nach­dem zuvor bere­its Laufen­burg die Zusam­me­nar­beit mit der Jus­eso aufgekündigt hat­te – gemäss Gemein­deleit­er Thomas Frey waren unter­schiedliche Auf­fas­sun­gen über das Firmkonzept der Grund – stellte der Aus­tritt von Möh­lin als drittgrösstem Beitragszahler das bish­erige Konzept in Frage. Sowohl Möh­lin als auch das zum Gebi­et Laufen­burg gehörige Met­tauer­tal baut­en eigene Stellen für die Jugend­seel­sorge auf. «Es schien, als erachteten nicht mehr alle Gemein­den im Frick­tal die Dien­stleis­tun­gen der Jus­eso für gle­icher­massen nötig», erin­nert sich Thomas Büch­ler, Kirchenpflegepräsi­dent in Rhe­in­felden. Konkret hät­ten diese Pfar­reien auch nicht dop­pelt bezahlen wollen, sprich neb­st ein­er eige­nen Stelle noch eine über­re­gionale Jugend­seel­sorgestelle finanzieren.» Thomas Büch­ler betont allerd­ings, dass man sich in gewis­sen Kirchge­mein­den gle­ich­wohl immer dafür einge­set­zt habe, eine über­re­gionale Stelle wie die Jus­eso zu erhal­ten.

Vorübergehend gerettet

Das Frick­tal mit sein­er Aus­rich­tung nach Basel umfasst 27 Pfar­reien. Seit den 1970er Jahren wurde die kirch­liche Jugen­dar­beit mit­tels ein­er über­re­gionalen Seel­sorgestelle organ­isiert. So kon­nten auch kleinere und finanzschwache Pfar­reien prof­i­tieren. Über einen speziellen Finanzierungschlüs­sel hät­ten die grossen, finanzs­tarken Gemein­den wie Rhe­in­felden, Frick oder Möh­lin oder auch Laufen­burg nach dem Sol­i­dar­ität­sprinzip qua­si den Löwenan­teil über­nom­men, wie auch Thomas Büch­ler, Kirchenpflegepräsi­dent in Rhe­in­felden erk­lärt.Mit dem neuen Konzept «Jus­eso 2018» scheint das Sol­i­dar­ität­sprinzip unter den Frick­taler Gemein­den fürs erste wenig­stens noch nicht gän­zlich aufgekündigt. Rhe­in­felden und Frick als die grössten Beitragszahler der Jus­eso Frick­tal entschlossen sich, für den Erhalt der Insti­tu­tion auch kün­ftig jährlich namhafte Beiträge einzuschiessen, um wenig­stens eine abge­speck­te und deut­lich gün­stigere Jus­eso Frick­tal erhal­ten zu kön­nen. Dieses Konzept «Jus­eso 2018» wird auch von Möh­lin mit­ge­tra­gen, das gemäss Auskun­ft seines Kirchenpflegepräsi­den­ten André Beyel­er kün­ftig noch etwa einen Vier­tel des ursprünglichen Beitrages beis­teuern will. Es liege aber auf der Hand, dass die «neue Jus­eso Frick­tal» ab 2018 den Gemein­den nicht mehr in gle­ichen Masse wird unter die Arme greifen könne, wie Yan­nik Müller vom Team der Jus­eso Frick­tal erk­lärt. Konkret heisst das: Damit auch kün­ftig noch eine gut organ­isierte kirch­liche Jugen­dar­beit im Frick­tal greift, braucht es neue Stellen in den Regio­nen.

Pastoralraumstellen für nicht existente Pastoralräume

Und genau bei diesem Punkt offen­bart sich, auf welch unsicherem Fun­da­ment die kirch­liche Jugen­dar­beit im Frick­tal ste­ht. Im Auf­trag des Bis­tums sollen die 27 Pfar­reien des Frick­tals neu in fünf Pas­toral­räu­men zusam­menge­fasst wer­den. In diesen neuen Seeslorge-Ein­heit­en, so seit jeher der Grundgedanke des Bis­tums, kön­nten Ressourcen gebün­delt und Per­son­aleng­pässe über­brückt wer­den, indem Ange­bote aller Art zusam­men­gelegt und für alle Mit­glied­sp­far­reien eines Pas­toral­raums erhal­ten bleiben. Das gilt auch für die Jugen­dar­beit: Das Konzept «Jus­eso 2018» sieht vor, dass bis 2018 in allen Pas­toral­raum­stellen kün­ftig Stellen für Jugend­seel­sorge geschaf­fen wer­den, die den Kahlschlag bei der Jus­eso kom­pen­sieren sollen.In der Region um Möh­lin (AG 18) sind die Vor­bere­itun­gen für die Pas­toral­raumer­rich­tung bere­its weit fort­geschrit­ten, in der Region Laufen­burg sind erste Schritte unter­nom­men. In den anderen drei Regio­nen (Rhe­in­felden, Frick und Eiken) hat der Prozess entwed­er noch nicht begonnen oder gilt als block­iert. Dass unter diesen Umstän­den die entsprechen­den neuen Stellen für die Jugen­dar­beit im Frick­tal innert Frist geschaf­fen wer­den kön­nen, wird von ver­schieden­er Seite bezweifelt. «Ich sehe in der Real­isierung dieses Prozess­es Schwierigkeit­en, da diese Stellen entste­hen sollen, bevor über­haupt die Pas­toral­räume errichtet wer­den», so Andreas Wieland, Gemein­deleit­er in Herz­nach, Hor­nussen und Zei­hen.Auch Christoph Küng, Gemein­deleit­er in den Pfar­reien Wit­tnau, Kien­berg und Wölflinswil beurteilt das Ziel als ambi­tion­iert: «Das ist schon eine Her­aus­forderung; der Pas­toral­raum ist noch nicht errichtet und gle­ich­wohl müssen wir eine Stelle auf­bauen.» Allerd­ings habe man beim Auf­bau eines Kirch­lich Regionalen Sozial­dien­stes (KRSD) schon bewiesen, das so etwas möglich sei. Entsprechend opti­mistisch zeigt sich denn auch der südliche Kol­lege der bei­den, Mar­tin Linzmeier, Gemein­deleit­er in Gipf-Ober­frick: «Wir haben im Gebi­et des zukün­fti­gen Pas­toral­raums bere­its bewiesen, dass wir gut zusam­me­nar­beit­en kön­nen, auch wenn wir noch kein Pas­toral­raum sind.» Es sei das erk­lärte Ziel, bis 2018 für das Gebi­et des kün­fti­gen Pas­toral­raums AG 20 das entsprechende Pen­sum für Jugen­dar­beit stellen kön­nen.

Vieles noch offen in Eiken, Rheinfelden und Laufenburg

Etwas zurück­hal­tender klingt es in Eiken, das mit dem Fischinger­tal einen Pas­toral­raum bilden soll. Man sei froh, dass seit dem 16. Sep­tem­ber 2016 im Fischinger­tal wieder ein Gemein­deleit­er angestellt sei, erk­lärt Kirchenpflegepräsi­dent Karl Wid­mer. Nun habe man wieder einen Ansprech­part­ner, «mit dem dann vielle­icht auf Ende 2107 hin erste Gespräche hin­sichtlich Pas­toral­raum­bil­dung geführt wer­den kön­nen.» Auf die für 2018 zu schaf­fend­en Jugend­seel­sorgestelle hin ange­sprochen, erk­lärt der Kirchenpflegepräsi­dent: «Vielle­icht kön­nen wir das vorziehen und in den näch­sten Monat­en hierüber schon Gespräche führen. Das bed­ingt aber guten Willen und gegen­seit­iges Ver­ständ­nis.»In Rhe­in­felden gibt es Hin­dernisse, «die Pas­toral­raum­bil­dung wird aktuell nicht weit­er­ver­fol­gt, gibt sich Kirchenpflegepräsi­dent Thomas Büch­ler diplo­ma­tisch. Auch was die zu schaf­fende Jugend­seel­sorgestelle ange­ht, kann der Kirchenpflegepräsi­dent noch nichts sagen, meint aber: «Bei uns arbeit­et der Reli­gion­späd­a­goge Rado Stec­ki als Jugend­seel­sorg­er. Seine Stelle würde für einen Pas­toral­raum wohl nicht aus­re­ichen, doch für Rhe­in­felden sind wir fürs erste abgedeckt.»Und in Laufen­burg, das noch vor Möh­lin die Zusam­me­nar­beit mit der Jus­eso aufgekündigt hat­te? Gemein­deleit­er Thomas Frey erwartet die Errich­tung des Pas­toral­raums «AG 21» für das Gebi­et Schyn­berg und Met­tauer­tal «auf Ende 2017 oder Anfang 2018». Auf die Frage, ob er denn glaube, dass das Gebi­et bis 2018 eine entsprechende Stelle für Jugend­seel­sorge stellen könne, wie sie das Konzept «Jus­eso 2018» vor­sieht, meint der Diakon und Gemein­deleit­er: «Das ist derzeit noch offen und Gegen­stand der Gespräche im Zusam­men­hang mit der Errich­tung des Pas­toral­raums». Beim Konzept «Jus­eso 2018» werde Laufen­burg aber «ver­mut­lich wieder dabei sein». Im Met­tauer­tal, das zum Gebi­et des kün­fti­gen Pas­toral­raums «AG 21» gehört, arbeit­et bere­its seit Jahren Pete Stöck­lin als Jugen­dar­beit­er. Pete Stöck­lin begrüsst den «Ansatz, dass es kün­ftig in den Pas­toral­räu­men Stellen für kirch­liche Jugen­dar­beit geben soll. Die Jus­eso musste lange Streck­en zurück­le­gen und war nicht immer eine ide­ale Bezugsper­son vor Ort.»

Abbau bei der Juseso bringt Pfarreien und Zugzwang

Thomas Büch­ler räumt ein, dass mit dem neuen Konzept «Jus­eso 2018» auch für Rhe­in­felden Eng­pässe entste­hen, wo die Jus­eso bei der Fir­mvor­bere­itung und anderen Jugend­pro­jek­ten assistierte. «Wie sind daran, die Lage zu über­prüfen, ob und wo für uns die Ver­luste mit der abge­speck­ten Jus­eso entste­hen kön­nten. Geichzeit­ig suchen wir, wenn nötig, Lösun­gen», erk­lärt Thomas Büch­ler. Ins­ge­samt beurteilt der Kirchenpflegepräsi­dent den eingeschla­ge­nen Weg jedoch pos­i­tiv: «Das alte, über­re­gionale Konzept, war in den let­zten Jahrzehn­ten von gross­er Bedeu­tung, um kirch­liche Jugen­dar­beit auch in kleinen, finanzschwachen Gemein­den sicherzustellen.» Die Idee der Pas­toral­räume sehe jedoch vor, dass diese neuen Seel­sorge-Ein­heit­en diesen Bere­ich selb­ständig abdeck­en.»«Unter dem Strich gibt es für die Jugen­dar­beit im Frick­tal let­ztlich mehr Stellen», meint gar Bern­hard Lind­ner, Gemein­deleit­er in Oeschgen. Angedacht sei für jeden Pas­toral­raum eine Jugen­dar­beit­er­stelle im Umfang von 50 Prozent. Zudem wolle man die regionale Stelle Jus­eso Frick­tal ja behal­ten, um die Ver­net­zung unter den Jugen­dar­bei­t­en­den und die Durch­führung gemein­samer regionaler Pro­jek­te zu gewährleis­ten. Es sei aber auch angedacht gewe­sen, die Jus­eso als Haupt­stelle für die Jugen­dar­beit im Frick­tal zu verpflicht­en und auszubauen. «Wir haben dann gemerkt, dass es Pfar­reien gab, die das nicht woll­ten», so Bern­hard Lind­ner.
Andreas C. Müller
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