Sein Leitstern heisst Bruder Klaus

Sein Leitstern heisst Bruder Klaus

  • Der The­menabend «Ein­heit der Christin­nen und Chris­ten» ste­ht ganz im Zeichen des Matthäus­vers­es 2,2: «Wir haben seinen Stern aufge­hen sehen und sind gekom­men, um ihm zu huldigen.»
  • Für den pro­movierten The­olo­gen und Sozialethik­er Thomas Wal­li­mann ist dieser Evan­gelien­vers das Leit­mo­tiv für einen Abend des aktiv­en Gedanke­naus­tausches.
  • Im Hor­i­zon­tein­ter­view erk­lärt der Leit­er des Insti­tuts für Sozialethik «ethik22», warum Leit­sterne wichtig sind und welche Sterne ihn leit­en.

Der The­menabend ste­ht unter dem Mot­to: «Ein­heit der Christin­nen und Chris­ten». Sie rück­en dabei den Vers Matthäus 2,2 ins Zen­trum: «Wir haben seinen Stern aufge­hen sehen und sind gekom­men, um ihm zu huldigen.» Was hat die Geschichte der drei Weisen aus dem Mor­gen­land mit der Ein­heit der Chris­ten zu tun?
Thomas Wal­li­mann: Die Ein­heit der Christin­nen und Chris­ten ist ja als Vorstel­lung auch so etwas wie ein Leit­stern. Wenn ich sehe, dass wir vier offizielle Evan­gelien haben, daneben noch inof­fizielle, dann waren die Christin­nen nie eine einzige homo­gene Gruppe, son­dern immer vielfältig; und doch auf Jesus Chris­tus bezo­gen. Die Frage ist also, wenn wir von der Ein­heit sprechen: Welch­es ist der Ori­en­tierungspunkt, der Leit­stern, an dem sich diese Ein­heit misst? Dies ist wichtig, damit wir Ein­heit nicht mit Ein­heitlichkeit ver­wech­seln.

[esf_wordpressimage id=36157 width=half float=left][/esf_wordpressimage]Warum haben Sie ger­ade diesen Vers gewählt? Die Bibel böte doch so viele andere Geschicht­en, in denen es tat­säch­lich um die Ein­heit geht…
Diese Stelle spricht ver­schiedene Ebe­nen an, wenn wir über Ein­heit nach­denken. Da sind ein­mal drei Men­schen auf dem Weg. Sehr unter­schiedlich, aber ver­bun­den in ihrem Wun­sch, den Sinn des Lebens zu find­en; so würde ich jet­zt ein­mal die Suche nach dem Mes­sias für heute über­set­zen. Sie gehen den Weg gemein­sam, ori­en­tieren sich an der Welt, reden mit den Mächti­gen – Herodes – und und bleiben gle­ich­wohl offen, das heisst, sie vergessen ihr Ziel nicht. Herodes will Kon­trolle, Ein­heitlichkeit. Das real­isieren die Drei nach dem Besuch der Krippe und gehen darum auf einem anderen Weg nach Hause.

Der Stern oder bess­er die Ster­nenkon­stel­la­tion, die den Weisen den Weg gezeigt hat, kön­nen Astronomen heute erk­lären. Es gebe aber eine «Stern­deu­tung», die über die reine Natur­wis­senschaft hin­aus­ge­he, sagen Sie. Wer oder was ist denn dieser Stern, welche Bedeu­tung hat er?
Sie ist für mich einiges bedeut­samer. Bib­lis­che Geschicht­en sind ja nicht astronomis­che Lehren; die Bibel kein Geo­gra­phiebuch. Auch heute ist ein «Star» etwas anderes und auch ein «Sternchen» mehr als etwas Glänzen­des am Him­mel. Die Bibel erzählt Geschicht­en von Men­schen, die einen Glaubensweg gehen. Sie giessen diese Erfahrun­gen in Geschicht­en, die sich weit­er­erzählen lassen. Darum lohnt es sich, nach der Bedeu­tung ein­er Geschichte zu fra­gen. Und dabei verbinden wir automa­tisch unsere Welt und Erfahrun­gen mit jenen der Men­schen von damals.

[esf_wordpressimage id=36155 width=half float=right][/esf_wordpressimage]Schon früh haben sich Men­schen an den Ster­nen ori­en­tiert. Das tat­en die Beduinen in der Wüste oder die Seefahrer auf dem Meer. Heute hat man GPS im Handy und braucht keine Sterne mehr. Wie kann man heute den Zauber des guten Sterns, der einem den Weg weist, noch wach­hal­ten?
Man muss ein­fach das Natel zu Hause lassen! Oder warten, bis es keinen Strom mehr hat. Dazu reichen zwei Tage im Hochge­birge. Doch viel ein­drück­lich­er ist es, in ein­er klaren Nacht in den Him­mel zu blick­en. Klar, manch­mal muss man eine dun­kle Ecke suchen, damit die Lichter des All­t­ags etwas aus­ge­blendet sind, aber dann: schauen! Nur schauen!

Welchen Leit­stern oder auch Leit­sterne haben Sie, nach denen Sie sich auf Ihrem Lebensweg richt­en?
Ich bin The­ologe und Sozialethik­er, aber auch Poli­tik­er im Nid­wald­ner Lan­drat. Bei dieser Arbeit ori­en­tiere ich mich stark an den Weg­weis­ern, Prinzip­i­en, der katholis­chen Soziallehre: der Men­sch im Zen­trum, Sorge für die Benachteiligten, Wohl aller Men­schen im Blick, Sorge für die Umwelt und angemessene Verteilung von Ver­ant­wor­tung und Zuständigkeit­en. Per­sön­lich ist für mich Brud­er Klaus immer wieder ein Leit­stern. Er hat seine Wel­ter­fahrung mit seinem Glauben verbinden kön­nen, auch dank sein­er Ver­wur­zlung in und der Verbindung mit sein­er Fam­i­lie.

[esf_wordpressimage id=36154 width=half float=left][/esf_wordpressimage]Sie sagen, die Stars von heute, berühmte Men­schen, die für viele andere Vor­bilder sind, kön­nen solche Leit­sterne sein. Ist das nicht etwas hoch gegrif­f­en, wenn man an so Leute wie Paris Hilton, die Kar­dashi­ans oder irgendwelche Fuss­baller denkt, die Mühe haben, einen fehler­freien Satz zu for­mulieren, aber als Stars gehan­delt wer­den?
Natür­lich bringt das viele zum Schmun­zeln. Gle­ich­wohl ste­hen diese «Stars» für das, was in unser­er Welt schliesslich zählt: Reich­tum, Schön­heit, Geld und mess­bar­er Erfolg. Es nützt nichts, darüber zu lästern. Vielmehr darf dies uns auch ein­laden zu fra­gen, wie wir sel­ber mit diesen Zie­len umge­hen, wo wir uns denn unter­schei­den und warum. Über «falsche» Stars zu lachen oder zu moral­isieren ist ja keine Kun­st, sich mit den eige­nen «Stars» auseinan­derzuset­zen schon eher.

[esf_wordpressimage id=36152 width=half float=right][/esf_wordpressimage]Wenn es um die Ein­heit der Chris­ten geht, welche Art von Stern bräuchte es, um diesem Ziel einen Schritt näher zu kom­men?
Der Star ist Jesus Chris­tus. Es ist viel gewon­nen, wenn wir uns gegen­seit­ig zuhören und erzählen kön­nen, wo wir diesen Stern sehen, warum er für uns bedeut­sam ist und wohin er uns lenkt. Wenn wir dann gemein­sam das eine oder andere machen kön­nen, sind wir in die richtige Rich­tung unter­wegs.

Was kann ein Stern oder Star denn schon tun, um die Gräben zwis­chen den diversen For­men christlich­er Glaubenslehren aufzuschüt­ten?
Wie ich eben andeutete: Die Gräben entste­hen, wenn wir nicht zuhören oder wenn wir statt Ein­heit Ein­heitlichkeit, also Uni­for­mität wollen. Uni­for­mität ist aber in aller Regel eine Macht­frage. Ger­ade Macht und Mächtige wur­den von Jesus immer wieder kri­tisch hin­ter­fragt. Auf der anderen Seite scheint Jesus gut im Zuhören gewe­sen zu sein, wenn ich an die Frau am Jakob­s­brun­nen denke, Zachäus und viele andere. Zuhören und ernst nehmen des Ander­s­seins, das über­windet Gräben.

Was ist für Sie das Ziel dieses Abends?
Zum einen soll es eine Freude sein, mit anderen Men­schen zusam­men ein­er Frage etwas ver­tiefter nachge­hen zu kön­nen. Zum anderen regen meine Gedanken vielle­icht zu ein­er Auseinan­der­set­zung mit den eige­nen Leit­ster­nen an, sowohl im per­sön­lichen Leben, als auch im Hin­blick darauf, wie wir unsere Gesellschaft gestal­ten.

Was erwarten Sie von den Besuch­ern dieser Ver­anstal­tung?
Dass sie gerne in den Him­mel blick­en, Sterne beobacht­en und über ihre Erleb­nisse und Erfahrun­gen erzählen, damit wir bei Tages­licht den Weg weit­er gehen kön­nen.

Sie sind The­ologe und Sozialethik­er. Neigen Sie, sozusagen aus beru­flichen Grün­den, dazu, mit dem Kopf in den Ster­nen zu wan­deln?
Ein Stück weit sich­er! Ethik­erin­nen fra­gen immer wieder nach den Leit­ster­nen für unser per­sön­lich­es wie gesellschaftlich­es Han­deln. The­ologin­nen sind let­ztlich fasziniert von der Frage, woher wir kom­men und wohin wir gehen, beschäfti­gen sich mit dem unaussprech­bar Göt­tlichen, das wie ein Leit­stern in unserem Leben auf­scheint.
Als The­ologe wie Sozialethik­er wün­sche ich mir, dass ich nicht nur mit Herz und Kopf von den Ster­nen fasziniert bin, son­dern auch mit den Hän­den und Füssen einen Beitrag zu ein­er Welt leis­ten kann, die für wirk­lich alle Men­schen men­schlich­er wird.

Curriculum vitae Thomas Wallimann

[esf_wordpressimage id=36150 width=half float=right][/esf_wordpressimage]Thomas Wal­li­mann-Sasa­ki, Jhg.1965, ist in Alp­nach­dorf geboren und aufgewach­sen. Sein Stu­di­en­weg führte ihn nach Chur und Paris, dann nach Berke­ley, Cal­i­fornien, und Luzern, wo er 1999 mit ein­er Arbeit über Schweiz­erische Dro­gen­poli­tik aus christlich-ethis­ch­er Per­spek­tive pro­movierte. Eine Weit­er­bil­dung in Dien­stleis­tungs­man­age­ment eröffnete ihm ein Ver­ständ­nis für Betrieb­swirtschaft und ökonomis­ches Denken.

Er leit­et das Insti­tut für Sozialethik «ethik22» in Zürich. In der Auseinan­der­set­zung mit gesellschaftlichen Fra­gen in Poli­tik, Wirtschaft und Kirche bietet «ethik22» Raum für Dia­log über Werte und sozialethis­che Ori­en­tierung aus christlich­er Per­spek­tive.

Wal­li­mann unter­richtet Ethik an der Hochschule Luzern in Horw und Rotkreuz, an der Bern­er Fach­hochschule sowie an der KV Busi­ness School in Zürich. Zusam­men mit sein­er Frau, Christi­na Sasa­ki, ist er tätig in der Beratung und Begleitung von Kirchen­räten und Pfar­reien. Während zwölf Jahren war er Präsi­dent der Kath. Kirchge­meinde Stansstad. 2014 wurde er in sein­er Wohnge­meinde Ennet­moos in den Nid­wald­ner Lan­drat (Kan­ton­srat) gewählt. Ehre­namtlich ist er seit 2013 Präsi­dent a.i. der bis­chöflichen sozialethis­chen Kom­mis­sion „Justi­tia et Pax“.

Aus­gle­ich und Inspi­ra­tion find­et er beim Musizieren, Velo­fahren und Berg­steigen.

Kon­takt
Dr. the­ol. Thomas Wal­li­mann-Sasa­ki
ethik22 — Insti­tut für Sozialethik
Ausstel­lungsstr. 21
8005 Zürich
044 271 00 32

www.ethik22.ch

Christian Breitschmid
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