Getrei­de- und Reis­ban­ken als Weg in die Eigenständigkeit

  • Die Adi­va­sis leben im Nord­osten Indi­ens, im Bun­des­staat Assam. Vie­le lei­den an Armut und sind sozi­al geäch­tet. Dank eines Fasten­op­fer-Pro­jekts konn­ten sie wie­der am gesell­schaft­li­chen Leben teil­neh­men und ihre Ernäh­rung sichern.
  • Rund 70 Pro­zent der Adi­va­sis, konn­ten ihr Land zurück­ge­win­nen. In vie­len Dör­fern haben die Adi­va­sis nun genug zu essen und kön­nen ein wür­di­ges Leben führen.
  • Die Schlüs­sel­fi­gur für den Erfolg des Fasten­op­fer-Pro­jekts war und ist Prie­ster Cae­sar Hen­ry. Im Inter­view berich­tet er über sei­ne Erfahrungen.
 Wes­halb enga­gie­ren Sie sich für die Adi­va­sis, Cae­sar Hen­ry? Cae­sar Hen­ry: Zusam­men mit den «Unbe­rühr­ba­ren», den Dalits, gehö­ren die Adi­va­sis zur Bevöl­ke­rungs­grup­pe, die unter­drückt, aus­ge­grenzt und aus­ge­beu­tet wird wie kei­ne ande­re in Indi­en. Die Adi­va­sis besit­zen kei­ne Rech­te und sind geäch­tet in der Gesell­schaft. In den Adi­va­sis sieht man in Assam bloss die Tage­löh­ner auf den Tee­plan­ta­gen. Hun­ger, Analpha­be­tis­mus, Ver­schul­dung und die Unter­drückung der Frau­en brin­gen die Adi­va­sis dabei in exi­sten­ti­el­le Nöte.Wie sieht die Zusam­men­ar­beit mit den Adi­va­sis aus? Die Adi­va­sis müs­sen sich von Geld­ver­lei­hern und aus­nüt­zen­den Kräf­ten befrei­en kön­nen. Getrei­de- und Reis­ban­ken geben ihnen die nöti­ge Eigen­stän­dig­keit. Mitt­ler­wei­le hat sich dar­aus eine gan­ze Bewe­gung gebil­det, von der nun rund 4 000 Per­so­nen in 370 Dör­fern pro­fi­tie­ren kön­nen. Die Ani­ma­to­ren des Fasten­op­fer-Pro­jek­tes zei­gen den Adi­va­sis, wie die Getrei­de- und Reis­ban­ken funk­tio­nie­ren. Aus­ser­dem müs­sen sie sich poli­tisch ein­brin­gen kön­nen, um für ihre Rech­te ein­zu­ste­hen. Auch dazu wer­den sie geschult. Wir beglei­ten lang­fri­stig Men­schen, damit sie ihre eige­ne Gesell­schaft ver­än­dern kön­nen.Wie funk­tio­niert so eine Getrei­de­bank? Erst wur­den Getrei­de­ban­ken bei Män­nern umge­setzt. Spä­ter haben die Frau­en ana­log dazu Reis­ban­ken gestar­tet. Bei­de basie­ren auf Soli­da­ri­tät, bei wel­chem sich die Mit­glie­der gegen­sei­tig zins­los aus­hel­fen und sich so von den Wucher­zin­sen der Geld­ge­ber befrei­en. So wird etwa vor dem Kochen täg­lich eine Hand­voll Reis zurück­ge­hal­ten und gesam­melt. Die­sen legen die Frau­en zusam­men und geben davon an Fami­li­en, die kei­nen Reis für den Tag haben.Wo lie­gen die gröss­ten Schwie­rig­kei­ten? Die Adi­va­sis waren so lan­ge unter­drückt und in den Tee­plan­ta­gen so gefan­gen, dass sie ihr Ver­trau­en ver­lo­ren haben. Wir muss­ten ihnen zuerst auf­zei­gen, wie wich­tig es ist, das Land zu besit­zen, auf dem sie arbei­ten. Nur so ist ihre Nah­rungs­si­cher­heit lang­fri­stig gewähr­lei­stet. Und ihre Kul­tur, ihre Iden­ti­tät und Spi­ri­tua­li­tät sind dabei sehr wert­voll, um für die eige­nen Rech­te ein­zu­ste­hen. Mit der Stär­kung der Adi­va­sis haben wir uns natür­lich nicht nur Freun­de ein­ge­han­delt, gera­de bei den Geld­ver­lei­hern, die nun ihr Geschäft ver­lo­ren hat­ten. Kön­nen Sie auch über posi­ti­ve Erleb­nis­se berich­ten? Bis heu­te konn­ten in Assam rund 70 Pro­zent der Adi­va­sis, wel­che ihr Land an stam­mes­fer­ne Grup­pen ver­pfän­det hat­ten, ihr Land zurück­ge­win­nen. In vie­len Dör­fern haben die Adi­va­sis nun genug zu essen und kön­nen ein wür­di­ges Leben füh­ren. Ihre Kin­der wer­den in die Schu­le geschickt und nie­mand ver­hun­gert. Kein Kind muss mit lee­rem Magen ins Bett. Auch sind sie ins poli­ti­sche Leben ein­ge­bun­den — in der loka­len Selbst­ver­wal­tung. Sie küm­mern sich um die Sozi­al­hil­fe und die Ent­wick­lung der Regi­on. Und von den der­zeit 38 Adi­va­sis-Regie­rungs­mit­glie­dern sind 19 Frau­en. Vie­le der Adi­va­sis lächeln wie­der. Das war alles, was ich woll­te, und es ist mein gröss­tes Glück.Was wün­schen Sie sich für Ihren Besuch bei uns in der Schweiz? Zuerst ein­mal möch­te ich «Dan­ke» sagen. Vie­le Adi­va­sis leben heu­te befreit und gestärkt. Das moto­viert mich, wei­ter­zu­ma­chen. Zwei­tens möch­te ich sagen, dass wir eine gemein­sa­me Ver­ant­wor­tung haben, eine gerech­te Gesell­schaft auf­zu­bau­en. Ihr habt die Ver­ant­wor­tung, eure Hand aus­zu­strecken, eure Lie­be zu erwei­tern zu den Armen, Unter­drück­ten und an den Rand der Gesell­schaft Gedräng­ten. Tref­fen Sie Father Henry:Wäh­rend der Öku­me­ni­schen Kam­pa­gne fei­ert Cesar Hen­ry in den Schwei­zer Pfar­rei­en Got­tes­dienst und infor­miert über die Situa­ti­on in Nord­ost­in­di­en und die erziel­ten Pro­jekt­er­fol­ge.Sa 17. 2., 18 Uhr, Däni­ken, Solo­thurn, Röm.-kath. Pfarr­amt St. Josef So, 18.2., 9 Uhr, Wal­ters­wil, Solo­thurn, Röm.-kath. Pfarr­amt St. Josef So, 18.2., 10.15 Uhr, Schö­nen­werd, Solo­thurn, Röm.-kath. Pfarr­amt Sa, 24. 2.2, 18 Uhr, und So, 25.2., 16 Uhr: Zürich-See­bach, Pfar­rei Maria Lour­des Sa, 3.3, 17.30 Uhr, und So, 4.3., 16 Uhr Uhr: Zürich, City­kir­che Lieb­frau­en Die Öku­me­ni­sche Fasten­kam­pa­gne 2018Poli­ti­sche Span­nun­gen, Ungleich­heit und Kli­ma­kri­se ver­schär­fen sich immer mehr. Am stärk­sten lei­den die Men­schen, die bereits wenig haben. Auch unser Han­deln in der Schweiz hat Ein­fluss auf die Lebens­be­din­gun­gen in armen Län­dern. Eine wirk­li­che Ver­bes­se­rung der men­schen­un­wür­di­gen Situa­ti­on ist dort nur mög­lich, wenn auch wir uns ver­än­dern. Unter dem Mot­to «Wer­de Teil des Wan­dels» zei­gen Fasten­op­fer, Brot für alle und Part­ner sein in der Öku­me­ni­schen Kam­pa­gne 2018 des­halb Hand­lungs­mög­lich­kei­ten auf.www.sehen-und-handeln.ch 
Andreas C. Müller
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