Rodrigo Duterte ist kein Thema

Rodrigo Duterte ist kein Thema

Die Philip­pinen haben für den Welt­ge­bet­stag am 3. März 2017 die Liturgie für 170 beteiligte Natio­nen ent­wor­fen. Die Unter­la­gen wur­den unlängst in alle Schweiz­er Kirchge­mein­den ver­schickt. Hor­i­zonte ging der Frage nach, warum in diesem Zusam­men­hang der neue Präsi­dent Rodri­go Duterte und seine bru­tale Poli­tik keine Rolle spie­len, während im Insel­staat die Men­schen mit der katholis­chen Kirche im Rück­en demon­stri­eren.Für den diesjähri­gen Welt­ge­bet­stag vom 3. März 2017 haben Frauen der philip­pinis­chen Inseln die Liturgie ver­fasst. Seit 70 Jahren feiern die Philip­pinen bere­its den Welt­ge­bet­stag, in diesem Jahr zusam­men mit 170 anderen Län­dern.

Eine einheitliche Liturgie für die ganze Welt

Seit 1927 gibt des den Welt­ge­bet­stag, an dem über­all auf der Welt zur sel­ben Liturgie gebetet wird. «Alle fünf Jahre wer­den an einem inter­na­tionalen Tre­f­fen die The­men und Län­der für die kom­menden fünf bis sieben Jahre bes­timmt», erk­lärt Hei­di Wettstein, Präsi­dentin des Schweiz­er Welt­ge­bet­stags-Komi­tees, das seit dem 24. Jan­u­ar 2017 als Vere­in unter dem Namen «Welt­ge­bet­stag Schweiz« auftritt.Die vor Ort erar­beit­eten Liturgien gehen Jahr für Jahr zunächst nach New York zum Exeku­tivkomi­tee, wo sie über­set­zt und in alle Welt ver­schickt wer­den. «Unser Komi­tee unter­stützt das Inter­na­tionale Komi­tee, indem wir die franzö­sis­che Über­set­zung für die franko­pho­nen Län­der machen», erk­lärt Hei­di Wettstein. In der Schweiz sel­ber wird die Liturgie vom Englis­chen noch ins Deutsche, Ital­ienis­che und in die zwei roman­is­chen Idiome Val­lad­er und Sur­sil­van über­set­zt.

Philippinische Frauen stellen Frage nach der Gerechtigkeit

Erd­beben und Tai­fu­ne, grassierende Gewalt sowie Kor­rup­tion und Armut in weit­en Teilen der Bevölkerung set­zen den Men­schen auf den Philip­pinen seit Jahrzehn­ten zu. Wohl nicht umson­st hat die Frauen­gruppe, welche die Liturgie für alle beteiligten Natio­nen ver­fasst hat, die Frage nach der Gerechtigkeit ins Zen­trum ihrer Liturgie gerückt. «Bin ich ungerecht zu euch? lautet die Leit­frage in Anlehnung an das bib­lis­che Gle­ich­nis von den Arbeit­ern im Wein­berg Gottes.In Jesu Gle­ich­nis, von dem das Matthäus-Evan­geli­um berichtet, zahlt ein Wein­bauer all seinen Taglöh­n­ern densel­ben Lohn, auch jenen die er erst am Nach­mit­tag und gegen Abend eingestellt hat. Als sich jene beschw­eren, die seit dem Mor­gen im Ein­satz standen, ent­geg­net der Bauer: «Euch geschieht doch kein Unrecht! Haben wir uns nicht auf diesen Betrag geeinigt? Ich will aber den anderen genau so viel zahlen. Schliesslich darf ich doch wohl mit meinem Geld machen, was ich will! Oder ärg­ert ihr euch, weil ich grosszügig bin?»

Unterlagen bereits vor Rodrigo Dutertes Amtsantritt gedruckt

Seit Som­mer des ver­gan­genen Jahres machen die Philip­pinen unter ihrem neuen Präsi­den­ten Rodri­go Duterte Neg­a­tivschlagzeilen: Die Polizei führt einen regel­recht­en Ver­nich­tungskrieg gegen Dro­genkrim­inelle und Süchtige, Todess­chwadro­nen begle­ichen im Schlepp­tau alte Rech­nun­gen. Rodri­go Duterte selb­st zitierte in diesem Zusam­men­hang sog­ar Hitler und ver­glich seine «Anti Dro­gen-Kam­pagne» mit dem Holo­caust.Dass die Philip­pinen ger­ade jet­zt die Liturgie für den Welt­ge­bet­stag stellt, sei Zufall, so Hei­di Wettstein. «An inter­na­tionalen Tagun­gen wer­den jew­eils The­men und Län­der fünf bis sieben Jahre im Voraus bes­timmt. Alle Mate­ri­alien für den Welt­ge­bet­stag 2017 waren denn auch zum Zeit­punkt der Wahl von Rodri­go Duterte bere­its gedruckt, weshalb auf die jüng­ste Entwick­lung im Insel­staat keinen Bezug genom­men wird.»Darüber hin­aus ist es Hei­di Wettstein wichtig, zu beto­nen, dass der Vere­in «Welt­gebt­stag Schweiz» keine poli­tis­ches Organ­i­sa­tion sei und sie darum keine poli­tis­chen Äusserun­gen machen möchte. «Solche schaden den Men­schen und Organ­i­sa­tion oft mehr, als dass sie dem eigentlichen Zweck dienen. Wir arbeit­en dieses Jahr mit etlichen Philip­piner­in­nen zusam­men, was immer auch ihre poli­tis­che Hal­tung sein mag. Wir sind eine Hil­f­sor­gan­i­sa­tion, die Frauen- und Kinder­pro­jek­te in ver­schiede­nen Bere­ichen unter­stützt und so für ein besseres Leben ein­ste­ht.»

Comundo: «Viele unschuldige Opfer»

Ver­schiedene christliche Hil­f­swerke wie Fas­tenopfer, Car­i­tas oder Comun­do engagieren sich mit Entwick­lung­shil­fe­pro­jek­ten auf den Philip­pinen. Comun­do arbeit­et im Nor­den des Insel­staates mit drei katholis­chen Diöze­sen zusam­men. «Wir haben vor Kurzem eine Analyse zur Sit­u­a­tion auf den Philip­pinen erstellt, erk­lärt Franz Erni, Leit­er Bere­ich Inter­na­tion­al bei Comun­do.«Was die Entwick­lungsar­beit vor Ort ange­ht, so wurde diese bis anhin nicht in Mitlei­den­schaft gezo­gen», so Franz Erni. Rodri­go Duterte habe sich bis anhin ja auch noch nicht zur Rolle der katholis­chen Kirche im Land geäussert und man sei im Nor­den tätig, wo der Ein­fluss des Regierungswech­sels nicht so präsent sei wie im Süden – wo ja Duterte auch herkomme. «Es zeigt sich aber, dass die Medi­en­frei­heit mehr und mehr eingeschränkt, unter dem Deck­man­tel des Kampfs gegen Dro­gen­miss­brauch viel Unschuldige Opfer wer­den und generell die Angst und Anspan­nung im Lande zunehme. «Viele Men­schen auf den Philip­pinen sor­gen sich auch um das Image ihres Lan­des», weiss Franz Erni.

Fastenopfer: «Menschen werden eingeschüchtert»

Seit­ens von Fas­tenopfer hat Hele­na Jeppe­sen-Spuh­ler als Pro­gram­mver­ant­wortliche für die Philip­pinen erst im Jan­u­ar dem Insel­staat einen Besuch abges­tat­tet. Fas­tenopfer arbeit­et vor Ort in ver­schiede­nen Pro­jek­ten mit lokalen Part­nern zusam­men, unter anderem auch zum The­ma «Förderung und Schutz der Men­schrechte». Da sei das Umfeld klar schwieriger gewor­den, erk­lärt die Pro­gram­mver­ant­wortliche. «Angestellte von Men­schen­recht­sor­gan­i­sa­tio­nen, mit denen wir zusam­me­nar­beit­en, wer­den in den Sozialen Medi­en überwacht und eingeschüchtert.»Auch die Katholis­che Kirche werde attack­iert, seit die Bischof­skon­ferenz in ein­er Erk­lärung auf Ein­hal­tung der Men­schen­rechte gepocht und staatlich sank­tion­ierten Tötun­gen verurteilt habe. Zwar gebe es noch keine direk­ten Ein­schränkun­gen für die Pro­jek­te von Fas­tenopfer, so Hele­na Jeppe­sen-Spuh­ler, doch habe sich die Stim­mung und die Sit­u­a­tion bin­nen eines hal­ben Jahres seit Amt­santritt von Rodri­go Duterte deut­lich verän­dert.

Rodrigo Duterte «von einfachen Leuten» unterstützt

Esther Bänziger prä­si­diert zusam­men mit Elis­a­beth Sail­er im Aar­gau den Vere­in zur Unter­stützung des Kinder­heims St. Mar­tin des Por­res in Mani­la. Wei­h­nacht­en 2016 habe sie wieder auf den Philip­pinen im Kinder­heim ver­bracht, so Esther Bänziger. Hier­bei sei man mit den Betreu­ungsper­so­n­en auf den neuen Präsi­den­ten zu sprechen gekom­men. Auswirkun­gen auf die Arbeit des Vere­ins habe die Poli­tik von Rodri­go Duterte bis anhin keine gehabt.«Die ein­fachen Leute, die gross­mehrheitlich von den Prob­le­men im Lande betrof­fen sind und zu denen auch das Betreu­ungsper­son­al im Kinder­heim St. Mar­tin de Por­res gehört, unter­stützen Rodri­go Duterte.» Begrün­dung: Die alte Regierung sei enorm kor­rupt gewe­sen und man habe kein Ver­trauen mehr in die oberen Gesellschaftss­chicht­en. «Dazu muss man wis­sen», so Esther Bänziger, «dass es auf den Philip­pinen eine grosse reiche Ober­schicht gibt, die sich schlichtweg nicht für das Schick­sal der Armen inter­essiert und das Gefühl hat, dass Armut von Gott gewollt ist.»
Andreas C. Müller
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