Reba­rocki­sie­rung in Bad Zurzach

Reba­rocki­sie­rung in Bad Zurzach

Mit Abschluss der Aus­sen­re­no­va­ti­on erhält das Veren­a­mün­ster sein barockes Aus­se­hen zurück. Neu sind Fas­sa­den­flä­chen weiss und die Ein­fas­sun­gen rot ein­ge­färbt. Dank tech­ni­scher Raf­fi­nes­se soll das Ergeb­nis nun min­de­stens 50 Jah­re halten.Fast scheint es, als wol­le der Kir­chen­pfle­ge-Vize­prä­si­dent Georg Edel­mann mit dem Veren­a­mün­ster um die Wet­te strah­len. In Scha­le gewor­fen erwar­tet er die Hori­zon­te-Redak­ti­on vor dem Haupt­por­tal. Die­ses erstrahlt nach voll­ende­ter Reno­va­ti­on in neu­em Glanz. Das heisst: Neu sind die Fas­sa­den­flä­chen weiss und die Ein­fas­sun­gen rot ein­ge­färbt. «In Aus­le­gung an die barocke Farb­ge­bung», erklärt Denk­mal­pfle­ger Phil­ipp Schnei­der sicht­lich zufrie­den. Neben dem Kir­chen­en­pfle­ge-Vize­prä­si­den­ten hat sich auch der zustän­di­ge Denk­mal­pfle­ger extra Zeit genom­men für einen Rund­gang mit Hori­zon­te.

Reli­giö­se Hei­mat für die Regi­on und die Welt

Das Veren­a­mün­ster gehört für den gelern­ten Zim­mer­mann und stu­dier­ten Archi­tek­ten unter allen ihm anver­trau­ten Objek­ten im Raum Lau­fen­burg-Zur­zi­biet zu den ganz beson­de­ren Schät­zen. «Bau­ge­schicht­lich umfasst das Veren­a­mün­ster ver­schie­de­ne Epo­chen, die man alle­samt immer noch gut able­sen kann. Das fin­det man so nicht bei vie­len Kir­chen.» Über­haupt gebe es im Kan­ton Aar­gau nur zwei Kir­chen mit einem Hei­li­gen­grab. Das sei schon etwas Beson­de­res.Auch Mar­cus Hütt­ner, seit ver­gan­ge­nem Wochen­en­de offi­zi­ell neu­er Gemein­de­lei­ter ad inte­rim, lässt es sich nicht neh­men, zwi­schen zwei Ter­mi­nen kurz eini­ge Gedan­ken ein­zu­brin­gen. Seit sechs Jah­ren, also wäh­rend der gesam­ten Zeit der Reno­va­ti­on, hat er als Seel­sor­ger in Bad Zurz­ach gear­bei­tet, zunächst an der Sei­te von Urs Zim­mer­mann, dann zusam­men mit Rai­mund Obrist.«Das Vere­na-Mün­ster als Wall­fahrts­kir­che mit Hei­li­gen­grab», so Mar­cus Hütt­ner, «ist die reli­giö­se Hei­mat für die Men­schen im Zur­zi­biet, aber auch weit dar­über hin­aus.» Das zei­ge nur schon der jähr­lich im Sep­tem­ber statt­fin­den­de Vere­na-Tag mit Aus­strah­lungs­kraft bis weit in den süd­deut­schen Raum. «Vere­na ist nicht irgend­ei­ne Hei­li­ge. Sie ist Co-Patro­nin unse­res Bis­tums und kop­ti­sche Chri­stin.» Ver­mehrt sei­en in den letz­ten Jah­ren kop­ti­sche Dele­ga­tio­nen aus aller Welt nach Bad Zurz­ach gereist, so Mar­cus Hütt­ner.

Inten­siv­be­schuss mit Gummikügelchen

Mit einem fei­er­li­chen Got­tes­dienst wur­de am ver­gan­ge­nen Sonn­tag, 27. Novem­ber 2016, der Abschluss der Reno­va­ti­ons­ar­bei­ten gefei­ert, die seit 2010 in zwei Etap­pen erfolg­ten und rund vier Mil­lio­nen Fran­ken koste­ten. Von 2010 bis 2011 wur­den Wän­de, Decken, Innen­aus­bau und der Bil­der­zy­klus im Kir­chen­schiff kom­plett gerei­nigt, retu­schiert und restau­riert sowie das mit­tel­al­ter­li­che Wand­bild der Hei­li­gen Vere­na hin­ter dem Hoch­al­tar fach­ge­recht kon­ser­viert.Für die Rei­ni­gung, so Denk­mal­pfle­ger Phil­ipp Schnei­der, habe man «die Innen­wän­de mit win­zig klei­nen Gum­mi­kü­gel­chen beschos­sen», wodurch im End­ef­fekt nur 10 Liter Far­be fürs Retu­schie­ren nötig waren. Umfas­send restau­riert wur­den wäh­rend der ersten Etap­pe auch die Altä­re, die Kan­zel, die Orgel, die Chor­git­ter, die Kir­chen­bän­ke und das Chor­ge­stühl. Und die Vere­na-Quel­le erhielt ein umfang­rei­ches Face-Lift mit neu­em Zugang und Sitz­mög­lich­keit.

Dank gross­zü­gi­ger Unter­stüt­zung kei­ne Steuererhöhung

Gan­ze fünf Jah­re dau­er­te es, bis der zwei­te Teil, die Aus­sen­re­no­va­ti­on in Angriff genom­men wer­den konn­te. Aus finan­zi­el­len Grün­den sei das nicht frü­her gegan­gen, erklärt Kir­chen­pfle­ge-Vize­prä­si­dent Georg Edel­mann. «Vier Mil­lio­nen Fran­ken sind für eine Kirch­ge­mein­de viel Geld.» Gewiss gab es Unter­stüt­zung vom Bund, dem Kan­ton, der Römisch-Katho­li­schen Lan­des­kir­che, von Stif­tun­gen, ja sogar von der Inlän­di­schen Mis­sio­nen, die Jahr für Jahr Kirch­ge­mein­den bei Bau­vor­ha­ben unter­stützt. Posi­tiv über­rascht habe ihn, wie viel an per­sön­li­chen Spen­den dank des Enga­ge­ments der St. Vere­na-Stif­tung ein­ge­gan­gen sei, fährt Georg Edel­mann fort.An einer Kirch­ge­mein­de­ver­samm­lung wären die Mit­glie­der sogar bereit gewe­sen, eine Erhö­hung des ohne­hin hohen Steu­er­fus­ses von 25 auf 28 Pro­zent für die Reno­va­ti­on ihrer Kir­che in Kauf zu neh­men. «Auch das zeigt die Ver­bun­den­heit der Men­schen mit dem Veren­a­mün­ster», meint der Kir­chen­pfle­ge-Vize­prä­si­dent. Letzt­lich sei er froh, dass die­ser Schritt nicht not­wen­dig war. Man habe die Reno­va­ti­on dar­um in zwei Etap­pen auf­ge­teilt und zuge­war­tet, bis für den zwei­ten Schritt genü­gend Geld vor­han­den gewe­sen sei.Das nun ent­hüll­te Ergeb­nis freut den Kir­chen­pfle­ge-Vize­prä­si­den­ten Georg Edel­mann: «Die Pro­por­tio­nen der Farb­ge­bung stim­men nun wie­der mit jenen des Turms über­ein.» Zudem habe man anhand von Ver­glei­chen mit ande­ren Bau­ten des Künst­lers, Johann Cas­par Bagna­to, erse­hen kön­nen, dass er ursprüng­lich die Fas­sa­de des Vere­na-Mün­sters genau­so gestal­tet haben muss, wie sie sich jetzt prä­sen­tiert. Zwi­schen 1732 und 1733 sorg­te der in Süd­deutsch­land weit­hin bekann­te Bau­mei­ster für die Barocki­sie­rung der Bad Zurz­a­cher Wall­fahrts­kir­che, an wel­che sich die aktu­ell abge­schlos­se­ne Reno­va­ti­on anlehnt.

Mit einer Fuge gegen die Feuchtigkeit

«Seit 70 Gene­ra­tio­nen wird das Grab der Hei­li­gen Vere­na nun schon ver­ehrt», so Kir­chen­pfle­ge-Vize­prä­si­dent Georg Edel­mann. Selbst in Bad Zurz­ach auf­ge­wach­sen, erga­ben sich für ihn – wie für vie­le Men­schen in der Regi­on – immer wie­der Berüh­rungs­punk­te mit dem Veren­a­mün­ster. Vor sechs Jah­ren dann der Schritt in die Kir­chen­pfle­ge. «Das war zu dem Zeit­punkt, als bereits zwei Drit­tel der Innen­re­no­va­ti­on abge­schlos­sen waren.» Georg Edel­mann über­nahm das Res­sort Finan­zen und die Zustän­dig­keit für die Immo­bi­li­en, nahm Ein­sitz in der Pla­nungs- und Bau­kom­mis­si­on. Per­sön­lich erfül­le es ihn mit Stolz, selbst etwas bei­getra­gen zu haben, um dem Veren­a­mün­ster für die näch­sten Gene­ra­tio­nen zu neu­er Strahl­kraft ver­hel­fen zu kön­nen, so der 62-Jäh­ri­ge.Über den ästhe­ti­schen Aspekt hin­aus hat­te die aktu­ell fer­tig gestell­te Aus­sen­re­no­va­ti­on auch ver­schie­de­ne tech­ni­sche Pro­ble­me zu lösen, bei­spiels­wei­se der roll­stuhl­gän­gi­ge Zugang. Ein gros­ses The­ma war auch die Feuch­tig­keit. «Das Vere­na-Mün­ster ist eine der ganz weni­gen Kir­chen in der Schweiz mit einem Was­ser­brun­nen inner­halb der Kir­che», so Georg Edel­man. Ent­spre­chend habe die Fas­sa­de in der Ver­gan­gen­heit viel Feuch­tig­keit gezo­gen und Scha­den genom­men. «Bei der aktu­el­len Fas­sa­den­re­no­va­ti­on wur­de der Sockel­putz mit einer Fuge vom obe­ren Teil der Fas­sa­de getrennt», erklärt Denk­mal­pfle­ger Phil­ipp Schnei­der. «Der Sockel der Fas­sa­de kann somit Feuch­tig­keit auf­neh­men , und der obe­re Teil wird dadurch ent­la­stet.»

Ein Zufalls­fund ent­hüll­te die Originalfarbe

Eine Schutz­ver­gla­sung bei den Fen­stern wur­de ein­ge­setzt, um Kon­dens­was­ser­bil­dung zu ver­hin­dern. Die­se Mass­nah­me habe man bereits für die von 2010 bis 2011 erfolg­te Innen­re­no­va­ti­on vor­ge­se­hen, doch muss­te sie aus finan­zi­el­len Grün­den zurück­ge­stellt wer­den, erin­nert sich Denk­mal­pfle­ger Phil­ipp Schnei­der. «Mit der Kon­se­quenz, dass im Inne­ren von ver­ei­sten Fen­stern her Was­ser über die frisch restau­rier­ten Bil­der rann». Auch die­ses Pro­blem habe nun beho­ben wer­den kön­nen.Johann Cas­par Bagna­to hät­te wohl auch sei­ne Freu­de. Selbst im Farb­ton gelang die Annä­he­rung ans barocke Vor­bild. «Rosso vene­to», erklärt Phil­ipp Schnei­der. Zufäl­lig wur­de bei den Vor­be­rei­tun­gen an der Kir­che ein Stück Ori­gi­nal­fas­sa­de unter dem Ver­putz gefunden.
Andreas C. Müller
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