Offe­ner Brief an Bischof Felix Gmür

  • Die­sen Offe­nen Brief haben Seel­sor­gen­de aus dem Frick­tal am 30. Okto­ber auf der Web­sei­te des Pasto­ral­rau­mes Obe­res Frick­tal publi­ziert.
  • Sie reagie­ren damit auf die Ver­öf­fent­li­chung der Stu­die zum sexu­el­len Miss­brauch im Umfeld der katho­li­schen Kir­che in der Schweiz.

«Sehr geehr­ter Herr Bischof Felix Gmür
Lie­ber Felix

Die Stu­die zum Miss­brauch in der kath. Kir­che hat vie­le Men­schen erschreckt, ent­täuscht und wütend gemacht. Auch wir sind beschämt, zor­nig und trau­rig.
Neben der Sor­ge um die Opfer und ihre Ange­hö­ri­gen beschäf­tigt uns auch die Fra­ge, was tun wir, damit in Zukunft Miss­brauch ver­mie­den wer­den kann. Dazu gehört es, dass Struk­tu­ren in der Kir­che so ver­än­dert wer­den, dass die Opfer zu ihrem Recht kom­men und Miss­brauch nicht begün­stigt wird.

Es sind dabei The­men wich­tig, die schon seit Jah­ren immer wie­der ange­mahnt wer­den. Und immer wie­der ist nichts gesche­hen. Es stimmt uns zuver­sicht­lich, dass du nun Ände­run­gen anstrebst. Dabei ist es uns wich­tig, dass du und dei­ne Bischofs­kol­le­gen nicht nur in Rom vor­stel­lig wer­den, um für Ver­än­de­run­gen zu bit­ten, son­dern dass du als Bischof – im Ide­al­fall zusam­men mit den ande­ren Schwei­zer Bischö­fen — die nöti­gen Schrit­te unter­nimmst. Vie­le Katho­li­ken wür­den hin­ter dir stehen.

Ein erster Schritt dahin ist die ange­kün­dig­te zen­tra­le Mel­de­stel­le. Sie muss aber drin­gend mit der Kom­pe­tenz aus­ge­stat­tet sein, zu über­prü­fen, ob gemel­de­te Fäl­le sach­ge­recht behan­delt wer­den, die Opfer über den Stand des Ver­fah­rens unter­rich­tet sind und ihre Rech­te gewahrt wer­den. Dazu muss die Stel­le das Recht haben, jeder­zeit Ein­sicht ins lau­fen­de Ver­fah­ren neh­men zu kön­nen. Sie muss wei­sungs­be­fugt gegen­über den bischöf­li­chen Behör­den sein, wenn etwas nicht den Regeln ent­spre­chend geschieht.
Am glaub­wür­dig­sten wäre ein Schritt, das gan­ze Ver­fah­ren an eine unab­hän­gi­ge Stel­le auszulagern.

Ein zwei­ter Schritt ist die Gewal­ten­tei­lung in der Kir­che auf allen Ebe­nen. Es kann nicht sein, dass in Miss­brauchs­fäl­len aber auch in ande­ren Fäl­len Ange­klag­ter und Rich­ter eine Per­son sind.
Die Gewal­ten­tei­lung kann auf befri­ste­te Zeit und schnell mit einer Erklä­rung der Selbst­ver­pflich­tung gesche­hen. Es muss aber auch dahin gewirkt wer­den, dass die Gewal­ten­tei­lung kir­chen­recht­lich fest­ge­schrie­ben wird.

Struk­tu­rell eng mit dem Miss­brauch ver­bun­den ist das Prie­ster­bild und ins­be­son­de­re die Rol­le des Prie­sters in unse­rer Kir­che. Dazu ist schon viel gesagt sowie theo­lo­gisch gut begrün­det und gefor­dert wor­den. Der Ruf des Prie­sters ist mitt­ler­wei­le dadurch zer­stört wor­den. Kir­che kann in Zukunft nur noch authen­tisch sein, wenn Struk­tu­ren trans­pa­ren­ter und zeit­ge­mäs­ser wer­den und wenn seel­sor­ge­ri­sche Wir­ken nicht mehr an Geschlecht, Zivil­stand oder sexu­el­le Aus­rich­tung gebun­den ist. Auch die­se Fra­ge drängt und die Glaub­wür­dig­keit der Kir­che und deren Bot­schaft hängt von ihr ab. Wir kön­nen nicht vom Reich Got­tes spre­chen und gleich­zei­tig Struk­tu­ren schüt­zen, die kri­mi­nel­le Ener­gie begünstigen.

Mög­li­cher­wei­se ren­nen wir mit unse­ren Gedan­ken und For­de­run­gen offe­ne Türen ein. Es ist unser Anlie­gen, dass du weisst, wo wir ste­hen. Uns treibt die Sor­ge, um die Men­schen, die mit uns Kir­che sind.

Mit freund­li­chen Grüssen

Seel­sor­gen­de aus dem Fricktal

Hele­ne Bou­tel­lier Kyburz, Pfar­rei­seel­sor­ge­rin, Kai­sten-Itten­tal
Ulrich Feger, Pfar­rei­seel­sor­ger, Frick
Marie Hohl, Mit­ar­bei­te­rin in der Seel­sor­ge, Rhein­fel­den
Chri­sti­na Keß­ler, Pfar­rei­seel­sor­ge­rin, Oesch­gen
Ste­fan Koch­in­ky, Gemein­de­lei­ter, Kai­ser­augst
Chri­stoph Küng, Gemein­de­lei­ter, Witt­nau
Moni­ka Lau­per, Gemein­de­lei­te­rin Rhein­fel­den
Eli­sa­beth Lind­ner, Seel­sor­ge­rin, Oesch­gen
Bern­hard Lind­ner, Fach­stel­le Bil­dung und Prop­stei, Aar­au
Mar­tin Linz­mei­er, Gemein­de­lei­ter, Gipf-Oberf­rick
Bar­ba­ra Metz­ner, Pfar­rei­seel­sor­ge­rin, Met­tau
Flo­ri­an Pil­ler, prie­ster­li­cher Mit­ar­bei­ter, Rhein­fel­den
Leo Stocker, lei­ten­der Prie­ster, Frick
Franz-Xaver Süess, em Pfar­rer, Frick
Jana Wal­dis, Mit­ar­bei­te­rin Fami­li­en­pa­sto­ral, Rhein­fel­den
Andre­as Wie­land, Gemein­de­lei­ter, Herznach»


https://www.horizonte-aargau.ch/schreibt-dem-bischof-einen-brief/
Eva Meienberg
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