Projekt «Mariastein 2025» steht am Start

Projekt «Mariastein 2025» steht am Start

Abt Peter von Sury: «Mariano provoziert uns»

Anfang Jahr begann ein neues Kapi­tel im Benedik­tin­erk­loster Mari­astein: Der ehe­ma­lige SRG-Kader­mann Mar­i­ano Tschuor über­nahm die Pro­jek­tleitung «Mari­astein 2025». kath.ch sprach mit Abt Peter von Sury (68) und Mar­i­ano Tschuor (60) über Neu­jahr – und die Zukun­ft des Wall­fahrt­sortes.Was hal­ten Sie von Sternze­ichen?Mar­i­ano Tschuor: Abt Peter und ich sind Zwill­ing. Aber ich glaube nicht an Sternze­ichen.Abt Peter von Sury: Sternze­ichen sind reizvolle, jahrtausendalte Erfahrungsze­ichen. Ich habe am sel­ben Tag Geburt­stag wie Don­ald Trump, nur vier Jahre später. Da möchte ich die Sternze­ichen-Meta­pher gebührend rel­a­tivieren.Was bedeutet Neu­jahr für Sie?Abt Peter: Mit dem weltlichen neuen Jahr gehe ich rel­a­tiv nüchtern um. Ich nehme meine Agen­da und sehe, was so anste­ht.Tschuor: Ich brauche Rit­uale. An Sil­vester schaue ich mir die Agen­da des alten Jahres an: Wo waren die guten Begeg­nun­gen? Die schlecht­en lasse ich weg. Und an Neu­jahr mache ich einen Spazier­gang und über­lege mir: Was kommt auf mich zu?Wenn Sie auf das Jahr 2018 zurück­blick­en – woran denken Sie, Abt Peter?Abt Peter: Ein Mit­brud­er hat uns ver­lassen, das war für uns ein ein­schnei­den­der Weg­gang.Sie meinen Pater Kil­ian. Er trat der reformierten Kirche bei und hat eine Frau geheiratet.Abt Peter: Ich bin froh, dass wir uns eini­gen kon­nten und im Dezem­ber eine Vere­in­barung unter­schrieben haben. Nicht an ein Kalen­der­jahr gebun­den ist das The­ma sex­uelle Über­griffe, Klerus und Macht­miss­brauch. Wir brauchen einen Wan­del in der Kirche. Ich sehe die Kirche auf eine Zeit zus­teuern, die mich an Israel in der Exilzeit erin­nert – mit einem zer­störten Tem­pel.Wie war 2018 für Sie, Mar­i­ano Tschuor?Tschuor: Für mich begin­nt ein neuer Lebens­ab­schnitt. Am 1. Jan­u­ar 2019 ging ich in Frührente. Das muss vor­bere­it­et wer­den. Die ersten Monate von 2018 waren von der No-Bil­lag-Abstim­mung geprägt. 2018 gab es aber auch einzelne Pro­gramm-Pro­jek­te, die ich abschliessen kon­nte, wie etwa den rätoro­man­is­chen Spielfilm «Amur sen­za fin» oder die Tagung zu Kom­mu­nika­tion und Jugend.Das wichtig­ste war aber der Prozess der Find­ung: Wie wer­den wir alle in Mari­astein zusam­me­nar­beit­en – Abt Peter, der Kon­vent, die Betrieb­slei­t­erin des Klosters, Theres Brun­ner, die Gemeinde, die Nach­barn und ich.Warum hat sich das Kloster für einen TV-Mann entsch­ieden?Abt Peter: Mar­i­ano ken­nt das Kloster schon lange. Er hat uns 2016 einen Brief geschickt und seine Hil­fe ange­boten. Ich habe den Brief dem Con­sil­i­um vorgelegt und gesagt: Wir müssen zupack­en, einen solchen Fisch bekom­men wir kein zweites Mal. Ich schätze an Mar­i­ano die Art und Weise, wie er auf die Leute zuge­ht. Das hil­ft, um unter­schiedliche Men­schen an einen Tisch zu brin­gen und kon­tro­verse Fra­gen zu einem Entscheid zu führen.Haben Sie keine Angst, dass er Ihr Kloster­leben durcheinan­der­bringt?Abt Peter: Mar­i­ano bringt nichts durcheinan­der. Er bringt neue Ingre­dien­zen mit und er provoziert uns im beschaulichen Kloster­leben. Über die Hälfte mein­er Mit­brüder ist über 80. Wir haben die Ten­denz, in der Gemäch­lichkeit steck­en zu bleiben. Da ist es nur gut, wenn Leute von aussen kom­men und uns wohlgeson­nen unter­stützen.Mar­i­ano Tschuor, Sie haben eine Vor­liebe für Adels­geschlechter. Ein Plus­punkt für Peter von Sury?Tschuor: Ich sehe Par­al­le­len zwis­chen Abt Peter und meinem früheren Chef bei der SRG, Roger de Weck: Bei­de stam­men aus Patrizier­fam­i­lien, bei­de haben eine gewisse Gelassen­heit, Dinge anzuschauen. Das hängt wohl auch mit dem Blick für Geschichte zusam­men.Ein Abt und ein langjähriger Kader­mann, zwei Chefs an einem Ort. Wie ist das für Sie?Abt Peter: Bei mir ist der Chef im Him­mel, ich bin höch­stens Souschef. In erster Lin­ie bin ich Brud­er. Bei uns Benedik­tin­ern fall­en die Entschei­dun­gen in Ein­mütigkeit.Tschuor: Ich habe mich nie auf Organ­i­sa­tio­nen ein­ge­lassen, son­dern auf Men­schen. Hier im Kloster trifft man auf viele Per­sön­lichkeit­en, gebildet, wil­lensstark und unter­schei­dungs­fähig. Ein­mütigkeit erfordert viel Arbeit. Ich sehe mich als Spar­ring­part­ner von Abt Peter. Die Entschei­dun­gen fällt der Kon­vent.Wie sieht die Zusam­me­nar­beit in Mari­astein aus?Tschuor: Ich habe eine GmbH gegrün­det und bin in einem Man­datsver­hält­nis mit dem Kloster. Mein Haupt­wohnort bleibt Laax in Graubün­den. Ganz neu habe ich eine Woh­nung und ein Büro hier in Mari­astein, direkt am Kloster.Wenn ich in Mari­astein bin, richte ich mich nach dem Rhyth­mus der Mönche: Die Gebet­szeit­en geben eine Struk­tur vor. Die spir­ituellen Momente im Kloster sind für mich sehr wertvoll.Wie wollen Sie Mari­astein in die Zukun­ft führen?Tschuor: Es gibt schon Vorar­beit­en und Arbeits­grup­pen. Jet­zt geht es darum, Arbeitsstruk­turen aufzubauen, Beziehun­gen zu knüpfen, Gespräche zu führen, intern und extern. Die Haupt­frage lautet: Warum machen wir das, warum soll ein Wall­fahrt­sort eine Zukun­ft haben in ein­er wei­thin säku­lar­isierten Welt? Ist Mönch­tum in unseren Bre­it­en­graden ein Aus­lauf­mod­ell oder eine Chance? Vielle­icht ger­ade auch für Laien?Sehen Sie sich als Nach­lassver­wal­ter?Tschuor: Die Mönche von Mari­astein sind im Laufe der Geschichte mehrmals ver­trieben wor­den. Sie haben Exil­er­fahrun­gen. Die Zeit­en sind nicht bess­er oder schlechter als früher, sie sind ein­fach anders. Es geht nun darum, aus dem Beste­hen­den etwas Anderes zu machen. Im Hym­nus zum Heili­gen Geist sin­gen wir in Mari­astein: «Belebe, was erstor­ben ist, komm atme in uns, treibe uns.» Das ist mein Mot­to für das neue Jahr.Abt Peter: Für mich ist der Seesturm in der Apos­telgeschichte eine Offen­barung: Das Schiff geht unter, aber alle wer­den gerettet. Ich habe die Hoff­nung, dass dieses Wort wahr ist: alle wer­den gerettet. Früher waren die Klöster ein wichtiger Res­o­nanzraum für Gottes Wort. Jet­zt kön­nen wir einen neuen Res­o­nanzraum schaf­fen.Inter­view: Raphael Rauch, kath.ch
Christian von Arx
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