Ein abendfüllendes Generationenmusical

Ein abendfüllendes Generationenmusical

  • In Aarau brin­gen Kinder mit ihren Eltern und Grossel­tern das Kin­der­mu­si­cal «Drei Wün­sche frei» auf die Bühne. Die Auf­führung ist ein­ma­lig und find­et statt am Fre­itag, 5. Okto­ber 2018, um 20 Uhr in der Kirche Peter und Paul.
  • Hor­i­zonte begleit­ete die über 60 Beteiligten durch die Proben und zeigt, wie im Rah­men eines Ferien­gener­a­tio­nen­pro­jek­ts innert kürzester Zeit ein Musi­cal die Büh­nen­reife erlangt.
 Die 9‑jährige Noemie flat­tert als Elster durch das Jurablick-Zim­mer des offe­nen Pfar­rhaus­es Peter und Paul in Aarau und mok­iert sich über Annette, 13 Jahre, die let­zte noch in Frei­heit lebende Traum­fliegerin: «Bist du etwa ein Wurm? Wie kann man nur so schmutzig sein», frotzelt sie. Es ist Dien­stag und geprobt wird an ver­schiede­nen Orten für eine Auf­führung des Kin­der­mu­si­cals «3 Wün­sche frei». Das Beson­dere: Im Rah­men eines Herb­st­fe­rien­pro­jek­ts soll die über ein­stündi­ge Auf­führung mit über 60 Mitwirk­enden bin­nen fünf Tagen auf die Bühne gebracht wer­den. Und: das Pro­jekt soll für drei Gen­er­a­tio­nen etwas bieten: Kinder, Eltern und Grossel­tern.

«Gib dem Jungen ein Smartphone, damit er Ruhe gibt»

Das Kin­der­mu­si­cal «3 Wün­sche frei» wurde gemacht von Kindern für Kinder und bere­its an vie­len Orten erfol­gre­ich aufge­führt. Die Geschichte ist eine Anspielung auf die zunehmende Medi­en­ab­hängigkeit der Men­schen und ihre Ent­frem­dung von der Natur. Zu Beginn sehen wir denn auch eine Fam­i­lie beieinan­der, wo alle bis auf ein Fam­i­lien­mit­glied mit ihren Smart­phones und Tablets beschäftigt sind. Der Knabe, der sich über Langeweile beklagt und nach draussen will, wird von seinen Geschwis­tern abgewiesen. Der Vater bit­tet gar eines sein­er Kinder, dem Sohn doch ein Smart­phone zu geben, damit er Ruhe gibt.Die triste Szene hat einen Grund: Der böse Mon­i­torus hat die Traum­flieger gefan­gen genom­men – das sind alle Men­schen mit Fan­tasie und Träu­men. Die Leute sollen for­t­an nur noch Com­put­er spie­len, fern schauen oder sich mit ihrem Smart­phone beschäfti­gen. Wer wird die Traum­flieger befreien und den Men­schen ihre Fan­tasie zurück­geben? Eine Traum­fliegerin namens Petra lebt noch in Frei­heit. Unter­stützt von Wurzelzw­erg Kali, Elster Dorothea, Feld­maus Mathilde und ein­er lusti­gen Maulwurf­bri­gade ver­sucht Petra die einge­fan­genen Traum­fliegerin­nen zu befreien und den Men­schen ihre Träume und Fan­tasie zurück­zugeben.

Kinder, Eltern und Grosseltern: Alle machen mit

Fünf Tage für eine Musi­cal­pro­duk­tion mit über 60 Leuten, das sei schon ambi­tion­iert, meint Pri­mar­lehrerin Eva Hin­der­mann, die mit ihren bei­den Kindern, ihrem Mann und ihrer Schwiegermut­ter am Pro­jekt mitar­beit­et. Während Gross­mut­ter Ver­e­na Kostüme näht, die Kinder auf der Bühne tanzen und schaus­piel­ern, hat Vater Rafael die Musikarrange­ments vor­bere­it­et und übt diese mit der Band ein.Eva Hin­der­mann studiert der­weilen mit ein­er Gruppe Kinder eine Tanzszene ein. Mit Schaufeln und Hel­men aus­ges­tat­tet, stapfen die Kinder als Maulwurftruppe durch den Saal. «Bewegt euch noch maulwür­figer», regt Eva Hin­der­mann an. «Tiefer in die Knie und achtet auf den Rhyth­mus.» Es mache ihr Spass, meint die 10-jährige Rhea, die am heuti­gen Dien­stag neu zur Maulwurftruppe gestossen ist. Am Mon­tag habe sie geholfen, die Schaufeln für die Szene gebastelt.

«Wir reden nur noch übers Musical»

Was bringt es mit sich, mit der ganzen Fam­i­lie eine Woche lang an einem Musi­cal zu arbeit­en? Inten­siv sei es, meint Eva Hin­der­mann. «Sitzen wir beim Essen zusam­men, reden wir nur noch vom Musi­cal», so die Pri­mar­lehrerin lachend.Die Idee zu dem Pro­jekt hat­te Kat­ja Deutschmann, Kirchen­musik­erin in der Pfar­rei Aarau. «Ich wollte eine Musi­cal­pro­jek­t­woche machen und habe dann Rafael Baier und Toni Schmid für die Idee gewin­nen kön­nen. Gemein­sam haben wir über­legt, welch­es Musi­cal wir nehmen kön­nten», so die Kirchen­musik­erin und Chor­lei­t­erin.Man habe ver­schiedene Musi­cals geprüft und sich dann für «3 Wün­sche frei» entsch­ieden, meint Rafael Baier. «Wir mussten vor allem schauen, was sich in ein­er Woche real­isieren lässt.» Gle­ich­wohl gab es viel Arbeit. «Rafael hat für jeden Song ein Band-Arrange­ment geschrieben und Toni hat die Hand­lung für unser Per­son­al angepasst und umgeschrieben», erk­lärt Kat­ja Deutschmann.

Castings für Interessierte

«Am 1. Sep­tem­ber hat­ten wir den Start­tag. Da haben wir das Pro­jekt vorgestellt», erk­lärt Rafael Baier. Eine Woche später kon­nte, wer eine Rolle wollte, zu einem Cast­ing kom­men. «Da haben wir dann geschaut, was passt, wer was möchte, und wer was kann.»Den Kindern gefällt es. «Vor allem das Zusam­men­sein mit anderen», meint beispiel­sweise die 11-jährige Alma, die im Stück eine You Tube-Influ­encerin spielt. Die 14-jährige Eli­na Wit­twer hat sich eine grössere Rolle gean­gelt. Sie spielt Kali, den Wurzelzw­erg. «Ich wollte eine Rolle, wo ich viel sagen und schaus­piel­ern kann. Das mache ich sehr gern», erk­lärt sie gegenüber Hor­i­zonte. «Am Cast­ing mussten wir uns vorstellen, zu einem Lied mitsin­gen und tanzen und dann sagen, ob man lieber schaus­piel­ern oder sin­gen möchte.» Ein paar Tage später wurde dann per Mail mit­geteilt, welche Rolle man bekom­men hat­te, und zum Üben gab’s Texte und Lied­dateien ange­hängt.

Viele Kinder mit Bühnenerfahrung

Viele der am Pro­jekt beteiligten Kinder haben bere­its Bühnen­er­fahrung. Anouk beispiel­sweise stand schon öfter mit dem Kinder- und Jugend­cir­cus Arcus in der Manege, und Alma hat mit Geige­nauftrit­ten Bühnen­er­fahrung gesam­melt. «Wir haben aber auch jün­gere Kinder dabei, die zum ersten Mal bei so ein­er Sache mit­machen», erk­lärt Pro­jek­tleit­er Toni Schmid. Die erfahre­nen Kinder hät­ten allerd­ings die anspruchsvolleren Rollen bekom­men.«Diejeni­gen, die Solos sin­gen, gehen mit Kat­ja in den Kirchen­saal. Diejeni­gen, die Rollen sprechen, gehen in den Jurablick», ermuntert Pro­jek­tleit­er Toni Schmid die Kinder nach ein­er Pause und ergänzt: «Die Maulwürfe bitte mit Eva in den Kirchen­saal.» Ins­ge­samt 35 Kinder und Jugendliche im Alter von 6 bis 14 Jahren sind an der Pro­duk­tion beteiligt. Sie üben am Vor­mit­tag in Grup­pen, am Nach­mit­tag zusam­men den gesamten Ablauf. Am Abend proben die Band, beste­hend aus sieben Erwach­se­nen, und der 20-köp­fige Erwach­se­nen­chor. Das älteste Chor­mit­glied ist 83 Jahre alt.

Eine Petra wegen der Pfarrei Peter und Paul

Im Jurablick-Saal flat­tert der­weil Elster Noe­mi um Traum­fliegerin Petra alias Annette. «Du darf­st dich ruhig noch etwas mehr bewe­gen», ermuntert David Bug­mann. «Und richte dich beim Sprechen zum Pub­likum, damit dich alle ver­ste­hen.» Petra heisst in der Orig­i­nalver­sion eigentlich Her­bert, doch die Rolle wurde für das Aarauer Pro­jekt umgeschrieben. «Vom Namen her in Anlehnung an die Pfar­rei Peter und Paul», schmun­zelt Kat­ja Deutschmann.Im Kampf gegen Mon­i­torus erhält Petra von Wurzelzw­erg Kali drei Wün­sche frei – in Form eines Vogel­rings, eines Schäuf­felchens und ein­er Käse­glocke. Die Wün­sche set­zen ihre Kraft jedoch nur frei, wenn es Petra gelingt, mit Fan­tasie zu erken­nen, wer ihr zu welchem Gegen­stand zu Hil­fe kom­men kann. 
Andreas C. Müller
mehr zum Autor
nach
soben