Im Dien­ste Sei­ner Heiligkeit

  • Yan­nis Mäder ist einer von 23 Schwei­zer­gar­di­sten, die am Sams­tag, 6. Mai, ver­ei­digt werden.
  • Wenn es hart auf hart kommt, muss der 21-Jäh­ri­ge den Papst mit sei­nem Leben verteidigen.
  • Der Woh­le­ner hät­te nichts gegen Frau­en in der Gar­de und kennt eini­ge, die ger­ne ein­tre­ten würden.

War­um sind Sie in die Schwei­zer­gar­de eingetreten?

Yan­nis Mäder: Als ich Ende 2021 mit der Leh­re fer­tig war, habe mich gefragt, was ich mit mei­nem Leben anfan­gen soll. In den gelern­ten Beruf als Poly­me­cha­ni­ker woll­te ich nicht zurück. Dann ging ich ins Mili­tär, wo es mir sehr gefal­len hat. Da habe ich den Wacht­mei­ster gemacht. Doch wie wei­ter? Der Weg als Berufs­mi­li­tär ist schwie­rig. Bei der Poli­zei sehe ich mich noch nicht, mit der Arbeit als Sicher­heits­fach­kraft woll­te ich noch etwas war­ten. Da habe ich mich über die Schwei­zer­gar­de infor­miert und gemerkt, dass ich alle Kri­te­ri­en erfülle.

Was hat Ihnen im Mili­tär gefallen?

Die Dis­zi­plin und die Kame­rad­schaft. Im Mili­tär kom­men Leu­te aus ver­schie­de­nen Kan­to­nen und unter­schied­li­chen sozia­len Schich­ten zusam­men. Alle tra­gen die glei­che Uni­form und haben das glei­che Ziel. Das för­dert die Kame­rad­schaft. Ich sehe den Zweck des Mili­tär­dien­stes und den Sinn dar­in für die Schweiz.

Sie kön­nen also gut gehorchen?

(Lacht) Ja, vier­zehn Jah­re Pfadi­er­fah­rung machen, dass ich gut auf Befeh­le hören kann.

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Wie sind sie mit der katho­li­schen Kir­che verbunden?

Ich war Mini­strant in Woh­len, bis ich 14 Jah­re alt war. Dann ging ich nicht mehr so häu­fig in die Kir­che. Es gehört wahr­schein­lich zum Älter­wer­den, dass man am Glau­ben zwei­felt. Aber ich habe zum Glau­ben zurück­ge­fun­den und hier in Rom mini­strie­re ich wie­der. Das gehört zum Dienst.

Gebe­te und Got­tes­dien­ste sind also fester Bestand­teil des Gardealltags?

Ja, wir sind hier im Vati­kan, in der Hei­li­gen Stadt, der Stadt des katho­li­schen Glau­bens. Wer hier­her­kommt, weiss, dass der Glau­be wich­tig ist. Es gibt aber unter­schied­lich gläu­bi­ge Gar­di­sten. Zum Pro­fil eines Gar­di­sten gehört es, nicht nur ein guter Sol­dat zu sein, son­dern auch ein guter Katho­lik. Got­tes­dienst, Kom­mu­ni­on und Beich­te gehö­ren dazu.

Wenn es hart auf hart kommt, müss­ten Sie den Papst mit Ihrem Leben ver­tei­di­gen. Was löst die­se Vor­stel­lung bei Ihnen aus?

Ein Gefühl der Furcht. Aber auch ein Gefühl von Stolz. Ich weiss, dass ich für jeman­den ster­ben wür­de, hin­ter dem ich ste­hen kann, für eine Sache, die den Men­schen hilft. Dass wir für den Papst ster­ben wür­den, schwö­ren wir an der Vereidigung.

Spielt es für Sie eine Rol­le, ob Ihnen der Papst sym­pa­thisch ist?

Ich wür­de jeden Papst beschüt­zen. Der Papst ist nicht eine bestimm­te Per­son. Wenn er stirbt, gibt er sein Amt wei­ter. Ich gehe davon aus, dass der­je­ni­ge, der gewählt wur­de, der Beste ist. Der Papst ist der Papst und somit Got­tes Stell­ver­tre­ter auf Erden.

Im Schwei­zer Mili­tär sind Frau­en zuge­las­sen, in der Schwei­zer­gar­de nicht. Wür­den Sie es gut fin­den, wenn da Gleich­be­rech­ti­gung herrschte?

Ich bin ein gros­ser Befür­wor­ter der Gleich­be­rech­ti­gung. Frau­en soll­ten nicht nur ins Mili­tär dür­fen, son­dern müs­sen. Als Wacht­mei­ster hat­te ich in mei­nem Zug meh­re­re Frau­en. Die Zusam­men­ar­beit hat gut funk­tio­niert. Ich ken­ne per­sön­lich eini­ge Frau­en, die ger­ne Gar­di­stin­nen sein wür­den. Ich fän­de das nicht ver­kehrt. Wir sind ein klei­nes Korps. Daher wür­de es uns hel­fen, wenn Frau­en ein­tre­ten könn­ten. Momen­tan sehe ich ein­zig das Pro­blem, dass hier die Kaser­ne, die Uni­form und die Waf­fen kom­plett auf Män­ner aus­ge­rich­tet sind. Das kann man alles ändern. Aber natür­lich ist das eine Ent­schei­dung, die der Papst fäl­len muss, nicht die Garde.

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Ist das ein The­ma inner­halb der Garde?

Ja, es gibt die­se Dis­kus­sio­nen unter den Gar­di­sten. Ich höre Argu­men­te dafür und dagegen.

Sie haben heu­te Mor­gen frei. Was machen Sie an einem frei­en Morgen?

Da ste­he ich meist etwas spä­ter auf und früh­stücke aus­ser­halb des Vati­kans, in einem der klei­nen Restau­rants in der Nähe. Manch­mal mache ich etwas Sport. Man­che Schich­ten enden spät, dann tut es gut, etwas aus­zu­ru­hen. So, dass ich am näch­sten Mor­gen wie­der um 4 Uhr auf­ste­hen mag.

Ste­hen Sie immer so früh auf?

Es kommt auf den Dienst an. Auf mei­nem Niveau beginnt der Ein­satz meist um 6 Uhr. Dafür ste­he ich etwa um 4.30 Uhr auf.

Wie sieht Ihr typi­scher Tages­ab­lauf aus?

Von 7 bis 14 Uhr habe ich Dienst, dann habe ich Pau­se am Nach­mit­tag. Am Abend mache ich ab und zu Mini­stran­ten­dienst. Von 20 bis 23 Uhr habe ich noch­mals Dienst. Auf der tief­sten Dienst­stu­fe, auf der ich bin, habe ich oft Schild­wa­che, in der ich mit der Hel­le­bar­de einen Ein­gang bewache.

Wie wer­den Sie aus­ge­bil­det, um auf eine höhe­re Dienst­stu­fe zu kommen?

Min­de­stens ein­mal pro Woche haben wir Ita­lie­nisch­un­ter­richt. Denn für höhe­re Stu­fen braucht man gute Sprach­kennt­nis­se. Zum Bei­spiel, um am Ein­gang mit Leu­ten zu spre­chen, um ihnen den Weg zu erklä­ren oder nach ihrem Aus­weis zu fra­gen. Auch als Posten­chef muss man gut Ita­lie­nisch kön­nen, um bei­spiels­wei­se Füh­run­gen zu machen.

Und wie läuft es mit dem Italienischen?

Es geht gut vor­an. Ich muss mich selbst an der Nase neh­men und regel­mäs­sig die Haus­auf­ga­ben machen. Es hilft, wenn ich hin­aus in die Stadt gehe und so viel wie mög­lich mit den Leu­ten spre­che. Momen­tan bin ich dem fran­zö­sisch­spra­chi­gen Geschwa­der zuge­teilt. Weil mein Fran­zö­sisch nicht so gut ist, muss ich dort eben­falls Ita­lie­nisch spre­chen. Ich füh­le mich zum Glück schon recht sicher.

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Wie steht es mit den Vor­be­rei­tun­gen auf die Vereidigung?

Den Schwur kön­nen wir schon aus­wen­dig. Wir üben ein­mal in der Woche das Exer­zie­ren mit dem Pan­zer und das rich­ti­ge Gehen mit der Hel­le­bar­de. Mit dem Brust­pan­zer habe ich beim Exer­zie­ren ein völ­lig ande­res Gefühl, weil mei­ne Bewe­gungs­frei­heit ein­ge­schränkt ist. Momen­tan heisst es üben, üben, üben, damit alles sitzt für eine schö­ne Vereidigung.

Wen haben Sie an die Ver­ei­di­gung eingeladen?

Fami­lie und Freun­de. Ich habe schon einen Plan gemacht, was ich ihnen zei­gen will. Wir sehen uns die Kaser­ne an und in die Vati­ka­ni­schen Gär­ten und in den Palast gehen wir auch. Am Abend essen wir aus­wärts. Es ist schon fünf Mona­te her, als ich mei­ne Fami­lie län­ger als ein Wochen­en­de gese­hen habe.

Haben Sie manch­mal Heimweh?

Am Anfang muss­te ich mich an den neu­en Ort gewöh­nen. So tief im Süden war ich vor­her noch nie. Ich bin in mei­nem Leben noch nicht so viel her­um­ge­reist. Manch­mal hat es sich am Anfang schon wie Heim­weh ange­fühlt. Inzwi­schen bin ich voll im Gar­deall­tag drin, manch­mal ver­ges­se ich sogar, wel­chen Tag wir haben.

Ver­ei­di­gung der jun­gen Schweizergardisten

Der Kan­ton Aar­gau ist Gast­kan­ton an der Ver­ei­di­gung der neu­en Schwei­zer­gar­di­sten vom 6. Mai 2023, dem Gedenk­tag des «Sac­co di Roma» von 1527. Unter den Rekru­ten, die ver­ei­digt wer­den, sind drei jun­ge Män­ner aus dem Aar­gau: Yan­nis Mäder aus Woh­len, Robin Schmid aus Stren­gel­bach und Flo­ri­an Zell­we­ger aus Grä­ni­chen. Dele­ga­tio­nen des Regie­rungs­rats, des Kir­chen­rats der Römisch-Katho­li­schen Lan­des­kir­che und wei­te­re Gäste aus dem Kan­ton wer­den die Fei­er­lich­kei­ten in Rom beglei­ten. Die Hori­zon­te-Redak­ti­on wird aus Rom über die Ver­ei­di­gung berichten.

Wie ist die Kame­rad­schaft unter den Gardisten?

Jeder fin­det hier einen Kol­le­gen. Immer ist jemand da, der mit einem essen oder ein­kau­fen geht oder mal eine Tour zum Colos­se­um macht.

Ist der Gar­de­ka­plan eine Unter­stüt­zung für Sie?

Der Kaplan hilft uns sehr. Wenn wir Heim­weh haben, Äng­ste oder Sor­gen kön­nen wir zu ihm gehen. Er nimmt uns auch die Beich­te ab. Ab und zu haben wir auch eine Lek­ti­on bei ihm. Er hat uns die Ver­ei­di­gung erklärt, was auf uns zukommt und was unser Schwur bedeu­tet. Wir haben mit ihm auch über unse­re Got­tes­bil­der gespro­chen. Am Sonn­tag besucht er uns wäh­rend des Dien­stes. Er ist immer bereit für ein Gespräch.

Sie lei­sten Ihren Dienst als Söld­ner. Was den­ken Sie über die Söld­ner­dien­ste heu­te und in der Vergangenheit?

Frü­her war das Söld­ner­tum eine sehr lukra­ti­ve Metho­de, um Geld zu ver­die­nen. Neben der Land­wirt­schaft war das Söld­ner­tum der zweit­gröss­te Wirt­schafts­zweig in der Eid­ge­nos­sen­schaft. Die Söld­ner konn­ten durch ihre Zuver­läs­sig­keit und Loya­li­tät ein gutes Image der Schweiz auf­bau­en. Von dem kön­nen wir heu­te noch pro­fi­tie­ren. Aktu­el­le Söld­ner wie die Wag­ner-Grup­pe aus Russ­land oder die fran­zö­si­schen Frem­den­le­gio­nä­re haben heu­te kein gutes Image. Die Gar­di­sten sehe ich nicht als Söld­ner, son­dern eher als Leib­gar­de des Vati­kans. Wir zie­hen nicht in den Krieg, aber wir sind parat, um den Papst zu beschützen.


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Eva Meienberg
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