«Ihr seid etwas Anderes»

«Ihr seid etwas Anderes»

  • Am ver­gan­genen Son­ntag hat Bischof Felix Gmür in der gut besucht­en Kathe­drale St. Urs und Vik­tor in Solothurn vier Män­ner durch die Diakonatswei­he in den Klerik­er­stand erhoben.
  • Ein­er von ihnen ist Hans-Peter Stier­li, der als Pfar­reiseel­sorg­er im Pas­toral­raum Unteres Freiamt die Bezugsper­son in und für Häg­glin­gen und Dot­tikon ist.
  • In sein­er Predigt beauf­tragte Bischof Felix die neuen Diakone, hin­auszuge­hen «an die Rän­der» und her­auszufind­en, was sie seien.

Grim­mig kalt wehte die Bise um die St. Ursenkathe­drale in Solothurn, als um 15 Uhr der feier­liche Einzug der vier Wei­hekan­di­dat­en in die Haup­tkirche des Bischofs von Basel stat­tfand. Gle­ichzeit­ig strahlte die Sonne über dem Bischof­s­sitz und tauchte das Kirchen­schiff in mildes Licht. Begleit­et von Priestern, Seel­sorg­erin­nen und Seel­sorg­ern sowie Min­is­tran­ten aus den jew­eili­gen Bis­tum­sre­gio­nen und umgeben von ihren Fam­i­lien, Fre­un­den und Bekan­nten, stell­ten sich die vier Män­ner vor ihren Bischof, um ihr Gelübde abzule­gen und von ihm den Segen zu emp­fan­gen.

Um die Auf­nahme in den Klerik­er­stand bat­en Jure Lju­bic, Gemein­deleit­er der Pfar­rei Guthirt in Meirin­gen (Pas­toral­raum Bern Ober­land), Han­sjochen Math­ias Mütel, Bil­dungsver­ant­wortlich­er des Bis­tums Basel, Wolf­gang Meier-Gehring, Pas­toral­raum­leit­er des Pas­toral­raumes Hard­wald am Rhy und Gemein­deleit­er der Pfar­rei Brud­er Klaus in Birs­felden (Pas­toral­raum Hard­wald am Rhy) sowie Hans-Peter Stier­li Geiss­mann, Bezugsper­son für die Pfar­reien Häg­glin­gen und Dot­tikon und Pfar­reiseel­sorg­er in Fis­chbach-Gös­likon, Nieder­wil, Wal­tenschwil und Wohlen (Pas­toral­raum Unteres Freiamt). Ein Por­trait von Hans-Peter Stier­li, dem neuen Diakon im Bis­tum­skan­ton Aar­gau, pub­liziert Hor­i­zonte in sein­er näch­sten Aus­gabe, Nr. 7/8, am 12. Feb­ru­ar und online am 17. Feb­ru­ar.

«Heute ist jetzt!»

[esf_wordpressimage id=36577 width=half float=right][/esf_wordpressimage]In sein­er Predigt griff Bischof Felix die erste Lesung aus dem Buch Jere­mia (Jer 1,4–5.17–19) und das Evan­geli­um nach Lukas (Lk 4,21–30) auf. Im Evan­geli­um ste­ht: «Heute hat sich das Schrift­wort, das ihr eben gehört habt, erfüllt.» Und seinen kün­fti­gen Diako­nen rief der Bischof von Basel zu: «Heute ist jet­zt!» Im Lesung­s­text geht es um die Beru­fung Jere­mias zum Propheten, im Evan­geli­um um Jesus, der damit begin­nt, in der Syn­a­goge die Schrift auszule­gen. Bei­de Texte hät­ten mit dem zu tun, was eben jet­zt und hier geschehe, betonte Bischof Felix, und bei­de Texte wür­den auf das ver­weisen, was sie als zukün­ftige Diakone beschäfti­gen aber auch bestärken soll.

Der Bischof hob beson­ders die hebräis­chen Begriffe yada und kadosch aus der Lesung her­vor. Yada bedeute erst ein­mal «erken­nen». «Es ist aber mehr als erken­nen. Es ist ein erken­nen auf allen Ebe­nen. Erken­nen auch im Sinne von auserse­hen sein, dazuge­hören.» Sie gehörten bere­its zu Gott. Diese Zuge­hörigkeit soll­ten sie aber nicht nur immer von neuem feiern, son­dern immer wieder auch neu set­zen. «Diese Zuge­hörigkeit zu leben, zu bestäti­gen, zu bilden und zu schenken, das ist die Auf­gabe des Diakons. Ihr seid erkan­nt und gehört dazu.»

An die Ränder gesandt

Das zweite Wort, kadosch, sei der hebräis­che Begriff für Heiligkeit. Er bedeute zwar «heilig machen», zugle­ich aber auch «sich tren­nen» oder «abson­dern». Bischof Felix erin­nerte die Wei­hekan­di­dat­en daran, dass sie als Diakone zum Klerus gehörten, «damit seid ihr abgeson­dert». In dieser Posi­tion sei es wichtig und richtig, selb­ständig zu denken, denn nur wer selb­ständig denke, denke anders. «Alles andere ist Nachge­plap­per.» Das gelte genau­so für den Glauben.

Aus dem Ander­s­sein der Diakone ergebe sich auch deren Auf­trag: «Ihr seid nicht Laien und nicht Priester. Dessen müsst ihr euch immer ganz klar sein. Ihr seid etwas Anderes. Ihr seid an die Rän­der gesandt. Ich rufe euch dazu auf, auf eurem Weg die Her­aus­forderung anzunehmen, zu ent­deck­en, was ihr seid. Ihr seid nicht eine Mis­chung aus allem. Ihr habt eure ganz eigene Auf­gabe.» Diese Auf­gabe beste­he darin, wie Jesus den Weg immer weit­er zu gehen, durch die Menge hin­durch, zu gehen, die Men­schen an den Rän­dern wahrzunehmen und sie mitzunehmen. «Dazu wün­sche ich euch und euren Frauen Gottes Segen auf diesem Weg.»

Nicht ohne Frauen

[esf_wordpressimage id=36578 width=half float=left][/esf_wordpressimage]Der bis­chöfliche Segen für die Frauen der neugewei­ht­en Diakone kam nicht zufäl­lig und sehr bewusst. Ohne die offizielle und öffentlich vor­ge­tra­gene Zus­tim­mung sein­er Ehe­frau, hätte kein­er der vier Kan­di­dat­en seine Wei­he erhal­ten. Das Amt des Diakons ist zwar in der römisch-katholis­chen Kirche vor­erst noch expliz­it Män­nern vor­be­hal­ten, aber diese müssen soge­nan­nt «ges­tandene Män­ner» sein. Das heisst, sie müssen ein Min­destal­ter, 35 Jahre, erre­icht haben, ver­heiratet und «in Ehe und Fam­i­lie bewährt» sein, wie es in den Leitlin­ien des Priestersem­i­nars St. Beat Luzern heisst.

Nach­dem die Frauen dem Bischof bestätigt hat­ten, dass sie Wil­lens seien, ihre Män­ner in deren neuem Amt zu unter­stützen und diesen Weg gemein­sam gehen zu wollen, legte Bischof Felix Jure Lju­bic, Math­ias Mütel, Wolf­gang Meier und Hans-Peter Stier­li die Hände auf und wei­hte sie damit zu Diako­nen. Als äusseres Zeichen ihres Standes durften die Frischgewei­ht­en anschliessend ihre gewei­ht­en Stolen anle­gen, respek­tive anle­gen lassen, denn dieser Akt oblag eben­falls den Ehe­frauen. Ein weit­eres Sym­bol dafür, dass der Diakon seinen Dienst in Zusam­me­nar­beit mit sein­er Frau ver­sieht.

Zu den Auf­gaben eines ständi­gen Diakons gehört die Verkündi­gung des Evan­geli­ums in Wort und Tat. Dafür erhielt ein jed­er von ihnen aus der Hand des Bischofs ein eigenes Evan­geliar. So gewapp­net kon­nten sie die Kathe­drale ver­lassen, um sich vor dem Gotte­shaus noch pho­togra­phieren und feiern zu lassen, vor allem aber, um die ersten Schritte zu tun auf ihrem von der Seel­sorge her schon bekan­nten und den­noch neuen Weg, «den Armen und Kranken beizuste­hen, den Notlei­den­den und Heimat­losen zu helfen», wie es in den Leitlin­ien des Priestersem­i­nars Luzern ste­ht.

Christian Breitschmid
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