Burg­hard För­ster: «Ver­stär­ken, was da ist»

  • Burg­hard För­ster, Pfar­rei­lei­ter in Peter und Paul Aar­au, ist nicht ein­fach «zu fassen».
  • Der pas­sio­nier­te Foto­graf ver­steht sein Han­deln als Dienst. In die­sem Sin­ne ist er Diakon.
  • Mit die­sem Por­trät been­det Hori­zon­te die Serie «Prie­ster und Dia­ko­ne» (sie­he Zusatztext).
 Der heim­li­che Star im Raum ist Pau­la. Die jun­ge Kat­ze lief Burg­hard För­ster, Dia­kon und Pfar­rei­lei­ter in Peter und Paul Aar­au, ver­gan­ge­nen Sep­tem­ber zu und ist geblie­ben. «Sie wohnt bei mir. Mor­gens fra­ge ich sie, ob sie mit ins Pfarr­haus kom­men möch­te, und dann klet­tert sie in das Trans­port­körb­chen», beschreibt der 55-Jäh­ri­ge den geti­ger­ten Vier­bei­ner, der auch mit einem Foto auf dem Insta­gram-Account der Pfar­rei auf­taucht.

Stür­mi­scher Beginn in Aarau

Burg­hard För­ster, Jahr­gang 1964, gebo­ren und auf­ge­wach­sen in der Nähe von Frank­furt am Main, ist seit 1998 in der Schweiz. Erst war er drei Jah­re in Sur­see, pen­del­te dann wäh­rend drei­er Jah­re noch­mals ins Deut­sche und arbei­te­te ab 2004 als Theo­lo­ge 13 Jah­re  in der Seel­sor­ge und als Erwach­se­nen­bild­ner in Luzern in der Pfar­rei St. Anton und St. Micha­el. 2018 kam er in den Aar­gau. «Es ist ein Run­ning Gag, dass Burg­hard mit dem Sturm Burg­lind in Aar­au ankam», sagt der Seel­sor­ger schmun­zelnd.Der Vater von vier Kin­dern ist nicht leicht zu fas­sen. Mehr als ein­mal kommt ihm etwas in den Sinn, wes­we­gen er über­ra­schend zum Regal oder Pult schnellt und etwas holt, das er zei­gen möch­te. Gleich­zei­tig spricht er mit Bedacht und lang­sam, pau­siert uner­war­tet im Satz. Seit er sechs Jah­re alt ist, prak­ti­ziert Burg­hard För­ster Judo, hat den schwar­zen Gür­tel. Viel­leicht liegt die Irri­ta­ti­on ihm gegen­über dar­an.

«Das Ordens­ge­wand ist doch kei­ne Anstecknadel» 

Viel­leicht hängt sie aber auch mit dem zusam­men, was Burg­hard För­ster sagt. Zwar ist er geweih­ter Dia­kon, doch er ver­steht sich nicht als Kle­ri­ker. «Ich übe die klas­si­schen Auf­ga­ben des Dia­kons im Got­tes­dienst nicht oder nur in abso­lu­ten Aus­nah­me­si­tua­tio­nen aus. Die Wei­he habe ich in der Über­zeu­gung emp­fan­gen, dass sie eine Art Unter­schrift unter eine bereits vor­han­de­ne Befä­hi­gung ist. In die­sem Sin­ne wäre es für mich rich­tig, wenn auch Frau­en zu Dia­ko­nin­nen geweiht wer­den könn­ten», stellt Burg­hard För­ster klar.Der Theo­lo­ge trans­por­tiert damit ein Ver­ständ­nis des Dia­kons, wie es eher im deut­schen Nach­bar­land zu fin­den ist. Dort sind Dia­ko­ne nicht zwin­gend Voll­theo­lo­gen, die in der Pfar­rei- oder Pasto­ral­raum­lei­tung tätig sind. Sie arbei­ten viel­mehr häu­fig in säku­la­ren Beru­fen und über­neh­men zusätz­lich Auf­ga­ben in der Pfar­rei. Burg­hard För­ster ver­deut­licht, womit er ein Pro­blem hat: «Ich war eini­ge Jah­re im Fran­zis­ka­ner­or­den. Dort gab es Mit­brü­der, die das Ordens­ge­wand wie eine über­gros­se Ansteck­na­del tru­gen. Doch letzt­lich soll­te es doch um Augen­hö­he zwi­schen Getauf­ten gehen!»

«Ver­stär­ken, was bereits da ist» 

Sei­ne Grund­hal­tung, auch in der Lei­tung, beschreibt der Seel­sor­ger als ein «auf­merk­sa­mes flies­sen las­sen, um zu ver­stär­ken, was bereits da ist.» Burg­hard För­ster ist selbst­be­wusst und weiss, was er will: «Ich will tun, was ich offi­zi­ell darf und dabei rei­ze ich die Gren­zen aus. Doch das hat ein Ziel: Zu zei­gen, dass Kir­che und Glau­be eine Rele­vanz für das Leben haben.» Eine Rele­vanz, deren Ver­mitt­lung für Burg­hard För­ster stark an ver­ständ­li­cher Spra­che, ehr­li­chem Auf­tre­ten auf Augen­hö­he und der Bereit­schaft hängt, sich der Welt aus­zu­set­zen und ihr Ant­wor­ten zu geben. Nicht von unge­fähr setz­te sich Burg­hard För­ster in Anleh­nung an eine Akti­on der Künst­le­rin Mari­na Abra­mo­vic bei «Acht­sa­mes Aar­au» gegen­über eines lee­ren Stuhls hin — bereit für jeden, der Platz neh­men woll­te. Um zu zei­gen: Der Dia­kon ist anwe­send.Der pas­sio­nier­te Foto­graf ver­steht sein Han­deln als Dienst. In die­sem Sin­ne ist er Dia­kon. Dafür schöpft er aus allem, was er im Leben gelernt und erfah­ren hat, knüpft Kon­tak­te zu nicht-kirch­li­chen Akteu­ren, unter­stützt auch kon­tro­ver­se Aktio­nen. Am Frau­en­streik stell­te er einer­seits das Pfarr­haus für die Bastel­ak­ti­on der pin­ken Mit­ren zur Ver­fü­gung und läu­te­te die Glocken. Ande­rer­seits war er mit den­je­ni­gen aus der Pfarr­ge­mein­de im Gespräch, die sich durch die Akti­on pro­vo­ziert fühl­ten. «Als Seel­sor­ge­team in Aar­au wol­len wir uns nicht damit zufrie­den­ge­ben, dass am Sonn­tag unse­re Kli­en­tel in der Kir­che sitzt», sagt der Theo­lo­ge bestimmt und zeigt durch das Fen­ster auf den Platz zwi­schen Pfarr­haus und Kir­che, bevor er anfügt, «beson­ders hier in der Pfar­rei, wo das Leben rein­drückt. Ich möch­te als katho­li­sche Kir­che kei­ne Parallelgesellschaft.»
Anne Burgmer
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