Fast wie ein guter Käse

Hand­fest. Einer, der viel lacht. Der offen spricht und direkt, gleich­zei­tig bedäch­tig. Ein geer­de­ter Mensch, ein Gärt­ner: Adri­an Bolz­ern. Er ist mit 35 Jah­ren viel­leicht einer der jüng­sten Prie­ster im Bis­tum Basel. Momen­tan ist er im Stel­len­wech­sel. Zwei­fach. Nach vier Jah­ren in Sankt Mau­ri­ti­us Beri­kon und im Pasto­ral­raum Mut­schel­len, freut er sich auf neue Herausforderungen.Mit ins­ge­samt 70 Stel­len­pro­zent tritt er den prie­ster­li­chen Dienst in der Pfar­rei Peter und Paul in Aar­au und im dor­ti­gen zukünf­ti­gen Pasto­ral­raum an. Mit 30 Pro­zent folgt er den Fuss­stap­fen von Ernst Hel­ler, dem ehe­ma­li­gen Seel­sor­ger für die Zir­kus­men­schen, Schau­stel­ler und Markt­leu­te der Schweiz.Welsch­land oder Innerschwiiz Adi Bolz­ern, wie er meist genannt wird, ging nicht frisch von der Schu­le an die Uni­ver­si­tät. Er ist, wie vie­le, soge­nann­ter Spät­be­ru­fe­ner, mach­te nach der Schu­le erst eine Aus­bil­dung. «Ich habe drei Beru­fe geschnup­pert. Bäcker, Käser und Gärt­ner. Beim Bäcker gefiel mir das End­pro­dukt, doch nicht die Arbeits­zei­ten. Für den Käser hät­te ich aus dem Lauf­en­tal weg gemusst. Ins Wel­sche oder die Inner­schwiiz. Dafür war ich noch nicht bereit. Also habe ich mich für den Gärt­ner ent­schie­den», erin­nert sich Adi Bolz­ern lachend. Die Leh­re und zwei Jah­re Voll­zeit in sei­nem Aus­bil­dungs­be­trieb blieb Adi Bol­zen der kör­per­lich schwe­ren Arbeit treu. Dann ent­schied er sich für den Drit­ten Bil­dungs­weg und das Stu­di­um der Reli­gi­ons­päd­ago­gik. «Der Ent­schluss, mei­ne ehren­amt­li­chen Tätig­kei­ten in der Kirch­ge­mein­de und mein Inter­es­se an Kir­che und Reli­gi­on zum Beruf zu machen, ist lang­sam gereift. Fast wie ein guter Käse», erläu­tert Adri­an Bolz­ern. Ein wei­te­rer Rei­fe­schritt wäh­rend sei­ner anschlies­sen­den Kate­che­ten­tä­tig­keit: die Ent­schei­dung, Prie­ster zu wer­den. «Es ist manch­mal schwer, den Leu­ten klar­zu­ma­chen, dass es kein blitz­ar­ti­ges Beru­fungs­er­leb­nis war, son­dern ein Pro­zess, der fast zehn Jah­re gedau­ert hat», amü­siert sich Adri­an Bolz­ern.Men­schen sind wie Wasser Tätig als Prie­ster, gleich­zei­tig in der DAMP, der Deutsch­schwei­ze­ri­schen Arbeits­stel­le für Mini­stran­tIn­nen­pa­sto­ral aktiv, seit 2009 gar als deren Prä­si­dent. Was macht ein Mitt­dreis­si­ger, der ande­ren Men­schen in allen Lebens­si­tua­tio­nen Seel­sor­ger ist, als Aus­gleich? «Der Freun­des­kreis», lau­tet die ein­fa­che Ant­wort. Kein Wun­der, wür­de Adri­an Bolz­ern auf eine ein­sa­me Insel einen Freund und eine Fla­sche Rot­wein, wahl­wei­se ein Bier mit­neh­men. Froh ist Adri­an Bolz­ern dar­über, dass sein Freun­des­kreis die Initia­ti­ve über­nimmt, ihn ein­lädt oder besucht, denn «der eige­ne Antrieb ist nach der vie­len Arbeit manch­mal nicht mehr so gross». Als kon­takt­freu­di­ger Mensch bleibt er über­dies nie lan­ge allein. «Ohne Men­schen wür­de ich ein­ge­hen wie eine Pflan­ze, die nicht gegos­sen wird», hält er ein Bei­spiel aus der Gar­ten­welt parat. Und das Drit­te, das mit auf die Insel käme? «Ein Erin­ne­rungs­stück. Damit ich weiss, woher ich kom­me. Mei­ne Uhr, die ich vom Gross­va­ter geerbt habe», ist die warm­her­zi­ge Ant­wort.Unschein­ba­re Lieblingspflanze Ob er als Gärt­ner eine beson­de­re Bezie­hung zu den bibli­schen Geschich­ten hat, die so oft vom Säen, Pflan­zen und Ern­ten han­deln? «Ich kann zumin­dest nach­voll­zie­hen, was es heisst, kör­per­lich schwe­rer Arbeit zu ver­rich­ten. Nichts gegen Aka­de­mi­ker, doch ich den­ke die Bibel ist ein Buch auch für die ‚klei­nen Leu­te‘, für die Arbei­ter. Wer mal eine Schau­fel in der Hand hat­te kann deren Lebens­welt bes­ser ver­ste­hen», for­mu­liert Adri­an Bolz­ern vor­sich­tig. Es liegt nahe, einen Gärt­ner nach sei­ner Lieb­lings­pflan­ze zu fra­gen. «Ich den­ke, es ist der Blei­wurz. Eine unschein­ba­re Pflan­ze, deren Name mir ein­fach aus über 300 latei­ni­schen Namen geblie­ben ist. Sie heisst Cera­to­stig­ma plum­ba­gi­no­ides», sagt Adri­an Bolz­ern grin­send und schiebt nach, dass er auch die Son­nen­blu­me sehr möge. Eine hel­le, eine fröh­li­che Blu­me. Pas­send für einen, der mit offe­nem Her­zen und freund­li­chem Blick fest ver­wur­zelt sei­ne Beru­fung lebt.Anne Burg­merEin Inter­view mit Adri­an Bolz­ern zum The­ma Zir­kus gibt es hier.
Anne Burgmer
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