Bischöfe angesichts hoher Erwartungen gefordert

Bischöfe angesichts hoher Erwartungen gefordert

Mit ein­er Bischof­ssyn­ode zum The­ma Fam­i­lie tre­ffe Papst Franziskus ein zen­trales The­ma der Gesellschaft, sagte Bischof Markus Büchel an einem Vor­trag an der Uni­ver­sität Luzern am ver­gan­genen Mittwoch, 24. Juni 2015. Im Okto­ber dieses Jahres tre­f­fen sich in Rom die Bis­chöfe erneut zu ein­er Fam­i­lien­syn­ode. Die weltweit­en Unter­schiede in tra­di­tioneller, wie auch in poli­tis­ch­er Aus­gestal­tung des Fam­i­lien­lebens erforderten von der katholis­chen Kirche allerd­ings viel Fin­ger­spitzenge­fühl, mah­nte der St. Galler Bischof.Zusam­men­fassend sagte Bischof Markus Büchel mit Blick auf die Bischof­ssyn­ode: «Die Erwartun­gen sind hoch, nicht alle wer­den erfüllt wer­den kön­nen. Aber das The­ma ist mit diesem Prozess angestossen.» Um die Bedeu­tung des zweit­en Arbeitspa­piers her­auszuar­beit­en, warf der St. Galler Bischof zuerst einen Blick zurück auf die erste Ses­sion der Bischof­ssyn­ode 2014. Als Teil­nehmer habe er sich als «Briefträger» der katholis­chen Kirche Schweiz ver­standen, die im Rah­men ein­er bre­it angelegten Umfrage die Kirchen­mit­glieder nach deren Anliegen in der Frage Kirche-Ehe-Fam­i­lie befragt hat­te. Um diese Anliegen einzubrin­gen, seien ihm genau vier Minuten zur Ver­fü­gung ges­tanden, sagte Markus Büchel schmun­zel­nd, fügte aber sogle­ich an, dass es allen Vertretern der weltweit­en Bischof­skon­ferenz gle­ich ergan­genen sei. Als ein­er dieser Delegierten aus der ganzen Welt sei ihm schnell deut­lich gewor­den, dass das The­ma Fam­i­lie aus christlich­er Sicht ganz starke, ein­heitliche Grund­la­gen habe, es umgekehrt aber auch eine kon­ti­nen­tal oder kul­turell dif­feren­zierte Sicht erfordere. Bischof Markus Büchel schätzte es denn auch sehr, dass Papst Franziskus die bei­den für die Schweiz bedeu­ten­den Aspek­te unbe­d­ingt weit­er behan­deln wollte: den Zugang zu den Sakra­menten für wiederver­heiratete Geschiedene und die Hal­tung der Kirche gegenüber homo­sex­uellen Men­schen. Dies, obwohl sie in der Schlussab­stim­mung der ersten Ses­sion nicht die erforder­liche Unter­stützung erhal­ten hat­ten.Fam­i­lienseel­sorg­er mah­nen zur Vor­sicht Wiederver­heiratete Katho­liken sollen nach einem «Weg der Reue» wieder zu den Sakra­menten gelassen wer­den sollen. Deutschschweiz­er Fam­i­lienseel­sorg­er beze­ich­nen die aktuelle Sit­u­a­tion als «unver­ständlich und stossend». Mit einem Weg der Reue müsse aber «vor­sichtig, pas­toral klug und men­schlich ein­fühlsam umge­gan­gen wer­den. Er muss als Hil­fe zur Ver­ar­beitung des Geschehenen ver­standen wer­den, eine Ver­ar­beitung, die auch dazu führt, die moralis­chen und sozialen Verpflich­tun­gen, die sich aus der Schei­dung und Wiederver­heiratung ergeben, zu übernehmen: beson­ders gegenüber dem ersten Part­ner und den Kindern aus erster Ehe. Er muss zu ein­er per­sön­lichen Neuori­en­tierung motivieren.» Der für seine Nähe zu seel­sorg­er­lichen Fra­gen bekan­nte Bischof machte kein Geheim­nis daraus, dass der Begriff «Fam­i­lie» in der katholis­chen Kirche wohl auch nach Abschluss der Syn­ode nicht ein­heitlich und let­ztlich auch nicht abschliessend definiert wer­den könne. Markus Büchel hofft deshalb darauf, dass die Ver­samm­lung nach Wegen suche, die kul­turell unter­schiedliche Zugänge zu Fra­gen der Fam­i­lien­pas­toral offen lasse. Auf alle Fälle, so der St. Galler Bischof, brauche die Kirche für die Auseinan­der­set­zung mit der Fam­i­lie sowohl eine Öff­nung zu den human­wis­senschaftlichen Ansätzen, wie auch eine Ver­tiefung der the­ol­o­gis­chen Diskus­sion. Denn, so Markus Büchel: «Die the­ol­o­gis­che und die Glaubens­de­f­i­n­i­tion von Fam­i­lie sind weit weg von der Real­ität.» Wo aber eine Span­nung zwis­chen Glaube und All­t­ag herrsche, sei die Kirche gefordert, eine Sprache zu find­en, mit der sie ihre Werte, ihre Ide­ale ver­mit­teln könne. Eva-Maria Faber, Rek­torin und Pro­fes­sorin für Dog­matik und Fun­da­men­talthe­olo­gie an der The­ol­o­gis­chen Hochschule Chur, macht in diesem Zusam­men­hang gel­tend, dass sich gegen die west­liche Kul­tur weit­er­hin ein­seit­ig eine eher neg­a­tive Diag­nose richte. Diese sei von Indi­vid­u­al­is­mus geprägt. «Vergessen ist die Ein­stel­lung, die das II. Vatikanis­che Konzil ausze­ich­nete: Es nahm die zeit­genös­sis­che Kul­tur in ihren Schwächen und Stärken, Risiken und Chan­cen wahr. Die Bis­chöfe wer­den in diesen Hin­sicht­en nachjustieren müssen, um eine gerechte Wahrnehmung auch unser­er Kul­tur zu ermöglichen.»Werte anbi­eten, nicht Nor­men auf­stellen Das vor­liegende Arbeitspa­pi­er zur zweit­en Ses­sion der Fam­i­lien­syn­ode wertete Bischof Markus Büchel als neue Grund­lage für einen weit­eren «inten­siv­en Prozess, der mehr Dia­log enthal­ten muss». Er ver­misse darin beispiel­sweise neue Ansätze zu Part­ner­schaften ohne Kinder oder zu Fra­gen des Gewis­sens. Dass beispiel­weise zur Homo­sex­u­al­ität im Papi­er «keine Diskri­m­inierung, aber auch keine Anerken­nung» vorgenom­men werde, beze­ich­nete er als «behut­same Annäherung.» Auch Eva-Maria Faber meinte dahinge­hend: «Wie schon beim Vorgänger­text kommt das The­ma der ehe­lichen Part­ner­schaft zu kurz; die Her­aus­forderung der Gestal­tung von Beziehun­gen find­et wenig Aufmerk­samkeit. Die neu hinzugekomme­nen Abschnitte haben aber mehr konkretes Leben in das Doku­ment hineinge­bracht. Als wichtig erachtet es Bischof Markus Büchel, dass im Arbeitspa­pi­er nicht mehr nur neg­a­tiv von anderen For­men des Zusam­men­lebens als der Fam­i­lie gesprochen werde. Und als Seel­sorg­er und Bischof machte er auch klar, dass die Kirche im Fall ein­er Eheschei­dung nicht leichtsin­nig von Fehler sprechen dürfe. Sie habe vielmehr die Auf­gabe, betrof­fene Men­schen in ihrem Tren­nungss­chmerz zu begleit­en. Über­haupt spricht sich Büchel dafür aus, dass die Kirche zuerst Werte anbi­eten müsse, statt Nor­men aufzustellen, um die christliche Botschaft zu ver­mit­teln.
Andreas C. Müller
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