Erweiterung der Anti-Rassimus-Strafnorm deutlich angenommen
- In der Schweiz ist es künÂftig strafÂbar, MenÂschen aufÂgrund ihrer sexÂuellen OriÂenÂtierung zu diskriÂmÂinieren. Das StimÂmvolk hat am SonÂntag die Erweiterung der Anti-RasÂsisÂmus-Strafnorm 63,1 Prozent angenomÂmen.
- BesonÂders hoch war die ZusÂtimÂmung in der Westschweiz. Das deutÂlichÂste Ja verzeÂichÂnete der KanÂton Waadt mit 80,2 Prozent, gefolÂgt von den KanÂtoÂnen Genf mit 76,3 Prozent, Jura mit 73,8 Prozent und NeuenÂburg mit 73,7 Prozent.
- Da sich die Kirchen erfahrungsÂgemäss schwÂer tun mit der AkzepÂtanz von HomoÂsexÂuÂalÂität, stellt sich die Frage der KonÂseÂquenz in ZukunÂft. Während der Basler Bischof Felix Gmür dahingeÂhend keine ProbÂleme erwartet, heisst es beispielÂsweise von der SchweizÂerischen EvanÂgeÂlisÂchen Allianz (SEA): «PrakÂtizierte HomoÂsexÂuÂalÂität in einÂer Predigt aus ethisÂchen GrünÂden negÂaÂtiv zu beurteilen, muss möglich bleiben.»
Mit der ZusÂtimÂmung des StimÂmvolkes wird nun die Anti-RasÂsisÂmus-Strafnorm erweitÂert. Heute schützt Artikel 161bis des StrafgeÂsetÂzbuchÂes vor DiskriÂmÂinierung und HetÂze wegen der ZugeÂhörigkeit zu einÂer Rasse, EthÂnie oder ReliÂgion. Wer dageÂgen verÂstösst, riskiert eine FreiÂheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine GeldÂstrafe. Das ist künÂftig auch bei DiskriÂmÂinierung aufÂgrund der sexÂuellen OriÂenÂtierung der Fall.
SVP und EDU dagegen
DageÂgen stellÂten sich die SVP und die EDU. BereÂits in den UmfraÂgen zeigte sich jedoch, dass die GegÂnerÂinÂnen und GegÂnÂer einen schwÂeren Stand haben würÂden. In der letÂzten SRG-TrendÂbeÂfraÂgung sprachen sich 65 Prozent für die VorÂlage aus, in jenÂer von TameÂdia 69 Prozent. Das Ja ist nun etwas weniger deutÂlich ausÂgeÂfallÂen, aber deutÂlichÂer als bei der EinÂführung der Strafnorm 1994. Damals hatÂten 55 Prozent Ja gesÂtimmt.Der AbstimÂmungskampf drehte sich um die MeiÂnÂungsäusserungsÂfreiÂheit und deren GrenÂzen. Die GegÂnerÂinÂnen und GegÂnÂer einÂer Erweiterung der Strafnorm sprachen von einem «ZenÂsurgeÂsetz». MeiÂnÂungsäusserungsÂfreiÂheit umfasse das Recht, Dinge zu sagen, die anderen nicht passten, arguÂmenÂtieren sie. Dieses dürfe nicht eingeschränkt werÂden. Bei der Mehrheit der StimmÂbürgÂerinÂnen und StimmÂbürgÂer verfÂing das ArguÂment aber offenÂbar nicht. BereÂits heute macht sich strafÂbar, wer EinzelperÂsoÂnÂen oder klar definierte GrupÂpen herÂabÂwürdigt. Was nach Annahme der Erweiterung der Anti-RasÂsisÂmus-Strafnorm künÂftig noch erlaubt und was verÂboten sein wird, sorgte im AbstimÂmungskampf für KonÂtroÂverÂsen. Die AusleÂgung wird Sache der Gerichte sein.
«Homoxexualität negativ beurteilen, muss gehen»
Die Frage ist nun, wie sich das neue Gesetz auf die religiöse PraxÂis in den Kirchen auswirken könÂnte. «GrundÂsätÂzlich ändert sich nichts für unsere Kirchen», sagt Matthias Spiess, GenÂerÂalsekretär der SchweizÂerischen EvanÂgeÂlisÂchen Allianz (SEA) und für KirchenÂfraÂgen zuständig. «Unsere MitÂgliedÂkirchen haben ja noch nie zu Gewalt und Hass gegenüber HomoÂsexÂuellen aufgerufen.» GelichÂwohl hofft die SEA, die sich im VorÂfeld der AbstimÂmung für ein Nein stark gemacht hatÂte, dass es weitÂerÂhin möglich sei, sich kriÂtisch zu HomoÂsexÂuÂalÂität zu äussern, ohne gleÂich sankÂtionÂiert zu werÂden. «PrakÂtizierte HomoÂsexÂuÂalÂität in einÂer Predigt aus ethisÂchen GrünÂden negÂaÂtiv zu beurteilen, muss möglich bleiben.» EbenÂso die AusÂsage, dass in der Bibel keine posÂiÂtivÂen Beispiele von gleÂichgeschlechtlichÂer SexÂuÂalÂität zu findÂen seien.Der PräsiÂdent der SchweizÂer BischofÂskonÂferenz (SBK), der Basler Bischof Felix Gmür, sieht hingeÂgen keinÂerÂlei ProbÂleme auf die Römisch-KatholisÂche Kirche zukomÂmen. «Ich bin überzeugt davon, dass sich unsere MitarÂbeiÂtÂenÂden bewusst sind, dass in der Kirche alle MenÂschen willkomÂmen sind – unabÂhängig von ihrer Rasse, HerkunÂft und sexÂuellen OriÂenÂtierung», lässt er auf Anfrage ausÂrichtÂen.
Kirche: «Einschränkungen, die nicht für alle gelten»
Der SBK-PräsiÂdent zeigt sich grundÂsätÂzlich überzeugt, dass die katholisÂche Kirche nicht mit dem neuen Gesetz in KonÂflikt gerÂatÂen wird. «Die Kirche ist ein sogeÂnanÂnter TenÂdenzÂbeÂtrieb mit EinÂschränkunÂgen, die nicht für die AllÂgeÂmeinÂheit gelÂten und deshalb nicht unter die neue Strafnorm fallÂen», erkÂlärt Felix Gmür. Zudem befinde sich die Kirche bezüglich ihrer interÂnen «EinÂschränkunÂgen rund um die ‹sexÂuelle OriÂenÂtierung› weltweit auf einem EntwickÂlungsweg».Gemäss der PraxÂis des BunÂdesÂgerichts müssen die diskriÂmÂinierenÂden ÄusserunÂgen öffentlich sein und vorsätÂzlich, damit sich jemand strafÂbar macht. AusserÂdem müssen sie so heftig sein, dass sie den Kern der MenÂschenÂwürde tangÂieren. Witze am Stammtisch sind nicht betrofÂfen, sofern Unbeteiligte nicht mithören müssen. Auch wer sich beispielÂsweise öffentlich gegen die Ehe für homoÂsexÂuelle Paare ausspricht, riskiert keine Strafe. Bestraft werÂden demÂnach nur HetÂze gegen «die HomoÂsexÂuellen» — beispielÂsweise im InterÂnet.
«Homosexualität» bleibt auf der politischen Tagesordnung
Als nächÂstes steÂht im ParÂlaÂment die Beratung zur VorÂlage «Ehe für alle» an. Diese würde es gleÂichgeschlechtlichen Paaren ermöglichen, eine Ehe zu schliessen. Heute könÂnen diese ihre PartÂnerÂschaft lediglich regÂistriÂeren lassen. Zudem besteÂht in eingeÂtraÂgeÂnen PartÂnerÂschaften kein Recht auf die gemeinÂschaftliche AdopÂtion von Kindern.