Ein Stück Kirche zum Anfassen

Ein Stück Kirche zum Anfassen

Das Papi­er ist zum Zer­reis­sen ges­pan­nt. Auf Knopf­druck jagt es über Rollen, schiesst hin­auf zur Decke, saust dann steil bergab. Bilder und Buch­staben rasen durch die hohe Halle. Willkom­men in der Druck­erei Bür­li in Döt­tin­gen.Nur Sekun­den, nach­dem sich an diesem Novem­ber­nach­mit­tag die Mas­chine in Bewe­gung geset­zt hat, lan­det das erste fer­tige Pro­dukt auf dem Förder­band. Fast erstaunt es, dass bei diesem laut­en, wilden Treiben die Null­num­mer des Pfar­rblatts unversehrt und sauber gefal­tet das Licht der Druck­erei erblickt. Das neue Hor­i­zonte ist da! Ein seit­en­fül­len­des Bild auf der Front, darauf Titel in gold­en­er Schrift und ein neues Logo: Das neue Lay­out über­rascht mit Unge­wohn­tem, bleibt dabei aber hell und über­sichtlich. Der Druck der Null­num­mer dient den Beteiligten aus Redak­tion, Vorstufe und Druck­erei als Gele­gen­heit, let­zte Fehler zu kor­rigieren und die Abläufe zu opti­mieren.Erprobte Zusam­me­nar­beit Die alten Pro­duk­tion­spart­ner des Pfar­rblatts Hor­i­zonte sind auch die neuen. Schon in den ver­gan­genen Jahren haben die Kasimir Mey­er AG in Wohlen und die Druck­erei Bür­li AG in Döt­tin­gen die ver­schiede­nen Region­alaus­gaben gedruckt. Neu übernehmen die bei­den Fir­men aber weit­ere Auf­gaben. Kasimir Mey­er übern­immt ab näch­ster Num­mer die Druck­vorstufe und die Ver­ant­wor­tung für den Man­tel­teil von Hor­i­zonte. Die Fir­ma Bür­li übern­immt die Umset­zung und den Sup­port für die ver­schiede­nen Pfar­re­it­eile. Bei­de Unternehmen sind seit weit mehr als einem Jahrhun­dert im Druck­bere­ich tätig. Die Druck­erei Bür­li AG wird von Bern­hard Bür­li als Fam­i­lien­be­trieb bere­its in der vierten Gen­er­a­tion geführt und pro­duziert neben Werbe- und Geschäfts­druck­sachen seit über 150 Jahren die eigene Lokalzeitung «Die Botschaft». Das Unternehmen Kasimir Mey­er AG wurde 1886 gegrün­det. Heute bietet «Kasi Mey­er» unter dem Geschäfts­führer und Inhab­er Beni Kiser die kom­plette Palette vom Zeitungs- über Off­set- bis Dig­i­tal­druck an.Ein Zen­time­ter Bern­hard Bür­li fis­cht ein Exem­plar der Null­num­mer vom Förder­band. Die aufge­druck­te Adresse springt ihm sofort in sein geschultes Auge – sie überdeckt einen Teil des Titel­bildes. «Wir brauchen einen Zen­time­ter mehr Rand», schätzt Bern­hard Bür­li. Patrick Honeg­ger, Technopoly­graph bei der Kasimir Mey­er AG, nickt zus­tim­mend. Bis zum Erscheinen der ersten Dop­pel­num­mer wird er die Titel­seite so verän­dern, dass Bild und Adresse einan­der nicht in die Quere kom­men. Die anwe­senden Druck­profis, der Lay­outer, die Redak­toren und auch der Fotograf blät­tern im druck­frischen Pfar­rblatt und begutacht­en die Seit­en kri­tisch, Patrick Honeg­ger macht sich Noti­zen. Auf den Innen­seit­en muss der Satzspiegel oben und unten gekürzt, auf der Front­seite die Seiten­zahlen umplatziert wer­den. Es sind die let­zten kleinen Schritte auf dem lan­gen Weg zum neuen Hor­i­zonte.Gold statt Gelb Noch immer rollt und rat­tert es. Die Druck­mas­chine im Hause Bür­li bringt laut­stark aufs Papi­er, was die Hor­i­zonte-Redak­toren und die Aar­gaur Pfar­reisekre­tari­ate im ruhi­gen Büro in die Tas­ten tip­pen. Während die Mas­chine Zeitung um Zeitung ausspuckt, bre­it­et Loris Paoluc­ci, Druck­tech­nologe bei der Fir­ma Bür­li, einzelne gedruck­te Seit­en vor sich aus. Er kon­trol­liert die Far­b­verteilung und regelt die Dosierung per Knopf­druck. Bis die Rollen mit Farbe vollge­so­gen sind, dauert es eine Weile, die Farbe wird erst nach und nach stärk­er. Schwarz, Cyan, Magen­ta und Yel­low: In dieser Rei­hen­folge druckt die Mas­chine die Far­ben aufs Papi­er. Aus den vier Far­ben lassen sich beim Vier­far­ben­druck alle Far­ben zusam­menset­zen. So auch das Gold, jene Farb­mis­chung, die – unter­stützt von den Leser-Rück­mel­dun­gen – kün­ftig das Gelb erset­zt. Die Zukun­ft von Hor­i­zonte ist far­big, denn kün­ftig erscheinen alle 26 Aus­gaben durchgängig in Farbe.Druck­er­schwärze an den Fin­gern Zwei Druck­tech­nolo­gen begleit­en den Druck­vor­gang. «Ich bin für den Schön­druck zuständig», erk­lärt Loris Paoluc­ci. Was klingt wie ein Scherz, ist «Druck­er­latein». Jedes Papi­er weist auf­grund der Her­stel­lung eine Schön- und eine Wider­seite auf. Die glat­tere Schön­seite und die etwas rauere Wider­seite wer­den bei der Fir­ma Bür­li zwar gle­ichzeit­ig bedruckt, die Far­ben müssen aber für Schön- und Wider­seite indi­vidu­ell eingestellt wer­den. Und obwohl fast alles elek­tro­n­isch läuft, tra­gen die Druck­tech­nolo­gen auch heute noch Druck­er­schwärze an den Fin­gern.Haften bleiben Physisch greif­bar zu haben, was bei den Hor­i­zonte-Mach­ern monate­lang nur im Kopf und auf dem Bild­schirm existiert hat, ist ein gutes Gefühl. Das Rat­tern der Druck­mas­chine und die ras­ante Berg- und Tal­fahrt des Papiers machen die Entste­hung des Pfar­rblatts zu einem Erleb­nis für alle Sinne. Zur sinnlichen Erfahrung gehören auch das Ergreifen des Papiers und das Rascheln beim Blät­tern. Eine Zeitung ist etwas Hand­festes. Ein Pro­dukt, das ein wenig abfär­ben kann und von dem etwas haften bleibt. Jedes Exem­plar, das aufs Förder­band plumpst, ist ein Stück Kirche zum Anfassen.Marie-Chris­tine Andres
Anne Burgmer
mehr zum Autor
nach
soben