Klo­ster Fahr: Sil­jas fei­ern 100 Jah­re Sil­ja Walter

  • Anläss­lich des 100. Geburts­tags der berühm­ten Dich­te­rin hat­te die Prio­rin des Klo­sters zu einem Sil­ja-Tag geladen.
  • Der Sil­ja-Tag fand im Rah­men einer Gedenk­wo­che zu Ehren der bekann­ten Dich­te­rin statt. An deren Ende wird am kom­men­den Sams­tag mit einem nicht öffent­li­chen Fest­akt ein Sil­ja Wal­ter-Weg ein­ge­weiht. Die­ser ist ab Sonn­tag fürs brei­te Publi­kum zugänglich.
Jeman­dem zu begeg­nen, der den glei­chen Namen trägt, ist immer etwas Beson­de­res. Über den Namen las­sen sich unter Umstän­den inter­es­san­te Gemein­sam­kei­ten ent­decken. Gestern Diens­tag, am Geburts­tag der bekann­ten Dich­te­rin Sil­ja Wal­ter, begeg­ne­ten sich im Klo­ster Fahr 19 Frau­en, die alle auf den den­sel­ben Namen hören: Sil­ja. Ire­ne Gas­smann, Prio­rin des Klo­sters Fahr, hat­te anläss­lich des Geburts­tags von Sil­ja Wal­ter im Rah­men eines soge­nann­ten Sil­ja-Tages alle Namens­vet­te­rin­nen ins Fahr ein­ge­la­den.

Sil­ja: Ein Name verbindet

1919 gebo­ren, trat die Schwe­ster des Schrift­stel­lers Otto F. Wal­ter 1948 unter dem Namen Hed­wig ins Klo­ster Fahr ein und schuf dort bis zu ihrem Tod im Jah­re 2011 ein umfang­rei­ches, schon zu Leb­zei­ten viel beach­te­tes und preis­ge­krön­tes lite­ra­ri­sches Werk. Die «mit den tan­zen­den Wor­ten» war die gebür­ti­ge Olt­ne­rin auch schon in den Medi­en genannt wor­den – nicht zuletzt wegen ihrer küh­nen Meta­phern. Gestern wäre die Schrift­stel­le­rin 100 Jah­re alt gewor­den.Es sei schön, dass so vie­le gekom­men sei­en, freut sich Prio­rin Ire­ne Gas­smann, als sie am Nach­mit­tag die Namens­vet­te­rin­nen der bekann­ten Dich­te­rin an der Klo­ster­pfor­te in Emp­fang nimmt. «Frau­en von über­all her, die sich nicht ken­nen, die aber eines ver­bin­det: Der Name.» Über die Medi­en, den eige­nen Ver­tei­ler, aber auch über Face­book und Twit­ter habe man auf den Anlass auf­merk­sam gemacht. Und es sei span­nend gewe­sen, zu erfah­ren, unter wel­chen Umstän­den die Infor­ma­ti­on dann zu den Frau­en mit dem tref­fen­den Namen gelangt sei.

Sil­ja: Ein Name dank der Dichterin

Über ihre Ärz­tin, die mit Prio­rin Ire­ne Gas­smann bekannt ist, hat Sil­ja Ant­ha­mat­ten aus Saas Alma­gell von dem Pro­jekt erfah­ren. «Letz­ten Frei­tag erst», erin­nert sich die 36-Jäh­ri­ge. Spon­tan habe sie dar­auf­hin beschlos­sen, mit ihrer Mut­ter nach Unterengstrin­gen zu kom­men. Eine vier­stün­di­ge Rei­se mit Bus und Zug. Ihre Mut­ter habe die Gedich­te von Sil­ja Wal­ter gekannt und ihr dar­auf­hin den Namen Sil­ja gege­ben, erzählt Sil­ja Ant­ha­mat­ten Der Name Sil­ja sei im Saas­tal über­dies nicht unbe­kannt. Sie ken­ne eini­ge Mäd­chen, die auf den Namen Sil­ja hören.Aus der Regi­on Zürich, den Kan­to­nen Aar­gau, Solo­thurn, Luzern und St. Gal­len sind die mehr­heit­lich jün­ge­ren Frau­en gekom­men. Im Begrüs­sungs­ge­spräch mit Prio­rin Ire­ne zeigt sich: Fast alle ver­dan­ken den Namen der Dich­te­rin. Eine gebo­re­ne Wal­ter bei­spiels­wei­se hät­te zunächst Fran­zis­ka heis­sen sol­len. Kurz vor ihrer Geburt ent­deck­te der Vater das Werk von Sil­ja Wal­ter, was einen Namens­wech­sel zur Fol­ge hat­te.Ähn­lich die Geschich­te der 20-jäh­ri­gen Silia Alet­ti, die im Gegen­satz zu den ande­ren ein «i» anstel­le eines «j» im Namen führt: «Mei­ne Gross­mutter war ein gros­ser Fan von Sil­ja Wal­ter, wor­auf ich dann die­sen Namen erhal­ten habe». Vom Sil­ja-Tag im Klo­ster Fahr erfah­ren habe sie von einer Kol­le­gin, die in Ein­sie­deln die Klo­ster­schu­le besucht. Sie selbst stam­me aus Nie­der­gös­gen, sei Solo­thur­ne­rin aus der Gegend um Olten – wie die Dich­te­rin selbst.Auch Sil­ja Hor­ber, die auf dem katho­li­schen Stadt­pfarr­amt in Zürich arbei­tet, heisst Sil­ja wegen Sil­ja Wal­ter. Sie sei das abso­lu­te Wunsch­kind gewe­sen, auf das ihre Eltern zehn Jah­re hät­ten war­ten müs­sen. Wäh­rend der Schwan­ger­schaft habe ihre Mut­ter viel Sil­ja Wal­ter gele­sen und dar­um sei rasch klar gewe­sen, wel­chen Namen das Töch­ter­lein tra­gen soll­te, erzählt die 27-Jäh­ri­ge. «Ich fin­de es gross­ar­tig, hier all die­se Sil­jas ken­nen zu ler­nen», freut sich die Zür­che­rin.

Sil­ja: Ein selbst­ge­wähl­ter Name

Die jüng­ste unter den Gästen, Sil­ja Stre­bel, ist gera­de ein­mal 13 Jah­re alt und noch sehr medi­en­scheu. Von dem Klicken der Kame­ras lässt sie sich zwar nicht beein­drucken, aber auf Fra­gen der Jour­na­li­sten möch­te sie kei­ne Aus­kunft geben. «Ja, für die Medi­en scheint das inter­es­sant zu sein, was wir hier machen», wit­zelt Prio­rin Ire­ne an die Adres­se der Kame­ra­leu­te und hat sofort die Lacher auf ihrer Sei­te.Mit Jahr­gang 1952 ist die Fran­zis­ka­n­er­schwe­ster Sil­ja Rich­li die Älte­ste in der Grup­pe. Den Namen Sil­ja habe sie sich selbst gege­ben, bezie­hungs­wei­se für ihr Leben im Klo­ster aus­ge­wählt. Schwe­ster Sil­ja gehört auch zu den ganz weni­gen Anwe­sen­den, wel­che die gros­se Dich­te­rin noch per­sön­lich ken­nen­ge­lernt haben: «Zum ersten Mal vor mei­nem Ein­tritt ins Klo­ster Bald­egg. Da war ich an einer Dich­ter­le­sung von ihr» erin­nert sich die Fran­zis­ka­ne­rin. «Ihre Tex­te haben mich ermun­tert, den Schritt in die Ordens­ge­mein­schaft zu wagen». Im Jah­re 2005 habe Schwe­ster Sil­ja ihr Vor­bild noch auf der Har­fe an einer lite­ra­ri­schen Ves­per beglei­ten dür­fen. «Es war beein­druckend, wie die­se Frau noch in hohem Alter mit einer Leich­tig­keit die Trep­pe hoch­sprin­gen konn­te», erin­nert sich die gebür­ti­ge Aar­gaue­rin.

Sil­ja: In Skan­di­na­vi­en eine Cäcilia

Auch Sil­via Cout­si­cos hat sich den Namen Sil­ja selbst gege­ben: Als Künst­ler­na­me – und auch sie in Anleh­nung an die bekann­te Dich­te­rin. Ganz im Gegen­satz zu Sil­ja Schürch, die in Finn­land zur Welt kam und ihren Namen nicht wegen Sil­ja Wal­ter bekam. In den skan­di­na­vi­schen Län­dern ist Sil­ja ein Kose­form für Cäci­lia.Auf die Teil­neh­me­rin­nen am Sil­ja-Tag war­tet ein straff orga­ni­sier­tes Pro­gramm. Nach einem gut ein­stün­di­gen Aus­tausch folgt die Bege­hung des nach dem Tod der Dich­te­rin ein­ge­rich­te­ten Sil­ja Wal­ter-Raums sowie der Besuch der Ves­per. Um 17.30 Uhr dür­fen die Frau­en dann ganz exklu­siv und ohne Medi­en­schaf­fen­de mit den Schwe­stern im Refek­to­ri­um spei­sen. Wie Hori­zon­te in Erfah­rung brin­gen konn­te, nah­men die Schwe­stern für ein­mal nicht die Mahl­zeit in Stil­le ein, son­dern setz­ten sich zwi­schen die Gäste und pfleg­ten mit die­sen einen ange­reg­ten Aus­tausch zu Käse­schnit­te und Salat.

Sil­ja: Ein Grund für Inter­es­se am Klosterleben

Im Gespräch mit Prio­rin Ire­ne Gas­smann inter­es­sie­ren sich die Anwe­sen­den für das Klo­ster­le­ben: Wie ist das Klo­ster­le­ben orga­ni­siert? Wie oft und wann wird gebe­tet? Und immer noch auf Latein? Eine der Anwe­sen­den will wis­sen, wie es denn mit Nach­wuchs aus­se­he. Prio­rin Ire­ne Gas­smann gibt bereit­wil­lig Aus­kunft und erklärt: «Wir haben schon immer wie­der Frau­en, die sich für das Leben im Klo­ster inter­es­sie­ren, aber es zeigt sich dann, dass die­se Per­so­nen sich mit den Anfor­de­run­gen an ein Leben im Klo­ster zu wenig aus­ein­an­der­ge­setzt haben. Gera­de, weil wir immer weni­ger sind und älter wer­den, brau­chen wir star­ke und gesun­de Per­sön­lich­kei­ten, wel­che die Gemein­schaft mit­tra­gen kön­nen.»Auf die Nach­fra­ge hin, wel­ches Durch­schnitts­al­ter denn die Schwe­stern hät­ten, ent­geg­net Ire­ne Gas­smann scherz­haft: «Ich weiss es nicht und will es nicht wis­sen. Die Leben­dig­keit zählt.» Dann wird die Klo­ster­vor­ste­he­rin ernst und räum­te ein, dass das Alter die Schwe­stern­ge­mein­schaft durch­aus vor Her­aus­for­de­run­gen stel­le: «Wenn jemand rund um die Uhr Pfle­ge braucht, kön­nen wir das hier bei uns nicht mehr gewähr­lei­sten.»

Sil­ja: Stoff für die Bühne

Zum Abschluss folgt für die Namens­vet­te­rin­nen der Dich­te­rin der Besuch eines Thea­ter­stücks, wel­ches Chri­sti­ne Lather und Felix Huber auf Grund­la­ge der Bio­gra­fie von Sil­ja Wal­ter geschrie­ben und kom­po­niert haben – jedes Wort stammt von Sil­ja Wal­ter. Mal nach­denk­lich und besinn­lich, mal beschwingt und wit­zig. «So früh wie die Non­nen ihr Mor­gen­lob sin­gen, kräht kein anstän­di­ger Hahn», hört man Sil­ja Wal­ter auf der Büh­ne sagen.«Wohl wür­de Sil­ja Wal­ter mei­nen, man sol­le um ihren Geburts­tag nicht so ein Thea­ter machen», meint Prio­rin Ire­ne Gas­smann vor Beginn des Stücks. «Doch an der Büh­ne hät­te sie bestimmt eine Freu­de und wür­de dar­ob glatt einen Tanz voll­füh­ren.»Die Fei­er­lich­kei­ten zum 100. Geburts­tag von Sil­ja Wal­ter dau­ern noch die gan­ze Woche an. Von heu­te Mitt­woch bis Frei­tag erzäh­len Men­schen von per­sön­li­chen Begeg­nun­gen mit der bekann­ten Dich­te­rin. Am Sams­tag, 27. April, wird dann der Sil­ja Wal­ter-Weg eingeweiht.
Andreas C. Müller
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