
Bild: © Redaktion Lichtblick
Das hat uns bewegt
Die Redaktorinnen haben das vergangene Jahr noch einmal Revue passieren lassen. Lesen Sie rein, was uns bewegt hat.
Welchen Beitrag fanden wir am spannendsten zu lesen und warum?
Eva Meienberg (eme): Spannend sind für mich die Begegnungen mit den Menschen. Recherche machen, Leute treffen.
Leonie Wollensack (lwo): Würdest du sagen, du schaffst es auch, das in die Beiträge zu übertragen? Denn diese Begegnungen bekommen die Lesenden ja nicht mit, sondern halten am Ende einfach den Text in den Händen.
eme: Ich versuche natürlich, das, was ich erlebt habe, zu vermitteln, was nicht immer gleich gut gelingt.
Marie-Christine Andres (mca): Im Fall von Frau Silva in Ausgabe 3 ist es dir, Eva, gut gelungen zu zeigen, wie sie lebt und was sie bewegt und wie sie ihr Leben zusammenhält. Für mich waren die spannendsten Beiträge die, bei denen ich mit dabei war und mich darauf eingelassen habe. So entdecke ich Dinge viel tiefer und kann anders darüber berichten. Ich finde, das merkt man dem Text beim Lesen an.
eme: Ja, es lohnt sich eigentlich immer, sich ins Getümmel zu stürzen und nicht nur vom Schreibtisch aus zu arbeiten.
lwo: Ich finde immer die Beiträge spannend, in denen gesellschaftlich aktuelle und relevante Themen mit Religion zusammenkommen. Zum Beispiel die Themen Künstliche Intelligenz und Religion, radikale Religion oder die Klimaseniorinnen. Diese Themen werden auch von verschiedenen anderen Medien beleuchtet. Wir bringen in unseren Beiträgen dann den kirchlichen, theologischen Blick mit rein.
mca: Ja, mich beschäftigt die Frage: Wo kann Kirche etwas beitragen und vielleicht eine andere Sicht einbringen?
eme: Ich finde aber auch Beiträge spannend, in denen die Menschen entdecken können, welche Facetten Christlichsein hat und auf welche Weisen sie diese erleben können. In denen die Leserinnen und Leser spirituelle Impulse durch Menschen erhalten, die auf ihre Art Religion leben, wie beispielsweise im Waldkloster.
Welcher Beitrag hat mehr Rückmeldung gegeben als erwartet?
mca: Ich hätte nicht gedacht, dass die Osterausgabe mit Peach Weber so polarisiert. Ich habe unterschätzt, dass die Menschen bei der Osterausgabe etwas völlig anderes auf der Frontseite erwartet haben. Das hat schon viele negative Rückmeldungen gegeben, aber auch positive.
eme: Ich fand es überraschend, dass es beim Text über die von Armut betroffene Frau Silva so viele negative Reaktionen gab. In meinem Verständnis gehört die karitative Haltung von Katholikinnen und Katholiken zu ihrer DNA. Aber viele haben gegenüber den Äusserungen von Frau Silva Unverständnis bekundet.
lwo: In vielen Rückmeldungen ist ein «mir geht es doch auch schlecht, aber ich beschwere mich nicht, kämpfe mich halt durch und gehe damit nicht an die Öffentlichkeit» mitgeschwungen.
eme: Aber sie hat ihr Leid ja nicht nach vorne gekehrt, sondern lediglich erzählt, wie sie ihr Leben bewältigt. Und das hat man ihr übelgenommen.
Was ist uns schwergefallen?
lwo: Ich finde es schwer, die Waage zu halten bei den Themen, die für die verschiedenen Zielgruppen des Pfarrblatts relevant sind. Die Bandbreite der Lesenden ist gross: Menschen, die kirchenfern sind und ausser dem Pfarrblatt keinen Bezug mehr zur Kirche haben, Menschen, die regelmässig in die Kirche gehen und engagiert sind, alte Menschen, junge Menschen, progressive Menschen, konservative Menschen. Ich finde, es ist eigentlich unmöglich, einen Text zu schreiben, der alle anspricht. Wir bekommen immer von irgendeiner Seite Gegenwind. Und ich muss sagen, das frustriert mich schon.
eme: Mir persönlich fallen diese «leicht verdaulichen» Beiträge schwer. Klar, wir können Rezepte und Witze bringen, aber ehrlich gesagt widerstrebt mir das immer noch. Das ist gar nicht intuitiv für mich. Da googelt man sich einfach was zusammen. Bei den klassischen Artikeln habe ich das Gefühl, ich habe etwas Richtiges gemacht.
lwo: So spannend, weil ich habe da die Weihnachtsausgabe vor Augen und da hat mir genau diese Mischung Spass gemacht. Auf der einen Seite einen Text zu verfassen, der gut verständlich Theologie erklärt und andererseits Tipps zu geben, die die Lesenden gleich anwenden können. Da wurden für mich Tiefgang und Lockerheit verknüpft. Vielleicht hat mir das auch so Spass gemacht und so gut gefallen, weil ich das Gefühl hatte, diesmal bekommen wir unsere verschiedenen Zielgruppen zusammen. Endlich mal ein Text, der allen gefallen könnte.
Wie gehen wir mit der (zum Teil despektierlichen) Kritik um?
lwo: Wir beantworten grundsätzlich jedes Mail ein Mal. Bei unseren Antworten gehen wir weg von der persönlichen Ebene, auf der uns viele Rückmeldungen treffen. Ich zum Beispiel antworte auf einer sachlichen, inhaltsbezogenen Ebene auf die Punkte, auf die ich sachlich eingehen kann. Aber gleichzeitig spiegle ich den Leuten auch, dass sie gerade in einem respektlosen Ton sprechen und mich persönlich angreifen.
mca: Ich würde sagen, wir hinterfragen uns schon aufgrund der Rückmeldungen, da wo wir die Kritik ernst nehmen können und sie so formuliert ist, dass wir verstehen, worauf sie konkret Bezug nimmt.
eme: Kritische Rückmeldungen sind nicht das Problem. Sondern die unhöflichen, persönlichen, verbalen Angriffe.
mca: Ich glaube, es gibt Menschen, die wollen gar nicht diskutieren, die wollen einfach Frust loswerden. Und mit denen habe ich meine Mühe. Menschen, die sich einfach rausnehmen, jemanden zu beleidigen, nur weil die Redaktorinnen nicht das geschrieben haben, was sie gerne lesen würden.
Welche Themen haben wir gerne behandelt? Welche eher weniger?
mca: Ich fand das Thema Missbrauch schwierig.
eme: Ich finde es gut, dass wir das Thema immer wieder aufgreifen, weil wir damit einen Beitrag zur Aufarbeitung und Prävention leisten.
mca: Gerne habe ich Themen behandelt, bei denen ich etwas Neues gelernt habe, von Menschen, die einen ganz anderen Hintergrund haben und im Leben etwas ganz anderes machen als ich.
eme: Mir gefällt, wenn ich durch meine Recherchen verstehen lerne, warum jemand so und nicht anders denkt, und ich besser nachvollziehen kann, warum das so ist. Das finde ich immer sehr erhellend und spannend.
Nach welchen Grundsätzen arbeiten wir?
eme: Wir arbeiten nach journalistischen Grundsätzen. Wir machen Journalismus, keine Verkündigung. Ich glaube, das ist vielen nicht bewusst. Gleichzeitig haben wir Vorgaben vom Projektteam: Wir sollen vor allem kirchenferne Menschen erreichen und unser Themenspektrum so gestalten, dass für alle was dabei ist. Das ist unser Auftrag, den wir einzulösen versuchen.
Wie läuft die Zusammenarbeit im Redaktionsteam?
lwo: Was ich sehr schätze, ist die Hilfsbereitschaft innerhalb des Teams. Ihr seid immer da, wenn ich irgendwas brauche.
eme: Ich schätze eure hohe Motivation.
lwo: Ich finde deinen kritischen Blick wertvoll, den du oft einbringst, Eva.
eme: Jede von uns hat ihre besonderen Stärken. Von dir, Leonie, können wir das Strukturierte übernehmen, sich für eine bestimmte Sache einen bestimmten Zeitrahmen zu nehmen und es darin fertig zu machen. Und von dir, Marie-Christine, können wir uns die Flexibilität und Kreativität abschauen: «Es funktioniert nicht wie geplant, also machen wir es anders.» Du hast einfach immer einen Plan B.
lwo: Und der funktioniert auch!
mca: Ja, das ist eine grosse Stärke, dass wir uns gegenseitig so ergänzen und darauf vertrauen können, dass am Ende alles gut funktioniert.