Da, wo du bist, ist Leben für alle

Der Okto­ber ist Welt­mis­si­ons­mo­nat. Und seit 1926 wird am vor­letz­ten Sonn­tag im Okto­ber der Welt­mis­si­ons­sonn­tag gefei­ert. Die Idee dahin­ter: Die Gläu­bi­gen sol­len sich bewusst wer­den, dass die Kir­che weder an der Pfarrei‑, Bis­tums- noch an der Lan­des­gren­ze endet, son­dern eine welt­weit ver­netz­te Gemein­schaft bildet.Erst­mals in der Schweiz wur­de am 1. Okto­ber 2016 der Welt­mis­si­ons­mo­nat mit einem Got­tes­dienst eröff­net. Als Ort des Fei­erns wur­de die Kir­che St. The­res in Frei­burg gewählt, denn die Hei­li­ge Thé­rè­se von Lisieux ist Patro­nin der Welt­mis­si­on. Sie ver­stand ihre Lebens­auf­ga­be dar­in, nicht das Aus­ser­ge­wöhn­li­che, son­dern das Gewöhn­li­che aus­ser­ge­wöhn­lich gut zu voll­brin­gen.

Katho­lisch – alle umfassend

Der Welt­mis­si­ons­sonn­tag führt zur Mis­si­on, dem grund­le­gen­den Auf­trag der Kir­che, das Leben zu meh­ren. Mar­tin Brun­ner-Artho, Direk­tor von Mis­sio Schweiz, dem inter­na­tio­na­len katho­li­schen Mis­si­ons­werk: «Wenn Men­schen sich berüh­ren las­sen vom Schick­sal des ande­ren, wird das Neben­ein­an­der zum Mit­ein­an­der. Oder wie es das Leit­the­ma der dies­jäh­ri­gen Akti­on aus­drückt: Da, wo du bist, ist Leben für alle. Denn auch die Lie­be Got­tes endet weder an der Pfarrei‑, noch an der Bis­tums- oder Lan­des­gren­ze.»

Geben und Nehmen

«Tat­säch­li­che Freund­schaft ist Freund­schaft in der Tat», besagt ein kenia­ni­sches Sprich­wort, das zum Welt­mis­si­ons­mo­nat bezie­hungs­wei­se Welt­mis­si­ons­sonn­tag passt. Denn zur Fei­er der Gemein­schaft gehört die Fei­er der Soli­da­ri­tät. Weil der Welt­mis­si­ons­sonn­tag rund um den Glo­bus statt­fin­det, wird auch in allen Pfar­rei­en die­sel­be Kol­lek­te auf­ge­nom­men, ob sie nun arm oder reich ist, im Nor­den oder Süden liegt.

Gast­kir­che Kenia

Zudem stellt Mis­sio jedes Jahr im Monat der Welt­mis­si­on die Kir­che eines bestimm­ten Lan­des ins Zen­trum. Im 2016 ist es Kenia. Die katho­li­sche Kir­che ist erst seit gut 50 Jah­ren in Kenia prä­sent und wur­de anfäng­lich als Hilfs­or­ga­ni­sa­ti­on gese­hen. Die Her­aus­for­de­run­gen, mit denen die Men­schen in Kenia kon­fron­tiert sind, sind exi­sten­ti­el­ler Natur. Des­halb ist die Kir­che gefor­dert, exi­sten­ti­ell rele­van­te Ant­wor­ten zu geben. Bil­dung ist einer der Schwer­punk­te der dor­ti­gen kirch­li­chen Arbeit. Sie eröff­net Män­nern und Frau­en Räu­me, um Ver­ant­wor­tung in Kir­che und Gesell­schaft zu über­neh­men.

Che­fin werden

«Heu­te gibt es Frau­en, die in ihren Volks­grup­pen Chiefs oder Assi­stent Chiefs sind.» erklärt Yolan­da Mava­sa stolz. «Nicht so wie frü­her, als eine Frau kei­ne Chan­ce hat­te, ein sol­ches Amt inne zu haben.» Die zier­li­che Frau gehört zur Eth­nie der Tur­ka­na, einem tra­di­tio­nel­len Noma­den­volk im Nor­den Keni­as. Zusam­men mit wei­te­ren Frau­en und Män­nern aus fünf ver­schie­de­nen Eth­ni­en nimmt sie an einer Wei­ter­bil­dung der katho­li­schen Kir­che im Bis­tum Maral­al teil. Hier im Nor­den Keni­as ist eine funk­tio­nie­ren­de Infra­struk­tur kaum vor­han­den. Es feh­len Schu­len, Gesund­heits­sta­tio­nen und ande­re sozia­le Ein­rich­tun­gen. Umso wich­ti­ger ist des­halb das Bil­dungs­an­ge­bot der Kir­che.

Ent­schei­dun­gen treffen

Vom Bil­dungs­pro­gramm pro­fi­tie­ren vor allem Mäd­chen und jun­ge Frau­en. «Wenn du eine Aus­bil­dung erhältst, kannst du sel­ber Ent­schei­dun­gen tref­fen», unter­streicht Fran­cis­ca Seria­nae selbst­be­wusst das Enga­ge­ment der Kir­che. Fran­cis­ca, eine Sam­bu­ru-Frau, weiss, wovon sie spricht. In der Kul­tur ihrer Eth­nie gibt es die Beschnei­dung von Mäd­chen und die Kin­der­ehe: «Manch­mal wur­den zwölf­jäh­ri­ge Mäd­chen 35-jäh­ri­gen Män­nern gege­ben.» Aber hier voll­zieht sich ein Wan­del, wenn auch nur lang­sam.Es sind zum Bei­spiel die Ordens­frau­en der Mary Imma­cu­la­te Kon­gre­ga­ti­on, die betrof­fe­ne Mäd­chen in einem Zen­trum auf­neh­men und vor einer Kin­der­ehe schüt­zen. «Sie hel­fen wirk­lich», sagt Fran­ce­s­ca über die Arbeit der Schwe­stern und resü­miert: «Durch Bil­dung und das Chri­sten­tum ver­än­dern sich die Din­ge Schritt für Schritt zum Bes­se­ren.»

Die Früch­te der Arbeit sehen

Der ita­lie­nisch­stäm­mi­ge Bischof Vir­gi­lio Pan­te aus dem Bis­tum Maral­al in Nord­ke­nia erzählt – nicht ohne Stolz – von den Erfol­gen der Bil­dung: «Die­je­ni­gen, die vor dreis­sig Jah­ren in unse­ren Schu­len waren sind heu­te Füh­rungs­per­so­nen. Vie­le, die sich in der Poli­tik hier enga­gie­ren, waren unse­re Schü­ler.» Über­dies hilft der gemein­sa­me Glau­be auch, die Gren­zen zwi­schen den Eth­ni­en zu über­win­den. Fran­cis­ca Seria­nae: «Wir sind vie­le aus unter­schied­li­chen Gemein­schaf­ten, doch im Moment, wenn wir zur Kir­che kom­men, wer­den wir eins.»

Stär­ker und akti­ver werden

Ruth Soo Olo­ko ist den kirch­li­chen Schu­len dank­bar, da sie ihr die nöti­ge Bil­dung ermög­licht haben: «Zusam­men mit Kate­che­tin­nen und Kate­che­ten habe ich Bücher gele­sen und ent­deckt, dass in der Kir­che die Per­son gebil­det wird.» Die ganz­heit­li­che Bil­dung, die sie genies­sen durf­te, hat sie rei­fen las­sen genos­sen: «Die­se Bil­dung hat mich ver­ste­hen las­sen, wer ich in der Kir­che bin und wel­che Rol­le ich dort habe, gera­de als Frau. Ich hat­te ein gros­ses Inter­es­se am Ler­nen, sodass ich mei­nen Glau­ben an Jesus Chri­stus bes­ser ver­ste­hen konn­te und er stär­ker und akti­ver wur­de.»

Ohne Frau­en wäre die Kir­che langweilig

Ruth arbei­tet in Karen, in einer Pfar­rei am Rand der Mil­lio­nen­stadt Nai­ro­bi in Kenia. Sie ist Ani­ma­to­rin und Kate­che­tin von Mis­sio in Kenia und betreut ver­schie­de­ne Kin­der­grup­pen. Das tut sie neben ihren Auf­ga­ben als ver­hei­ra­te­te Frau und Mut­ter von zwei klei­nen Kin­dern. Ihre Erfah­run­gen als Fami­li­en­mut­ter über­trägt sie in ihr Wir­ken als enga­gier­te Frau in der Kir­che.

Licht der Kir­che sein

Sie sagt es so: «Die Rol­le der Frau­en in der Kir­che hier in Kenia ver­ste­he ich so, dass wir unser Zuhau­se und die Kir­che zum Leuch­ten brin­gen. Wenn ich nicht da wäre, wür­de sich mein Mann die gan­ze Zeit dar­über beschwe­ren, dass es zu Hau­se lang­wei­lig sei. Auch mei­ne Kin­der wür­den sich beschwe­ren. Aber durch mei­ne Prä­senz ist unser Zuhau­se ein leben­di­ges Zuhau­se. Das Glei­che gilt für die Kir­che: Eine Kir­che ohne Frau­en wäre eine lang­wei­li­ge Kir­che und der Glau­be wäre schwä­cher. Es gäbe kei­ne Kin­der mehr, weil die Frau­en die Kin­der in die Kir­che mit­brin­gen, ganz beson­ders die klei­nen Kin­der. Wir sagen immer, die Frau ist das Licht; das Licht der Kir­che, das Licht in ihrem Heim.»
Redaktion Lichtblick
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