
Bild: © Johanna Moser
Anteil nehmen am Weltgeschehen
Am vierten «DispuTALK» in Baden war der Publizist Urs Meier zu Gast
Der Theologe und Publizist Urs Meier war lange Jahre im Bereich der kirchlichen Medien tätig. Am vierten «DispuTALK» sprach er mit Moderator Hans Strub über Handys, Medienkonsum und die Rolle kirchlicher Medien.
Hans Strub und Urs Meier kennen sich schon seit vielen Jahren. Zum Zeitpunkt ihrer ersten Begegnung war Urs Meier als Pfarrer in St. Gallen tätig. Nach acht Jahren im Pfarramt wechselte er als Fernsehbeauftragter in die kirchliche Medienarbeit. «Seither war er für mich derjenige, der die reformierten Medien repräsentiert hat», sagt Hans Strub.
Die Badener Disputation im Jahr 1526 war ein historischer Meilenstein für den Dialog zwischen den Konfessionen in der Schweiz. Die Gespräche über die theologischen Wahrheiten und Glaubensgrundlagen fanden während drei Wochen im Mai und Juni 1526 in der Badener Stadtkirche statt, Teilnehmer waren Vertreter der 13 Alten Orte der Eidgenossenschaft sowie Theologen aus dem In- und Ausland. Zur 500-Jahr-Feier der Badener Disputation organisieren die Reformierte Kirche Baden plus und die Katholische Kirchgemeinde Baden-Ennetbaden ein umfangreiches Jubiläumsprogramm unter dem Titel «Disput(N)ation». Das Projekt will Geschichte lebendig machen, den Dialog in der Gesellschaft stärken und verschiedenste Menschen einbinden.
Repräsentant der reformierten Medien
Tatsächlich kommt Urs Meier eine bedeutende Rolle im Zusammenhang mit der Entwicklung der reformierten Medien der Deutschschweiz zu. Nachdem er einige Jahre als Fernsehbeauftragter gearbeitet hatte, baute er den Verein «Reformierte Medien» auf, ein Zentrum der Deutschschweizer reformierten Kirchen für Medienproduktion, ‑beratung und ‑schulung. Urs Meier leitete die «Reformierten Medien» bis ins Jahr 2011 und blieb der kirchlichen Medienarbeit auch danach noch treu. So ist er seit seiner Pensionierung unter anderem als Autor und Redaktionsmitglied bei der Online-Zeitung «Journal21» tätig.
Die Ambivalenz von Handy und Internet
Zum Einstieg in den vierten «DispuTALK» brachte Hans Strub die Rede auf ein Gerät, das eng mit dem Thema der Medien zusammenhängt und mittlerweile für die meisten von uns zum ständigen Begleiter im Alltag geworden ist: das Handy. Es vereinfacht das Leben in vielerlei Hinsicht, hat aber auch Schattenseiten. Gerade für junge Menschen bergen das Handy und der damit verbundene Zugang zur digitalen Welt erhebliche Risiken. Auf die Frage, ob seiner Meinung nach die negativen Aspekte von Handys und Internet überwiegen würden, meint Urs Meier dennoch: «Ich wäre vorsichtig damit, solche Neuerungen zu verteufeln. Es ist schwierig, eine Entwicklung zu beurteilen, in der man selbst gerade mittendrin steckt. Es braucht immer eine gewisse Beobachtungsdistanz, damit man solche grossen Entwicklungen beurteilen kann. Diese Distanz haben wir im Moment noch nicht». Eine Folge der verstärkten Verbreitung neuer Medien sei aber tatsächlich schon heute ersichtlich, meint Urs Meier: «Die Art medialer Arbeit, bei der Inhalte wirklich ordentlich redaktionell aufgearbeitet und vermittelt werden, ist im Rückgang».
Und noch etwas beschäftigt Urs Meier: Viele Menschen würden Medien entweder gar nicht mehr oder nur zur Unterhaltung konsumieren. Die Zahl jener, die wirklich offen dafür sei, Informationen aufzunehmen und sich mit ihnen auseinanderzusetzen, hätte abgenommen. Dies wiederum könne sich auf die öffentliche Meinungsbildung und unser Verständnis von Demokratie auswirken. Urs Meier findet es schade, dass immer mehr Menschen bewusst keine (klassischen) Medien mehr konsumieren und sich somit nicht mehr damit auseinandersetzen, was um sie herum in der Welt geschieht. Er würde sich wünschen, dass die Menschen nicht nur ihr eigenes Leben aktiv gestalten, sondern auch an ihrer Umwelt teilhaben würden.
Die Bedeutung kirchlicher Medien ist schwer greifbar
Auf die Frage von Hans Strub, welche Wirkung die kirchlichen Medien hätten, meint Urs Meier, dass dies gar nicht so leicht herauszufinden sei. Zwar gibt es Statistiken dazu, wie viele Menschen in der Schweiz kirchliche Medien konsumieren. Doch die konkrete gesellschaftliche Bedeutung dieser Medien ist sehr viel schwerer fassbar. Sie wird beispielsweise durch persönliche Rückmeldungen von Leserinnen, Zuhörern und Fernsehzuschauerinnen sichtbar. So erzählt Urs Meier, es komme vor, dass man – teilweise lange nach dem Erscheinen eines Medienbeitrags – mitbekomme, wie dieser eine Person geprägt und deren Leben beeinflusst hat. Die Wirkung der kirchlichen Medien systematisch zu erfassen, ist also schwierig. Und doch ist unzweifelhaft, dass kirchliche Zeitungen, Radio- und Fernsehsendungen bei ihrem Publikum etwas in Bewegung setzen. Die Zukunft der kirchlichen Medien ist dennoch ungewiss. Urs Meier veranschaulicht dies am Beispiel der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG): «Die SRG macht einen Service public; das heisst, sie muss bestimmte Dienste für die Allgemeinheit erbringen. Bisher herrscht noch der Konsens, dass die Kirchen in diesem Dienst einen Platz haben sollten. Wir wissen jedoch nicht, ob das für immer so bleiben wird, sollten sich die Kirchen noch stärker zu einem Randphänomen in der Gesellschaft entwickeln.»
Zum Schluss des Gesprächs bittet Hans Strub seinen Gast, eines der vier Leitworte der Gesprächsreihe «DispuTALK» — Frieden, Hoffnung, Zukunft und Liebe – zu wählen. Urs Meier entscheidet sich für den Begriff der Liebe. Für ihn zeigt sich diese insbesondere im liturgischen Element der Fürbitte, steht man mit einer Fürbitte doch symbolisch für andere ein und zeigt, dass man an ihrem Schicksal teilnimmt. So, wie Urs Meier hofft, dass wieder mehr Menschen Medien konsumieren und auf diese Weise an ihrer Umwelt teilhaben.
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Streiten, aber auf gemeinsamem Fundament
