Friedensprozess um Jahre zurückgeworfen
Pater NikodeÂmus, wie schätzen Sie die gegenÂwärÂtige Lage im HeiliÂgen Land ein?
NikodeÂmus SchnÂabel: Ich fühÂle mich zurückÂgeÂworÂfen in das Jahr 2012, dem letÂzten GazaÂkrieg. PosÂiÂtive BeweÂgunÂgen in RichÂtung Frieden und VerÂsöhÂnung wie etwa die IniÂtiaÂtive von John KerÂry, der Besuch von Papst Franziskus oder das TreÂfÂfen von PalästiÂnenserÂpräsiÂdent MahÂmud Abbas und dem israelisÂchen PräsiÂdenÂten SchiÂmon Peres im Vatikan scheinen wie verÂpufft zu sein.
Wie betÂrifft die gegenÂwärÂtige GewalÂteskalaÂtion die ChrisÂten vor Ort?
Die ChrisÂten sind wie immer diejeniÂgen, die mit leisÂesÂter Stimme sprechen, die keinen radikalen Flügel unterÂhalÂten. Sie komÂmen in der Wahrnehmung dieses KonÂflikÂtes zwisÂchen jüdisÂchen Israelis und musÂlimÂisÂchen PalästiÂnensern nicht vor. Die ChrisÂten sind somit vergessene Opfer, weil sie zahlenÂmäsÂsig untergeÂhen. AllerdÂings würde ich auch sagen, dass ChrisÂten hier schon anderes durchgemacht haben und auch das überÂsteÂhen, sie haben eine ÜberÂlebensÂmenÂtalÂität.
Gibt es konkrete AuswirkunÂgen für das Leben der DorÂmiÂtio-Abtei?
Vor und während des PapÂstÂbeÂsuchÂes gab es viel AufreÂgung um die Nutzung des Abendmahlsaales. Es kam zu antichristlichen DemonÂstraÂtioÂnen und auf die Abteikirche ist ein BranÂdanÂschlag verübt worÂden. Dies alles ist jetÂzt in den HinÂterÂgrund getreten. Zynisch könÂnte man sagen, es gibt jetÂzt «Wichtigeres».
Die jüngÂste EskalaÂtion folÂgt auf den Besuch des PapÂstes im HeiliÂgen Land und das FriedensÂgeÂbet, zu dem Papst Franziskus PalästiÂnenserÂpräsiÂdent MahÂmud Abbas und Israels PräsiÂdent SchiÂmon Peres in den Vatikan einÂgeÂladen hat. Sehen Sie eine Verbindung zwisÂchen den verÂstärkÂten BemühunÂgen um Frieden und dem wachÂsenden ExtremÂisÂmus?
Der Papst ist nicht an der EskalaÂtion schuld, aber der FriedenÂsprozess und die HandÂlunÂgen des PapÂstes haben beiÂden KonÂflikÂtÂparteien viel abverÂlangt. Während des PapÂstÂbeÂsuchÂes hatÂten nach meinÂer EinÂschätzung die modÂerÂatÂen Kräfte die OberÂhand, was die radikalen Kräfte grumÂmelÂnd hinÂnehmen mussten. JetÂzt verÂfallÂen beiÂde SeitÂen wieder in altÂbekanÂnte Muster und fast scheint es so etwas wie ein AufatÂmen zu geben: Endlich weiss man wieder, wo dran man ist. Ich habe das Gefühl, dass viele MenÂschen mit den FriedensiniÂtiaÂtivÂen überÂfordert waren. Man verÂlässt sich lieber auf die bekanÂnten HasÂsÂmuster, als auf den anderen zuzugeÂhen, das ist zu anstrenÂgend. Für die DialogÂbeÂweÂgung ist die EskalaÂtion allerdÂings ein Faustschlag. Viele, die sich sehr für den Frieden engagieren, sind frusÂtriÂert und entÂtäuscht.
Ist in abseÂhbarÂer Zeit mit Frieden oder zuminÂdÂest dem Ende der Gewalt zu rechÂnen?
Der FriedenÂsprozess ist sehr weit zurückÂgeÂworÂfen worÂden, viele Schritte wurÂden zunichte gemacht. JetÂzt ist viel WiederÂaufÂbau nötig, das VerÂtrauen muss wiedergeÂwonÂnen werÂden. Was passieren kann, und darauf hoffe ich: Wenn die gesunde ZivilgeÂsellschaft in Israel, die in diesem KonÂflikt der stärkere PartÂner ist, sich kriÂtisch in Frage stellt und StereoÂtypen entÂlarvt, etwa in Bezug auf die bishÂer behauptete moralisÂche ÜberÂlegenÂheit, dann könÂnten daraus zarte Pflänzchen entsteÂhen und ein Umdenken einÂsetÂzen. Denn letÂzten Endes gibt es nur zwei AlterÂnaÂtivÂen: Den kräftezehrenÂden und auch ökonomisch schädlichen StaÂtus Quo des KonÂflikÂts oder die zarte Stimme der VerÂnunÂft gegen RasÂsisÂmus.
kipa/acm



