Maria Magdalena
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Maria Magdalena

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Wiederentdeckung einer sinnlich-musikalischen Interpretation

Musikalis­che Wieder­ent­deck­un­gen sind eine aufre­gende Sache. Anders als bei bekan­ntem Reper­toire kommt das Pub­likum in den Genuss der Span­nung und Über­raschung, die das erst­ma­lige Hören ein­er Musik mit sich bringt — ganz so wie bei ein­er Urauf­führung. Am 23. Juni wird in der Klosterkirche Mari­astein zum ersten Mal seit über drei­hun­dert Jahren das Ora­to­ri­um «Il Tri­on­fo del­la Grazia overo La Con­ver­sione di Mad­dale­na» («Der Tri­umph der Gnade oder Die Bekehrung der Mag­dale­na») von Anto­nio Maria Bononci­ni wieder erklin­gen.
Das Ora­to­ri­um war eines der bedeu­tend­sten kün­st­lerischen Aus­drucksmit­tel der Gegen­re­for­ma­tion. Es entwick­elte sich par­al­lel zur Oper im Ver­lauf des 17. Jahrhun­derts in Ital­ien und ver­bre­it­ete sich von dort aus im übri­gen Europa. Durch die Über­tra­gung der aus­drucksstarken musikalis­chen Sprache auf religiöse Dra­men ent­stand gewis­ser­massen ein geistlich­es The­ater, das die Zuhörer/innen nicht nur unter­hal­ten, son­dern auch spir­ituell anre­gen und moralisch belehren sollte. Ähn­lich wie in der zeit­genös­sis­chen religiösen Malerei dreht­en sich die The­men um Hero­is­mus, Lei­den, Laster, Askese, Mys­tizis­mus und Sinnlichkeit bis hin zur Erotik.Im Mit­telpunkt des fes­sel­nden Werks «Il Tri­on­fo del­la Grazia overo La Con­ver­sione di Mad­dale­na», das Anto­nio Bononci­ni 1707 für die kaiser­liche Kapelle des musik­lieben­den Kaisers in Wien schuf, ste­ht Maria Mag­dale­na. An ihre Seite treten die bei­den alle­gorischen Fig­uren «La Gioven­tù» (die Jugend) und «La Pen­iten­za» (die Reue). Maria Mag­dale­na wurde auf­grund ihrer Gle­ich­set­zung mit der fuss­waschen­den Sün­derin im Luka­se­van­geli­um und ihrer Inter­pre­ta­tion als Pros­ti­tu­ierte zu einem beliebten Motiv in der bilden­den Kun­st des Barock. Dieses Sujet erlaubte es den Künstlern/innen den weib­lichen Kör­p­er in geistlichem Kon­text sinnlich und ero­tisch darzustellen. Dieselbe Sinnlichkeit find­et sich auch in der musikalis­chen Herange­hensweise an das The­ma wieder. Im von Kar­di­nal Benedet­to Pam­philj geschaf­fe­nen Libret­to von «Il Tri­on­fo del­la Grazia» bildet die — schlussendlich gelöste — Span­nung zwis­chen der jugendlichen Sinnlichkeit und der Busse das zen­trale Gestal­tungse­le­ment.Die drei Sänger/innen der Auf­führung von 1707, die Sopranistin Cuni­gun­da Sut­ter von Rosen­feldt, der Tenor Gio­van­ni Buz­zoleni und der Altist Gae­tano Felice Orsi­ni, zählten zu den gefragtesten Gesangssolis­ten am Wiener Hof. In diesem Werk wur­den höch­ste Anforderun­gen an ihre Vir­tu­osität und Aus­druck­skraft gestellt. Der sinnliche Gehalt der Kom­po­si­tion spiegelt sich jedoch auch in der reich­halti­gen Beset­zung des Instru­men­tal­ensem­bles wider, das weit mehr als nur eine beglei­t­ende Funk­tion innehat. Ver­schiedene Soloin­stru­mente wie Chalumeau, Tra­ver­sière, Bas­son de Chalumeau, Gam­ben, Vio­li­nen und Vio­lon­cel­li ste­hen in inten­sivem Dia­log mit den Gesangsstim­men und sor­gen für über­raschende Klang­far­ben. Anto­nio Bononci­nis hohe kom­pos­i­torische Fer­tigkeit­en zeigen sich beson­ders in der kom­plex­en Kon­tra­punk­tik der einzel­nen Arien und in seinem kreativ­en Umgang mit musikalis­chen For­men. Er fes­selt das Pub­likum nicht durch plumpe Effek­te oder inhalt­sleere Vir­tu­osität, son­dern durch die kun­stvolle Darstel­lung der emo­tionalen Tiefe des Libret­tos vom ersten bis zum let­zten Ton.In der Klosterkirche Mari­astein musiziert – gemein­sam mit erstk­las­si­gen Solisten/innen – das Ensem­ble «Il Fuo­co eter­no», das es sich zum Ziel geset­zt hat, das Feuer für diese beson­ders faszinierende Epoche der europäis­chen Musikgeschichte neu zu ent­fachen.
Christoph Anzböck, Leitung des Ensem­bles «Il Fuo­co eter­no»  â€” - — - — - — - — - — - — - — - — - â€” - — - — - — - — - — - — - — - — - â€” - — - — - — - — - — - — - — - — -Son­ntag, 23. Juni 2024, 16.00 Uhr «Il Tri­on­fo del­la Grazia, overo La Con­ver­sione di Mad­dale­na» â€“ Ora­to­ri­um von Anto­nio Maria Bononci­ni Jen­ny Högström: Maria Mad­dale­na, Jakob Pil­gram: La Pen­iten­za, Alex Pot­ter: La Gioven­tù, Ensem­ble: Il Fuo­co eter­no unter der Leitung von Christoph Anzböck weit­ere Infos und Tick­ets hier.
Redaktion Lichtblick
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