Wider den Autoritätsglauben, für Freiheit in der Kirche!

Wider den Autoritätsglauben, für Freiheit in der Kirche!

  • Am Son­ntag, 26. März, hat die Preisver­lei­hung der Her­bert Haag Stiftung in der Luzern­er Lukaskirche stattge­fun­den.
  • Der Her­bert Haag Preis 2023 ging an Julia Enx­ing und das the­ol­o­gis­che Online-Feuil­leton Fein­schwarz.
  • Mit der Ver­gabe wird das Bemühen der Preisträgerin­nen und Preisträger gewürdigt, den innenkirch­lichen Bere­ich zu über­winden und The­olo­gie in säku­laren Kon­tex­ten zu betreiben, schreibt die Her­bert Haag Stiftung.

Her­bert Haag grün­dete die gle­ich­namige Stiftung 1985. Damals sei die Kirche von ein­er Hoff­nung auf Wan­del durch das Zweite Vatikanis­che Konzil getra­gen gewe­sen, sagte Irm­traud Fis­ch­er, Mit­glied des Stiftungsrates und Pro­fes­sorin an der Uni­ver­sität Graz in ihrer Lau­da­tio auf Fein­schwarz. Darum engagierte sich Her­bert Haag für die Frei­heit in der Kirche, denn er sah sie durch das Lehramt bedro­ht. Der Bibel­wis­senschaftler lehrte ab 1960 gemein­sam mit Hans Küng während 20 Jahren an der Uni­ver­sität Tübin­gen. Nach sein­er Emer­i­tierung engagierten sich die Fre­unde während 20 Jahren in der Her­bert Haag Stiftung.

Achtung für das Leben an sich

Als eine der stärk­sten Stim­men der Deutschsprachi­gen Schöp­fungs­the­olo­gie wurde die Preisträgerin Julia Enx­ing von Stiftungsrätin Ute Leim­gru­ber gewürdigt. Seit 2020 ist Julia Enx­ing Pro­fes­sorin für Sys­tem­a­tis­che The­olo­gie am Insti­tut für Katholis­che The­olo­gie an der Tech­nis­chen Uni­ver­sität Dres­den. Ihre ober­ste Maxime sei die Achtung für das Leben an sich: «Die Würde jed­er Krea­tur ist unan­tast­bar», zitierte Ute Leim­gru­ber die Preisträgerin in ihrer Lau­da­tio. Julia Enx­ings Ver­bun­den­heit mit der Schöp­fung sei nicht nur the­o­retis­ch­er Natur, son­dern gehöre auch zu ihrem All­t­ag. So erre­ichte die The­olo­gin die Nachricht vom gewonnenen Preis erst nach eini­gen Tagen, weil sie ger­ade mit ihrer Hündin in Tschechien am Biwakieren war. Unter­wegs in freier Natur, für nie­man­den erre­ich­bar, die Nacht unter dem Ster­nen­him­mel ver­brin­gend ohne Zelt zum Schlafen.

Sturm gegen Gottesbilder

Julia Enx­ing ist geprägt von der Prozess­the­olo­gie. Diese The­olo­gie spreche nicht von einem sta­tis­chen Gott, son­dern von einem «Gott im Wer­den», sagt Ute Leim­gru­ber. Damit wende sich Julia Enx­ing gegen Gottes­bilder, die durch Inter­essen­poli­tik, Macht­vers­essen­heit, Skru­pel­losigkeit, Insen­si­bil­ität oder ein­fach nur Ahnungslosigkeit Gott in ein Bild pressten. Gegen solche Bilder rufe Julia Enx­ing zum Sturm auf.

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Ihre The­olo­gie sei im besten Sinne lib­er­al, weil sie die Frei­heit liebe, aus der Frei­heit komme und Frei­heit­sräume schaffe, sagte die Red­ner­in. Und damit ent­larve die Preisträgerin illib­erale The­olo­gien, die Gehor­sam ein­er Amt­sautorität gegenüber als Frei­heit mask­iere. Julia Enx­ings The­olo­gie sei auch Ethik und bleibe daher nicht ohne aktivis­tis­che Kon­se­quenz.

Führendes theologisches Online-Medium

Die Preisträgerin kon­nte am ver­gan­genen Son­ntag zweimal aufs Podest steigen. Denn Julia Enx­ing ist auch Mit­glied der Redak­tion des the­ol­o­gis­che Online-Feuil­letons Fein­schwarz. Das dreizehnköp­fige Redak­tion­steam aus Deutsch­land, Öster­re­ich und der Schweiz ist mit seinen Artikeln seit 2015 online und wurde nun mit dem Her­bert Haag Preis aus­geze­ich­net. Die Redak­torin­nen und Redak­toren arbeit­en ehre­namtlich und erre­ichen nach eige­nen Angaben rund 100’000 Leserin­nen pro Monat. Sie sind damit eines der führen­den Online-Medi­en im kirch­lich-the­ol­o­gis­chen Bere­ich im deutschsprachi­gen Raum. Das Por­tal wird mit Spenden finanziert.

Anderer Meinung als die kirchlichen Hierarchien

In aller Frei­heit entsch­ieden die The­ologin­nen und The­olo­gen bei Fein­schwarz, welche The­men anstün­den und wer dazu seine Mei­n­ung äussern solle, ob sie the­ol­o­gisch begrün­det völ­lig ander­er Mei­n­ung seien, als die kirch­lichen Hier­ar­chen, sagte Stiftungsrätin Irm­traud Fis­ch­er in ihrer Lau­da­tio: «Sie nehmen für sich die Frei­heit des Lehramtes der The­olo­gie in Anspruch, freilich nicht aus autori­ta­tivem Anspruch, son­dern vielmehr scharf diag­nos­tiziert, gut durch­dacht, sozial- und human­wis­senschaftlich sauber argu­men­tiert.»

Theologie als Stütze und Ermutigung

In ein­er Zeit, in der die Kirche als gesellschaft­srel­e­vante Stimme immer leis­er wird, will die Redak­tion «The­olo­gie unters Volk» brin­gen, wie sie selb­st sagt. Irm­traud Fis­ch­er zählt vor allem Dozierende und Studierende zur Leser­schaft von Fein­schwarz. Aber auch kirch­liche Mitar­bei­t­ende und inter­essierte Laien fän­den in den Tex­ten Stütze und Ermu­ti­gung für die pas­torale und the­ol­o­gis­che Real­ität und die Arbeit in ihrer Prax­is.

Die gut besuchte Preisver­lei­hung wurde musikalisch umrahmt von Lana Kos­tic, die mit dem Cel­lo und ihrer Stimme dem Anlass einen feier­lichen und besinnlichen Rah­men gab.

Eva Meienberg
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