25 Jahre Sauerteig in der Kirche

25 Jahre Sauerteig in der Kirche

  • Mit Mahl, Musik und Tanz wurde am ver­gan­genen Fre­itag, 22. Okto­ber in Baden das 25. Frauenkirchen­fest gefeiert.
  • Das Fest in der reformierten Kirche stand unter dem Mot­to «Wo Tra­di­tion und Trans­for­ma­tion miteinan­der tanzen».
  • Promi­nente Tis­chred­ner­in­nen waren Imel­da Abbt und Vera Beck­er.

Die ver­sam­melte Fest­ge­mein­schaft sieht im Chor­raum der reformierten Kirche Baden ein gross­es Tuch. In der Mitte ist eine Brot kne­tende Frau abge­bildet. Umrahmt ist sie von üppi­gen Korn­schalen und Ähren. Wie in einem Man­dala einge­bet­tet, sitzt sie da. Die Frau betet den Sauerteig, der durchknetet zum Reich Gottes wird. Für Cor­nelia Haller, Pfar­reiseel­sorg­erin in Baden, ist es auch ein «Sinnbild für die Care-Arbeit der Frauen, «die oft unsicht­bar im Ver­bor­ge­nen und ohne jede offizielle Anerken­nung geleis­tet wird.»[esf_wordpressimage id=34831][/esf_wordpressimage]

Das Frauenkirchenfest spendet Kraft

Auch für Ker­stin Bonk von der Fach­stelle Frauen, Män­ner, Gen­der der reformierten Lan­deskirche im Aar­gau hat der Sauerteig einen hohen Sym­bol­ge­halt: «Auch das Kirchen­frauen­fest knetet diesen Brot­teig. 25 Mal schon. Jedes Mal haben die Frauen den Sauerteig in die Kirche hineinge­tra­gen.» Diesen würzi­gen, die Kirche und Gesellschaft trans­formieren­den Sauerteig, der die Anliegen von Frauen sicht­bar gemacht habe. Das Frauenkirchen­fest hat viele Früchte abge­wor­fen: Es hat beson­dere Frauen vom Rand in die Mitte gestellt. Es hat unrechte Struk­turen angeprangert und für Freiräume gekämpft. Und es hat, das wurde an diesem Fest­tag deut­lich, vie­len Frauen Kraft gespendet.

Viel erreicht, noch viel zu tun

Ker­stin Bonk resümierte: «Viel hat sich verän­dert seit dem ersten Frauenkirchen­fest vor 25 Jahren. Und das feiern wir heute. Aber immer noch sind Frauen nicht auf allen Ebe­nen in der Kirche gle­ich­berechtigt.» Vor allem nicht da, wo es um viel Macht und Ein­fluss gehe in der Kirche. Die Pfar­rerin sagte: «Die Sauerteig kne­tende Frau ermutigt mich, am Back-Turm Kirche dran zu bleiben.»

«Man muss sich mit Ewigem beschäftigen, um aktuell zu sein»

Hei­dy Annel­er, Sozial­diakonin der reformierten Kirchge­meinde Baden, begrüsste die Fest­ge­meinde danach im grossen Saal der reformierten Kirchge­meinde Baden zum zweit­en Teil des Abends. Eröffnet wurde er von Gesän­gen und Tänzen des philip­pinis­chen Frauen­chors von Neuen­hof. Zwei span­nende Per­sön­lichkeit­en waren als Fes­tred­ner­in­nen geladen: Vera Beck­er, Kli­maak­tivistin, Gen­er­alsekretärin der Jun­gen Grü­nen Schweiz und Co-Präsi­dentin der Jun­gen Grü­nen Aar­gau. Weit­er Imel­da Abbt, The­olo­gin und Philosophin. Eine ehe­ma­lige Dominikaner­in, die sich für einen radikal eige­nen Weg entsch­ieden hat und trotz­dem der Kirche treu geblieben ist. Die frühere Bil­dungs­beauf­tragte des Bil­dung­shaus­es Prop­stei Wis­likofen referierte zum The­ma «Man muss sich mit dem Ewigen beschäfti­gen, um aktuell zu sein».

Klima-Feminismus

[esf_wordpressimage id=34826 width=half float=right][/esf_wordpressimage]Die 84-Jährige zitierte Mar­tin Luther, der sagte: «Uns ist das Heil geschenkt wor­den.» Nicht durch gute Tat­en wie dem Fas­ten, son­dern als Geschenk. «Wir sind alle Kinder Gottes. Es ist an uns, mit jedem neuen Tag aus dieser Wirk­lichkeit her­aus unseren All­t­ag zu bewälti­gen.» Ganz offen­sichtlich, sagte die gebür­tige Freiäm­terin weit­er, gebe es in uns eine urwüch­sige spir­ituelle Kraft, die aus der Tiefe des men­schlichen Wesens gespeist werde. «Die Seele ist der Teil in uns, der unverän­der­lich lebendig ist. Und deshalb muss man sich mit dem Ewigem beschäfti­gen.» Sie ver­suche stets, mit Leib und Seele präsent zu sein. Kraft schöpfend aus kirch­lichen Tra­di­tio­nen her­aus. Und immer auf die Zukun­ft aus­gerichtet.

[esf_wordpressimage id=34824 width=half float=left][/esf_wordpressimage]Vera Beck­ers Anliegen ist der Kli­ma-Fem­i­nis­mus. Das unter­mauerte sie mit ein­er aktuellen Studie, wonach Frauen sen­si­bler auf Umwelt­the­men reagieren und zukun­ft­sori­en­tiert­er han­deln. Die Zukun­ft liege, so bezeugte die Jung-Poli­tik­erin, in der Care-Gesellschaft, nicht in ein­er Pro­duk­tion­s­ge­sellschaft.  Die 22-Jährige betonte: «Dieses Umdenken möchte ich der Gen­er­a­tio­nen nach mir vererben. Sie mögen in ein­er Welt leben, in der wir im Ein­klang mit der Natur leben.»

«Ich kann viel von dir lernen»

Den drit­ten Teil des Abends gestal­teten Imel­da Abbt und Vera Beck­er im Dia­log. Zwei Frauen, die altersmäs­sig mehr als 60 Jahre auseinan­der­liegen und die den­noch einiges eint. Bei­de äusserten sich dazu, was sie an der Anderen bewun­dern. Das Bewusst­sein, dass wir vergänglich sind, lasse Imel­da Abbt jeden Tag inten­siv­er leben. Sie lebe ganz in der Gegen­wart. Ori­en­tiert am Leben Jesu. Vera Beck sagte dazu: «Eine Ori­en­tierung zu haben, auf die man bauen kann, ist wichtig. Das finde auch ich in meinem Leben.»

Imel­da Abbt wiederum zeigte sich beein­druckt von Beck­ers Engage­ment für das Kli­ma. Sie find­et sich darin wieder: «Sich mit dem Ewigen zu beschäfti­gen, hat auch damit zu tun, aktuell im Hier und Jet­zt zu sein. Und sich mit allen Sin­nen Her­aus­forderun­gen wie der Ret­tung des Kli­mas zu stellen.» Jeden Tag leben ler­nen, das hört für die Philosophin nie auf. Vera Beck­er bekan­nte schliesslich: «Ich kann viel von dir ler­nen. Dein Leben und deine Geschichte zeigen, dass viele Dinge nicht in Stein gemeis­selt sind und dass Verän­derun­gen passieren kön­nen.»

Marie-Christine Andres Schürch
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