Nie wieder
Werner Rolli ist Fotograf und Journalist
Bild: © zVg

Nie wieder

Es ist eine bedrück­ende Atmo­sphäre, die mich im Inter­na­tion­al Peace Muse­um in Hiroshi­ma erwartet. Das Friedens­mu­se­um doku­men­tiert anhand von Fotografien, Mod­ellen und Gegen­stän­den von Opfern die Fol­gen des ersten Atom­bomben­ab­wurfs der Geschichte. Mit­tels ein­er VR-Ani­ma­tion wird der Hor­ror kurz nach dem Abwurf sicht­bar. Aber das Dreirad, auf dem Shinichi Tet­su­tani (3) seine Run­den drehte, als ihn die Hitzewelle ver­bran­nte, aus­gestellt in ein­er Vit­rine, schock­iert mich wohl am meis­ten. Unsere eurozen­tris­tis­che Geschichtss­chrei­bung stellt den Abwurf der Atom­bomben über Hiroshi­ma am 6. und Nagasa­ki am 9. August 1945 als notwendig dar, um den Krieg zu been­den.

Heute, 80 Jahre später, wird dies von namhaften His­torik­ern immer noch kon­tro­vers disku­tiert. Die Forderung der USA nach ein­er «bedin­gungslosen Kapit­u­la­tion» war nicht nur schwammig for­muliert, sie zeugte auch von man­gel­nder Ken­nt­nis japanis­ch­er Tra­di­tion, Men­tal­ität und Kul­tur. Wer mit Über­leben­den spricht, nimmt zwei Dinge mit: Erstens die Frage, ob ihr Lei­den wirk­lich nötig war. Zum anderen aber die Bewun­derung, mit welch­er Kraft sie nach all diesen Jahren immer noch vor den Gefahren eines Atom­krieges war­nen. Der Frieden­sno­bel­preis, der ihnen zuge­sprochen wurde, kommt zu ein­er kri­tis­chen Zeit. Jährlich ster­ben viele der let­zten Zeitzeu­gen des Zweit­en Weltkriegs. Die Gefahr beste­ht, dass ihr Schick­sal verblasst, ihre Worte «nie wieder» ver­hallen. Mit Blick auf die Welt­lage ist dies furchte­in­flössend.

Werner Rolli
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