«Beziehungsstatus unbekannt», damit soll auch die Kirche leben
Menschen im Dienst der katholischen Kirche erleben Diskriminierung aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder ihrer gewählten Lebensform. Das soll sich ändern, fordert die Römisch-katholische Zentralkonferenz. Die Kampagne «Privat ist privat» der Allianz Gleichwürdig Katholisch soll dabei helfen.
«Sie sind ja geschieden. Sind Sie an der Scheidung schuld?» Stellen Sie sich vor, diese Frage würde Ihnen beim Vorstellungsgespräch gestellt. Einigen Menschen, die von der katholischen Kirche angestellt werden wollten oder es schon sind, wurden solche Fragen gestellt. Auch Fragen zu privaten Wohnverhältnissen oder zur sexuellen Orientierung sollten beantwortet werden. Mit dieser Art von Diskriminierung muss Schluss sein, fordert die AGK: «Privat ist privat».
Die Römisch-Katholische Zentralkonferenz (RKZ) forderte die Schweizer Bischofskonferenz auf, anzuerkennen, dass das private partnerschaftliche Leben, ausser im Fall des verpflichtenden Zölibats, weder für die Anstellung noch bei der Entscheidung über eine Kündigung eine Rolle spielen dürfe. Seelsorgende berichteten von übergriffigen und beschämenden Fragen und Massnahmen durch die Bistumsleitung und forderten, dass die Missio – die bischöfliche Beauftragung zum Verkündigungsdienst – unabhängig von der Lebensform verliehen werden solle. Diese Forderung wurde in den Kirchensynoden von Luzern und Zürich aufgenommen und wird aktuell von der Schweizerischen Bischofskonferenz geprüft.
Betroffenen eine Stimme geben
Die AGK sammelt Geschichten von Mitarbeitenden der katholischen Kirche, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder Partnerschaftsform Diskriminierung oder Benachteiligung erfahren haben. Dabei geht es zum Beispiel um Menschen, denen Zuständige der Kirche davon abgeraten hatten, eine kirchliche Anstellung anzunehmen, oder denen die Berufseinführung bzw. die Zulassung zum Studium sogar verweigert wurde.
Sie wurden gefragt, ob sie als Bewerberinnen und Bewerber im Einstellungsverfahren unpassende Fragen zu ihrer Lebensweise beantworten mussten, ob sie in ihrer Arbeit eingeschränkt oder zur Geheimhaltung ihrer Partnerschaft gezwungen wurden. Geplant ist eine öffentliche Kampagne, bei der die Schilderungen der Menschen präsentiert werden. Die AKG bietet denjenigen, die sich gemeldet haben, verschiedene Möglichkeiten von der anonymisierten Darstellung bis hin zu einem persönlichen Auftritt. Die bisherigen Gespräche zeigten laut AGK, dass Diskriminierungserfahrungen oft tiefgreifend wirkten und die Betroffenen das kirchliche System als repressiv erleben. Um die Betroffenen zu schützen, hat die AGK sich dafür entschieden, exemplarische Aussagen sechs verschiedenen virtuellen Figuren in den Mund zu legen.
Auch weiterhin sammelt die AGK Geschichten von Betroffenen. Mit ihren Flyern und den darauf abgebildeten virtuellen Figuren möchte sie Betroffene zur Vernetzung und Unterstützung ermutigen. Als konkrete Handlung seitens der Kirche erwartet die AGK, dass die Bischöfe, ähnlich wie im Bistum Limburg und Bistum Aachen, auf arbeitsrechtliche Disziplinierung im Kontext sexueller Orientierung und Lebensgestaltung verzichten. Sie betont, dass dabei ausschliesslich zivilrechtlich legale Lebensentwürfe gemeint sind, das heisst konsensbasierte Beziehungen und Wohnsituationen wie zum Beispiel gleichgeschlechtliche Beziehungen, nicht verheiratete Paare, geschiedene Menschen, Patchworkfamilien oder Wohngemeinschaften.