Papstwahl der Superlative
Die vatikanische Feuerwehr montiert den Schornstein auf dem Dach der Sixtina für den Rauch während des Konklave, am 2. Mai 2025 im Vatikan.
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Papstwahl der Superlative

Heute startet die Wahl des neuen Papstes: mit Kardinälen aus 71 Nationen die internationalste und grösste in der Geschichte. Stefan von Kempis, Leiter der deutschsprachigen Abteilung von Vatican News, erklärt, wie ein Konklave funktioniert.

Mittwoch, 7. Mai: Was wird als erstes passieren?
Ste­fan von Kem­p­is: Erst ein­mal kein Kon­klave. Mor­gens um 10.00 Uhr wird die Messe im Peters­dom gefeiert für den noch zu wäh­len­den Papst. Die Predigt hat dabei Kar­di­naldekan Gio­van­ni Bat­tista Re, 91 Jahre alt, aber rüstig. Das eigentliche Kon­klave wird um 16.30 Uhr begin­nen mit dem Zug aus der Paulin­is­chen Kapelle des Apos­tolis­chen Palasts in die Six­tinis­che Kapelle. Dann wer­den die 133 Kardinäle den Eid auf Ver­schwiegen­heit able­gen, das «extra omnes» wird gesprochen – «alle hin­aus» – und dann gibt es Kom­mu­nika­tion mit den Wäh­len­den nur noch über Rauchze­ichen.  

Wie genau läuft das Kon­klave weit­er ab?

Am Mittwoch wird nach dem Einzug noch ein erster Wahl­gang stat­tfind­en. Wir wer­den also bere­its am ersten Tag Rauch sehen – zumin­d­est schwarzen. Jeden Tag find­en zwei Wahlgänge vor­mit­tags und zwei nach­mit­tags statt, zwis­chen­durch dür­fen die Kardinäle ins Gäste­haus Domus Sanc­tae Marthae zum Essen und Schlafen. Sobald eine Zwei­drit­telmehrheit für einen Kan­di­dat­en erre­icht ist – das sind etwa 89 Stim­men – ist der Papst ordentlich gewählt.

Wird so lange gewählt, bis ein Papst bes­timmt ist?
Nein. Drei Tage lang, also bis ein­schliesslich Sam­stag, wird gewählt. Am Son­ntag fol­gt der erste Tag der Unter­brechung. Ist bis dahin kein Papst bes­timmt, kön­nte das heikel wer­den, denn dann kön­nten die Kardinäle die Wahlord­nung ändern. Tun sie das, kön­nte später aber die Gültigkeit der Wahl des Pap­stes angezweifelt wer­den.

Wie lange wird es dies­mal dauern, schätzen Sie?
Schw­er zu sagen. Es sind Kardinäle aus 71 Natio­nen dabei – es ist das inter­na­tion­al­ste und grösste Kon­klave seit jeher. Die meis­ten der Kardinäle ken­nen sich nicht per­sön­lich. Viele hof­fen, dass der Papst am Don­ner­stag bes­timmt sein wird. Bei sämtlichen Kon­klaven im 20. Jahrhun­dert zumin­d­est war der Papst im Laufe der ersten drei Tage gewählt. 

Wer wird Papst wer­den?
Jen­er, der legit­im gewählt wird. Und für diesen arbeit­en wir dann. Wir bei Vat­i­can News kom­men mit allen zurecht – Haupt­sache wir haben einen Papst.  

Ist das Kon­klave ein demokratis­ch­er Prozess? 
Es hat sehr viele Ele­mente, die die staatlichen Demokra­tien später über­nom­men haben: die Abschot­tung der Wäh­ler, die geheime Wahl. Vieles stammt aus den kom­mu­nalen Ord­nun­gen im Mit­te­lal­ter, es wurde für die Papst­wahl über­nom­men, lange bevor es die Demokra­tien gab, wie wir sie ken­nen.

Ist es his­torisch betra­chtet eines der frühen Mod­elle, einen Monar­chen mit demokratis­chen Mit­teln zu bes­tim­men?
Ja, mit Sicher­heit. Es gibt da allerd­ings eine selt­same Zwei­deutigkeit: ein­er­seits ist der Papst ein Monarch, also ein Allein­herrsch­er, wenn man so will; ander­er­seits wird er demokratisch gewählt – wir haben hier keine Monar­chen­dy­nas­tie, in der der Titel inner­halb ein­er Fam­i­lie von Gen­er­a­tion zu Gen­er­a­tion weit­ergegeben wird.

Ste­fan von Kem­p­is (*1970) ist ein deutsch­er Jour­nal­ist, der seit 2019 die deutschsprachige Abteilung von Vat­i­can News in Rom leit­et. Eben ist von ihm im Herder Ver­lag das Buch «Weiss­er Rauch und falsche Mönche – Eine andere Geschichte der Papst­wahl» erschienen.

Papstwahl der Superlative - Lichtblick Römisch-katholisches Pfarrblatt der Nordwestschweiz

Wenn das Kon­klave demokratis­che Ele­mente hat – ist das nicht ein Wider­spruch zu Papst Franziskus, der im Rah­men der Welt­syn­oden immer wieder betont hat, die Kirche entschei­de nicht demokratisch, son­dern syn­odal?
Zwar sind es demokratis­che und vordemokratis­che Ele­mente in der Papst­wahl, aber natür­lich ist es kein rein demokratis­ch­er Vor­gang, was die Kardinäle in der Six­ti­na tun. Papst Franziskus hätte wahrschein­lich gesagt: Die Papst­wahl ist selb­st bis zu einem gewis­sen Grad syn­odal, denn die Kardinäle sind zum über­wiegen­den Teil Orts­bis­chöfe, die die Sor­gen, Fra­gen und Wün­sche ihrer jew­eili­gen Ort­skirche in den Wahl­prozess mit ein­brin­gen.

Für wie sin­nvoll hal­ten Sie diese Art des Wahlver­fahrens für einen Papst für heute?
Es ist ein Mod­ell, das seit 1268 mehr oder weniger gut klappt, auch Papst Franziskus befand es als gutes Mod­ell, an dem er nicht schrauben wollte. Papst Johannes Paul II. hat in der Kon­klave­ord­nung namens «Uni­ver­si Domini­ci Greg­is» von 1996 allerd­ings fest­ge­hal­ten, dass die «Ernen­nung» eines Pap­stes auch auf andere Weise von­stat­ten gehen kön­nten. Es ist der Anspruch des Pap­st­tums zu entschei­den, auf welche Weise die Nach­folge aus­ge­sucht wird. In der Geschichte war es oft­mals unter­schiedlich, es gab Zeit­en, da haben Kaiser die Päp­ste gewählt oder Päp­ste selb­st haben ihre Nach­fol­ger desig­niert.

Was sagen Sie zum vol­lkomme­nen Auss­chluss von Frauen?
Es ist ja nicht so, dass fest­geschrieben ste­ht, dass Frauen grund­sät­zlich aus­geschlossen sind. Momen­tan ist das Kri­teri­um, das Kardinäle die exk­lu­siv­en Wäh­ler des Pap­stes sind. Das hat sich his­torisch entwick­elt, kann aber, wie gesagt, geän­dert wer­den. Ich würde bloss meinen, dass die Kardinäle als Kern­wäh­ler­gruppe sich­er erhal­ten bleiben wer­den.

Hal­ten Sie es für real­is­tisch, dass Frauen zu dieser Wahl zuge­lassen wer­den?
In fern­er Zukun­ft ja – im Vatikan dauert so etwas ja immer länger. Das Welt­syn­odale Mod­ell liesse sich auch auf die Papst­wahl über­tra­gen, dass also auch Nicht-Kardinäle mitwählen dürften, auch Frauen. Ein erster Hebel dazu wäre mein­er Mei­n­ung nach fol­gen­der: Frauen kön­nten zuge­lassen wer­den, die Med­i­ta­tion für die Wahlka­rdinäle zu hal­ten, die im Vor­feld des Kon­klaves ein- oder zweimal vor­ge­tra­gen wer­den, und nach dem Ruf «extra omnes» direkt vor dem ersten Wahl­gang. Eine Mut­ter Tere­sa oder eine Katha­ri­na von Siena hät­ten sich doch wun­der­bar dafür geeignet, um Beispiele aus der Geschichte zu nen­nen. Momen­tan ist dies aber Klerik­ern vor­be­hal­ten.

Was wür­den Sie am Wahlver­fahren ändern?
Das ganze Prozedere sollte noch geheimer ablaufen. Für mein Gefühl soll­ten die Kardinäle schon im Moment, in dem sie in Rom ankom­men, in die Six­ti­na einges­per­rt wer­den, um sich in Ruhe auszu­tauschen. Dieses Schaulaufen rund um den Vatikan, bedrängt von der Presse­meute, der dann Brock­en von Infor­ma­tio­nen zuge­wor­fen wer­den – das zer­rt an den Ner­ven aller Beteiligten.

Was wür­den Sie unbe­d­ingt beibehal­ten?
Das «Habe­mus Papam»: Das ist ein­fach eine klas­sis­che Balkon­szene, eine wun­der­bar­er «Aha-Moment», daran würde ich gar nichts ändern.

Der Artikel ist zuerst auf Forum Mag­a­zin der katholis­chen Kirche im Kan­ton Zürich erschienen.

Veronika Jehle
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