Preis für feministische Theologinnen
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Preis für feministische Theologinnen

Preis für feministische Theologinnen

Der Herbert-Haag-Preis 2024 geht an zwei Pionierinnen der feministischen Theologie in der Schweiz

Die Schwest­ern Doris Strahm und Sil­via Strahm Ber­net wur­den mit dem Her­bert-Haag-Preis 2024 aus­geze­ich­net. Der Preis ehrt sie für ihr jahrzehn­te­langes, gemein­sames Engage­ment als Pio­nierin­nen der fem­i­nis­tis­chen The­olo­gie in der Schweiz. So waren bei­de unter anderem Mit­grün­derin­nen, Her­aus­ge­berin­nen und langjährige Redak­torin­nen der fem­i­nis­tisch-the­ol­o­gis­chen Zeitschrift «FAMA» sowie Mit­grün­derin­nen der IG Fem­i­nis­tis­che The­ologin­nen der Schweiz.
Welche Bedeu­tung kommt der Schwest­ern­schaft (auch in der fem­i­nis­tis­chen The­olo­gie) zu?
Doris Strahm: Der Slo­gan der neuen Frauen­be­we­gung «Sis­ter­hood is pow­er­ful» war für uns als junge The­ologin­nen in den 1980er-Jahren nicht ein­fach nur ein Slo­gan, son­dern etwas, das wir an Frauen­ta­gun­gen gelebt und erlebt haben. Gemein­sam waren wir stark und ermächtigten uns gegen­seit­ig. Angetrieben von unser­er lei­den­schaftlichen Suche nach ein­er frauen­be­freien­den und lebens­fre­undlichen The­olo­gie woll­ten wir die Welt aus den Angeln heben, die Gesellschaft radikal verän­dern und eben­so deren religiös-sym­bol­is­che Ord­nung.Der Euphorie der Anfänge fol­gte in den 1990er-Jahren eine gewisse Ernüchterung. Das Gefühl, dass wir alle Schwest­ern seien, wurde von ver­schiede­nen Seit­en prob­lema­tisiert, weil es Ungle­ich­heit und Machtver­hält­nisse unter Frauen aus­blendete. Frauen sitzen näm­lich nicht ein­fach qua Geschlecht im sel­ben Boot; ihre Leben­sre­al­itäten sind je nach Kon­text von unter­schiedlichen Diskri­m­inierungs­for­men geprägt. Seit­dem ist eine Dif­feren­zierung und Plu­ral­isierung fem­i­nis­tis­ch­er The­olo­gien einge­treten, die ein «wir Frauen» nicht mehr unhin­ter­fragt zulässt. Anstelle von Schwest­ern­schaft ist meines Eracht­ens heute die Frage nach der Sol­i­dar­ität unter Frauen ver­schieden­er sozialer und kul­tureller Herkun­ft getreten.Sil­via Strahm Ber­net: Schwest­ern­schaft heisst Ver­wandtschaft, heisst, eng ver­bun­den sein, bedeutet gemein­same Wurzeln, eine gemein­same Herkun­ft haben, Erfahrun­gen machen, die verbinden. Etwas, das über das «Wir Frauen» hin­aus­ge­ht, das am Beginn des fem­i­nis­tis­chen Weges für viele von uns stand. Eine verbindlichere Kom­plizin­nen­schaft: kraftvoll, empathisch, auch für­sor­glich, wie Schwest­ern sein kön­nen. Dass Schwest­ern­schaft auch Schwest­ern­stre­it bein­hal­tet – der Titel der ersten Num­mer unser­er fem­i­nis­tisch-the­ol­o­gis­chen Zeitschrift «FAMA» (1985) lautete übri­gens so –, ist uns allen auch ver­traut, tut dem Ganzen aber keinen Abbruch. Wir sitzen vielle­icht nicht im sel­ben Boot, aber dass wir uns ungeachtet unser­er Dif­feren­zen und unter­schiedlichen Leben­sum­stände immer wieder auch gemein­sam formieren und kämpfen müssen, bleibt als Forderung legit­im.
Eva Meienberg
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