«Krea­ti­vi­tät ist Lebensfreude»

  • Ihr Ate­lier ist ihr «hei­lig», und Aller­hei­li­gen ist für sie kein trau­ri­ges Fest.
  • Die Kunst­the­ra­peu­tin, Trau­er­be­glei­te­rin und Künst­le­rin Son­ja Voser aus Wet­tin­gen ist die neue Horizonte-Jahreskünstlerin.
  • Sie wird im kom­men­den Jahr die Titel­sei­ten zu den Hoch­fe­sten für die Print­aus­ga­be des Pfarr­blatts gestalten. 


Zu Stift, Pin­sel und Far­be griff Son­ja Voser schon als klei­nes Kind: «Ich mal­te, bevor ich rich­tig spre­chen konn­te», weiss sie aus Erzäh­lun­gen. In ihrem Ate­lier an der Dorf­stras­se in Wet­tin­gen arbei­tet sie seit vie­len Jah­ren als Kunst­the­ra­peu­tin und Kurs­lei­te­rin, doch erst seit kur­zer Zeit setzt sie auch beruf­lich voll und ganz auf ihre Lei­den­schaft. Als Jugend­li­che hät­ten ihr zwar eini­ge Bekann­te gera­ten, die Kunst zum Beruf zu machen. «Doch ich konn­te mir damals nicht vor­stel­len, dass das funk­tio­niert.» [esf_wordpressimage id=40635 width=half float=right][/esf_wordpressimage]

So mach­te Voser eine Leh­re als Phar­ma-Assi­sten­tin und arbei­te­te meh­re­re Jahr­zehn­te mit Freu­de in die­sem Beruf. Sie bil­de­te sich ger­ne wei­ter im Bereich Natur­heil­mit­tel oder Homöo­pa­thie und in der Bera­tung der Kun­den kam stets ihr fei­nes Gespür für die Mit­men­schen zum Tragen.

Sprung in die Selbständigkeit

Neben Beruf und Fami­lie absol­vier­te Voser die mehr­jäh­ri­ge Aus­bil­dung zur Kunst- und Gestalt­the­ra­peu­tin und bau­te in den letz­ten zwei Jahr­zehn­ten ihre künst­le­ri­sche und the­ra­peu­ti­sche Arbeit kon­ti­nu­ier­lich aus. Bis sie Anfang die­ses Jah­res beschloss, ihre lang­jäh­ri­ge Arbeits­stel­le auf­zu­ge­ben und sich beruf­lich selb­stän­dig zu machen.

Seit einem hal­ben Jahr arbei­tet sie nun haupt­be­ruf­lich als Kunst­the­ra­peu­tin und Kurs­lei­te­rin, als Trau­er­be­glei­te­rin und Künst­le­rin. Rück­blickend auf ihre beruf­li­chen Sta­tio­nen sagt die 56-Jäh­ri­ge: «Alles, was ich bis jetzt gemacht habe, habe ich ger­ne gemacht. Wenn es für mich nicht mehr stimm­te, habe ich den Weg geän­dert. Denn ich möch­te das gut machen, was ich tue.» Zuver­sicht, Ver­trau­en und Mut sei­en die wich­tig­sten Beglei­ter auch in schwie­ri­gen Situa­tio­nen gewe­sen. Kraft schöpft Son­ja Voser neben dem krea­ti­ven Schaf­fen auch aus ruhi­gen Momen­ten beim Malen oder in der Natur. Die Wal­king­run­de durch den Wald oder die Ruhe­pau­se auf einem Bänk­li mit Aus­sicht ver­lei­hen ihr neue Energie.[esf_wordpressimage id=40632 width=half float=left][/esf_wordpressimage]

Viel­fäl­ti­ges Kreativprogramm

«Was ich jetzt mache, geht tie­fer auf den Men­schen ein, als eine Bera­tung in der Apo­the­ke oder bei mei­ner Tätig­keit im Kun­den­dienst – in mei­nem Ate­lier ent­decken die Kli­en­ten wie­viel Heil­sa­mes in ihnen selbst liegt. Ich gebe ihnen den Raum und die Zeit, die jede und jeder für sich braucht.» Sie erlebt oft Frau­en, die erschöpft von Fami­lie und Beruf in einen Kurs ins Ate­lier kom­men und dann «ent­spannt und erfüllt» wie­der nach Hau­se gehen. 

In den 17 Jah­ren, die sie ihr Ate­lier bereits führt, hat sich ihr Ange­bot, aus­ge­hend von der Mal­the­ra­pie, orga­nisch wei­ter­ent­wickelt: «Ich merk­te, dass Kli­en­ten über die The­ra­pie hin­aus die Krea­ti­vi­tät schät­zen und für sich ent­deckt haben.» Heu­te bie­tet sie dar­um im «Color­ba­lan­ce-Ate­lier» ein viel­fäl­ti­ges Krea­tiv­pro­gramm für alle Alters­klas­sen an: wöchent­li­che Kur­se für Erwach­se­ne, wie etwa «Medi­ta­ti­on und Malen», «Krea­vi­vo» für alle ü50, Work­shops für Grup­pen oder Fami­li­en. oder die «Kun­ter­bunt-Stund» für Klein­kin­der mit Begleit­per­son sowie die Krea­tiv­kur­se für Kin­der oder Jugendliche. 

Auch in The­ra­pie, Trau­er­be­glei­tung und Coa­ching arbei­tet Son­ja Voser mit dem krea­ti­ven Poten­ti­al ihrer Kli­en­ten. Das Ate­lier ist roll­stuhl­gän­gig, hat Tages­licht und bie­tet mit dem Vor­raum genug Bewe­gungs­frei­heit für klei­ne Grup­pen. «Ich bin geseg­net mit den Mög­lich­kei­ten hier.»[esf_wordpressimage id=40633 width=half float=right][/esf_wordpressimage]

Fein­füh­lig und mit viel Herz

Man­che Ate­lier­be­su­cher sagen Son­ja Voser: «Ich kann nicht malen.» Aber dar­um gin­ge es auch gar nicht, erklärt sie. Denn wer sich auf den krea­ti­ven Pro­zess ein­lässt, kommt in Dia­log mit dem eige­nen Inne­ren und nicht weni­ge stau­nen dar­über, was sie aufs Papier brin­gen. «Krea­ti­vi­tät ist Lebens­freu­de, das ist mein Haupt­mot­to», sagt Son­ja Voser und das Leuch­ten ihrer hel­len Augen ver­leiht ihren Wor­ten Nachdruck.

Ihre aus­ser­ge­wöhn­li­che Fein­füh­lig­keit und Empa­thie sind gera­de bei der jet­zi­gen Tätig­keit gros­se Stär­ken. So gelingt es ihr, den Kli­en­ten in der The­ra­pie die genau rich­ti­gen Fra­gen zu stel­len, damit die­se reflek­tie­ren kön­nen. Damit lenkt sich der Fokus ihrer Ate­lier­gä­ste auf neue Aspek­te, indem an die Stel­le des «aber» ein «und zugleich» gesetzt wird. Denn, so weiss die Künst­le­rin, das Leben hat vie­le Schat­tie­run­gen: «Es ist heil­sam, schö­ne und schwie­ri­ge Ele­men­te zu inte­grie­ren und zu akzep­tie­ren, im Leben wie auch beim künst­le­ri­schen Wirken.» 

Spi­ri­tu­el­ler Inhalt ist wichtig

Son­ja Vosers Ate­lier liegt in Sicht­wei­te der Kir­che St. Seba­sti­an, und manch­mal holen die Glocken­schlä­ge der Kirch­turm­uhr die Künst­le­rin ins Hier und Jetzt zurück, wenn sie sel­ber beim Malen die Zeit ver­gisst. Die Ver­bin­dung zum Glau­ben geht für sie über Äus­ser­lich­kei­ten hin­aus. «Ich bin ver­an­kert im Glau­ben auf­ge­wach­sen, pfle­ge die Feste und Ritua­le, die das Kir­chen­jahr prägen.»

[esf_wordpressimage id=40631 width=half float=left][/esf_wordpressimage]Auch in der Pfar­rei St. Anton hat sich Son­ja Voser vor Jah­ren enga­giert, als Sopran im Kir­chen­chor oder als ehren­amt­li­che Lei­te­rin im Firm­kurs. «Als mei­ne Kin­der noch zur Schu­le gin­gen, habe ich den Glau­ben etwas öffent­li­cher prak­ti­ziert, heu­te lebe ich ihn eher pri­va­ter.» Die kirch­li­chen Feste hät­ten für sie nach wie vor über die Tra­di­ti­on hin­aus auch einen reli­giö­sen Stel­len­wert: «Mir gefällt das Brauch­tum rund um die Hoch­fe­ste, gefüllt mit spi­ri­tu­el­lem Inhalt.» 

Im Vor­der­grund steht das Licht

Son­ja Voser schöpft bei der Tätig­keit im Ate­lier aus ihrem brei­ten Wis­sen aus diver­sen Aus­bil­dun­gen und aus ihren eige­nen (Lebens-)Erfahrungen, aus guten und schwie­ri­gen. Hier ist sie in ihrem natür­li­chen Ele­ment, an einem Ort, der ihr ein Stück weit «hei­lig» ist. Ein Ort auch, der ihr sel­ber und ihren Ate­lier­gä­sten Freu­de, Erho­lung und in einer gewis­sen Wei­se Hei­lung bringt. Das Hoch­fest ​Aller­hei­li­gen rege dazu an, zu über­le­gen, ​was einem hei­lig sei, fin­det die Jah­res­künst­le­rin. Sie habe Aller­hei­li­gen nie als trau­ri­ges Fest emp­fun­den. «Für mich stand und steht das Licht im Vor­der­grund, das Lich­ter­meer der Ker­zen auf den Grä­bern und die Verbundenheit.»

Marie-Christine Andres Schürch
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