Ein Wappen gibt Rätsel auf

Ein Wappen gibt Rätsel auf

  • Die Recherchen zum elften Band der Rei­he «Die Kun­st­denkmäler des Kan­tons Aar­gau» befassen sich unter anderem mit dem Aar­gauis­chen Surb­tal.
  • In Tegerfelden stiess die Kun­sthis­torik­erin Edith Hun­zik­er auf eine Kirchen­glocke, deren Wap­pen Rät­sel aufgibt.
  • Im Artikel zeich­net die Mitar­bei­t­erin der Kan­tonalen Denkmalpflege die Geschichte der Glocke aus dem Jahr 1794 nach und ruft die Leserin­nen und Leser auf, Hin­weise zur Lösung des Rät­sels zu geben.

Das Erk­lim­men steil­er Glock­en­turmtrep­pen, das Hantieren mit Fotoap­pa­rat, Mess­band und Inven­tar­blät­tern in beengten Glock­en­stuben gehören zu den anstren­gend­sten, aber auch über­raschungsre­ich­sten Betä­ti­gungs­feldern der Kun­st­denkmäler-Inven­tarisierung. Über­all lauern Schmutz und Schmieröl, immer wieder ras­seln die Antrieb­s­ket­ten und kün­den schrille Glock­en­schläge an.

Die «Müh­sal» wird aber nicht sel­ten belohnt mit Wap­pen­darstel­lun­gen und auf­schlussre­ichen Inschriften – wie im Fall der 1794 datierten Glocke im Turm der reformierten Kirche Tegerfelden. Die Kirche datiert aus dem Jahr 1664. Gepaart mit Erken­nt­nis­sen aus den Schriftquellen im Pfar­rar­chiv gewin­nen die Hin­ter­gründe über die Entste­hung dieser Glocke Kon­turen.

Metall aus Zürcher Zeughaus

Da die beste­hende Kirche für die vie­len Gläu­bi­gen zu eng war und der kleine Dachre­it­er stark reparaturbedürftig, beschlossen die reformierten Tegerfelder 1794, ihr Gotte­shaus nach Osten zu erweit­ern und mit einem Glock­en­turm zu ergänzen. Die Stadt Zürich gab als Kol­la­tur­in­hab­erin (eine Kol­latur war das Recht, eine geistliche Stelle zu beset­zen) ihr Ein­ver­ständ­nis und unter­stützte das Bau­vorhaben mit ein­er Beis­teuer von 1000 Gulden. Überdies lieferte sie kosten­los 14 Zent­ner Glock­en­metall aus dem städtis­chen Zeughaus an ein neues Geläut.

Der Glockenvertrag

Die Ober­auf­sicht über die Kirch­en­er­weiterung hat­te Land­vogt Hans Con­rad Esch­er wahrzunehmen; vor Ort waren Unter­vogt Jakob Dep­pel­er sowie die Gemein­de­vorste­her und Kirchenpfleger zuständig. Die reformierten Pfar­rgenossen von Tegerfelden, Unter- und Oberendin­gen wur­den verpflichtet, Fron­di­en­ste auf der Baustelle und beim Mate­ri­al­trans­port zu leis­ten. Am 25. Juli 1794 schloss man einen Ver­trag mit dem Zürcher Glock­engiess­er Johannes Füssli II. (1750–1817) über die Ver­fer­ti­gung von drei neuen Glock­en ab.

Im Glock­en­ver­trag ste­ht: «Endt­sun­ter­schrieben­er verpflichtet­sich E[iner] E[hrenwerten] Gemeind Täger­felden in der Graffschaft Baden – drey neue Gloggen zugießen, die in allen Theilen gut  & währschafft seyn sollen; dafür Er auch drey Jahr vom Tage an, daß sel­bige gebraucht wer­den gut­ste­het, jedoch Gottes, und Men­schen Gewalt vor­be­hal­ten. Die erste Glogg soll seyn an gewicht 14 –15 Ctr., die 2te Glogg soll seyn an gewicht 7 – 7½ Ctr., die 3te Glogg soll seyn an gewicht 4 – 4½ Ctr.»

Zwei Familienzweige

Von den drei Glock­en aus der Bauzeit des Kirch­turms ist lediglich die grösste erhal­ten. Die 1794 datierte Glocke von Giess­er Johannes Füssli II. misst im Durchmess­er 104 cm und hat den Schlag­ton ges’. Sie trägt am Hals die Giesserin­schrift: «IOHANNES FVESLIN GOSS MICH IN ZVRICH ANNO 1794». Giesserin­schriften sind sehr häu­fig anzutr­e­f­fen.

Über­raschen­der ist die Wap­pen­verzierung an der Flanke. Das Wap­pen lässt sich zweifels­frei der Zürcher Fam­i­lie Esch­er vom Glas zuord­nen (siehe Foto). In der Inschrift ist der Land­vogt Hans Con­rad Esch­er erwäh­nt, Ange­höriger eines alteinge­sessen Zürcher Geschlechts, dessen Abkömm­linge über die Jahrhun­derte unzäh­lige Staat­sämter innehat­ten. Hans Con­rad Esch­er gehörte jedoch zum Zweig der Esch­er vom Luchs, wie das His­torische Lexikon der Schweiz ver­meldet.

Hinweise sind willkommen

Deshalb gibt die Ver­wen­dung des Wap­pens der Esch­er vom Glas an der Tegerfelder Glocke Rät­sel auf. Was ist da schiefge­laufen? Hat der Giess­er eine falsche Vor­lage erhal­ten oder hat er die Mod­el ver­wech­selt? Leserin­nen und Leser, die eine Idee haben, weshalb Land­vogt Hans Con­rad Esch­er aus der Fam­i­lie der Esch­er vom Luchs auf der Tegerfelder Glocke mit dem Wap­pen der Esch­er vom Glas dargestellt wurde, dür­fen sich gerne mit Hin­weisen an die Autorin dieses Artikels wen­den: ." data-type="URL" data-id="edith.hunziker2@ag.ch.">.

Marie-Christine Andres Schürch
mehr zum Autor
nach
soben