
Bild: © Eva Meienberg
Zwischenhalt Klostermarkt
Zu Besuch auf dem Klostermarkt im Bahnhof Zürich
Zum dritten Mal präsentierten am 13. und 14. Juni rund 20 Ordensgemeinschaften und Klöster im Zürcher Hauptbahnhof, ihre Delikatessen und ihr unermüdliches Engagement für die Gesellschaft.
«Miteinander, füreinander, zum Wohl von allen», steht auf dem orangen Zettel, den mir Schwester Walpurga an ihrem Stand auf dem Klostermarkt im Hauptbahnhof Zürich schenkt. Zum dritten Mal findet in der grossen Bahnhofshalle inmitten der Pendler- und Touristenströme der Klostermarkt statt. Schwester Walpurga gehört der Ordensgemeinschaft der Helferinnen an. Dies ist eine von 20 Gemeinschaften und Klöstern, die sich während zweier Tage präsentieren.
Helfen wie man kann
Obwohl die Ordensgemeinschaft der Helferinnen in der Schweiz keine Novizinnen mehr aufnimmt, lassen sie sich die Gelegenheit nicht entgehen, um an prominenter Lage auf ihre Arbeit aufmerksam zu machen. Weltweit gehören der Gemeinschaft, die im 19. Jahrhundert entstanden ist, rund 400 Frauen an. Das Noviziat machen die Schwestern entweder in Nairobi auf Englisch oder auf Französisch in einem Vorort von Paris. Schwester Walpurga lebt wie ihre Mitschwestern in der Schweiz alleine, trifft sich aber regelmässig mit ihnen in Luzern. Zuletzt hat die Mittsiebzigerin als Haushalthilfe bei der Spitex gearbeitet. «Es gibt viele Möglichkeiten, Menschen in Not zu helfen», sagt Schwester Walpurga.


Viel Gutes aus Disentis
Neben der Ordensgemeinschaft der Helferinnen haben die Benediktiner aus Disentis ihren Stand. Dort stickt Yvan Neuwerth mit Chrüzlistich an einem neuen Bild. Neben ihm steht ein schon vollendetes Bild der Gottesmutter mit Kind. Diesmal hat er sich die Gemälde der Sixtinischen Kapelle vorgenommen. Bruder Martin Hieronymi hat ihn kennengelernt, als er nach einer Bildvorlage des Klosters Disentis fragte, das er daraufhin grossformatig stickte. Die Benediktiner sind mit 200 Nusstorten nach Zürich gereist. Ausserdem verkaufen sie Sirup, Tee, verschiedene Senfe und Essig. Der schwarze Senf auf dem Degustationstischchen fällt sofort auf: «Birne Kohle Senf», steht auf der Etikette. Die Kohle stamme von der Osterkerze, erklärt Bruder Martin. Zum Glück schmeckt er mehr nach Birne als nach Kohle. Aber die Mönche wollen nicht nur Essen verkaufen, sondern werben auch für ihr Seminarhotel und das Gymnasium mit Internat. Bruder Martin Hieronymi selbst hat das Internat der Stiftsschule Einsiedeln besucht und betreut heute die Internatsschülerinnen und ‑schüler in Disentis. Für ihn sind die Internatsjahre eine prägende Erfahrung, die er nicht missen möchte. Ausgestattet mit einer kleinen Nusstorte geht meine Tour weiter.

Schnuppern bei der Schweizergarde
Es ist Freitagnachmittag, das Sommerwochenende beginnt, die Bahnhofshalle füllt sich immer mehr. Die Hitze wohl am meisten gewöhnt sind die zwei Schweizergardisten, die in bekannt strammer Haltung mit leuchtender Uniform an ihrem Stand stehen. Sie werben für eine Schnupperreise zur Schweizergarde, die zweimal jährlich stattfindet. Interessierte römisch-katholische Schweizer Bürger, die nicht älter sind als 25 Jahre, dürfen sich für die Reise anmelden.

Ein Orden fürs Helfen
Ebenfalls in Uniform steht Verena Vorwerk am Stand des Malteser Ordens Schweiz. Sie trägt mehrere Orden an ihrer Brust – Zeugnisse ihrer karitativen Einsätze etwa für die Begleitung kranker Menschen nach Lourdes. Verena Vorwerk erzählt stolz von der langen Geschichte des Ordens des Heiligen Johannes zu Jerusalem, wie der Malteser Orden hiess, als er von Papst Paschalis 1113 die Anerkennung bekam. Die Strukturen der Organisation muten sehr militärisch und feudal an, aber die humanitären Einsätze in Kriegsgebieten wie der Ukraine oder Gaza sind beeindruckend. Im Frühling machte die Ankündigung des Ordens über den Aufbau einer Klinik in Gaza Schlagzeilen. Der Stand am Klostermarkt diene vor allem dazu, die Arbeit des Malteserordens bekannter zu machen, sagt Verena Vorwerk.

Handwerk fürs Auge
Handfest geht es zu und her am Stand von Bruder Anton Abegg. Der Einsiedler Benediktiner Bruder drechselt Holz. Dabei entstehen etwa Kreisel, von denen Marlies Mathis in fünf Stunden 80 Stück verkauft hat. Die frisch pensionierte Lehrerin kümmert sich um den Verkauf, damit Bruder Anton in Ruhe drechseln kann. Den Kindern, die Bruder Anton am Stand besuchen, verschenke er seine Kreisel, sagt Marlies Mathis. Die improvisierte Werkstatt ist ein Publikumsmagnet, und die urchigen Holzschüsseln verkaufen sich gut. Ein paar Stände weiter verkauft der Abt des Klosters Einsiedeln Wein aus eigenen Trauben. Abt Urban Federer empfiehlt einer Kundin den Rosé und wickelt den Verkauf charmant ab.
Beten in der Bahnhofshalle
Inmitten des geschäftigen Treibens steht ein Zelt mit Bänken und einer fahrbaren Kapelle, wo gerade ein Rosenkranz gebetet wird. Die Plätze im Zelt sind gut besetzt, doch die Gebete gehen auf im Rauschen der Bahnhofshalle. Ich könnte noch einen Rosenkranz knüpfen oder eine Ikone malen, aber ich entscheide mich für einen Besuch bei den Fahrer Benediktinerinnen, deren Brotduft mir in die Nase steigt. Morgens um 4 Uhr haben die Frauen begonnen, das Brot zu backen. Zum Glück haben die Schwestern Hilfe von vielen Freiwilligen, um am Klostermarkt teilzunehmen. Ohne die ehrenamtliche Arbeit von über 50 Menschen, die beim Aufbau, bei der Gastronomie und Logistik helfen, wäre der Klostermarkt nicht möglich, sagt Pater Thomas Fässler. Auch er und sein zehnköpfiges Organisationskomitee arbeiten ehrenamtlich für das Projekt.
Mit Bewunderung für das vielfältige Wirken der Gemeinschaften und Klöster, einer Nusstorte und einem frischen Laib Brot mache ich mich auf den Weg nach Hause.