Zwei Meier und ein Halleluja

Zwei Meier und ein Halleluja

Mit einem Fest­pro­gramm feiern die Kün­ten­er dieses Jahr den Geburt­stag ihrer Kirche. Vor 50 Jahren ent­stand der mod­erne Bau; der Stan­dort als auch der architek­tonis­che Stil waren sein­erzeit umstrit­ten.Schon von Weit­em ist der mächtige Kirch­turm der heute noch mod­er­nen Sakralan­lage zu sehen. Im Inneren besticht der an einen weiträu­mi­gen Saal erin­nernde Bau mit seinen eigen­willi­gen Glas­malereien. «Damals, als die Kirche gebaut wurde, war Kün­ten ein Bauern­dorf mit zwei gewerblichen Betrieben», erin­nert sich Elis­a­beth van Hei­jnin­gen-Rieg­ger. «Der Bauboom hat­te einge­set­zt, die alte Kirche war zu klein gewor­den.» Die mit­tler­weile pen­sion­ierte Logopädin gehörte sein­erzeit zu den ersten Zuzügern, heute sitzt sie mit Josef Seil­er, langjährigem Präsi­dent der Kirchenpflege, im Organ­i­sa­tion­skomi­tee zu den 50-Jahr-Feier­lichkeit­en der neuen Dor­fkirche. Unter­stützt wer­den die bei­den vom Kün­ten­er Urgestein Fridolin Staubli (Jahrgang 1930), eben­so von Hans Ack­er­mann, Bar­bara Bieri, Felix Ernst, Clau­dia Schwa­ger, Vroni Peter­hans und Andrea Zim­mer­mann. Geplant sind zum Jubiläum neben ein­er Ausstel­lung und einem Ope­nAir-Kino auch ein Fest­gottes­di­enst mit Chilbi (siehe Kas­ten).Wettstre­it um den Neubau Der «Bienen-Meier» und der «Birch­meier», das waren damals die wichtig­sten Leute im Dorf, erin­nert sich Fridolin Staubli. «Der eine zuständig für Imk­ereibedarf, der andere Her­steller von Sprühgeräten aller Art. Als sich in den 1950er-Jahren aus Platz­grün­den ein Neubau der Kirche emp­fahl, standen die bei­den Unternehmer an der Spitze zweier unter­schiedlich­er Inter­essen­parteien. Birch­meier als Präsi­dent der Kirchenpflege, Bienen-Meier als Präsi­dent der bere­its 1954 gegrün­de­ten Kirchen­baukom­mis­sion.» Birch­meier und seine Leute hät­ten am tra­di­tionellen Stan­dort mit einem klas­sis­chen Kirchen­bau geliebäugelt – angelehnt an das typ­is­che Längss­chiff ein­er Basi­li­ka, «im Inneren mit viel Fig­uren und Malerei.» Bienen-Meier trat für einen mod­er­nen Bau ein. Bis zur Grund­stein­le­gung ver­strichen zehn Jahre. «In Kün­ten wird eine neue Kirche zusam­mengestrit­ten», frotzelte eine Fas­nacht­szeitung 1963. Birch­meier hat­te eine Koryphäe der Zürcher Architek­tur bemüht, um für den tra­di­tionellen Stan­dort die Wer­be­trom­mel zu rühren. Doch dieser Fach­mann plädierte nach einge­hen­dem Prüfen der Sach­lage für den neuen Stan­dort «Chratz». An der Urne ver­weigerten allerd­ings die Kirchen­mit­glieder den Erwerb des Lan­des auf der «Chratz». Bienen-Meier griff darob selb­st ins Porte­mon­naie und schenk­te der Kirchge­meinde das Land. Trotz dieses Erfolges war man noch nicht am Ziel. Das Siegerpro­jekt, aus­gear­beit­et vom bekan­nten Sakralar­chitek­ten Wal­ter Moser (u. a. Kloster Ilanz, Kirchen in Hei­den, Zei­hen, Stein und Schöft­land), schaffte es in der Abstim­mung nur knapp. «Mit sieben Stim­men Unter­schied», wie Josef Seil­er betont. «Nach der Abstim­mung stand das Volk dann aber geschlossen hin­ter dem Entscheid und es kon­nte 1964 mit dem Bau begonnen wer­den.» Die Ein­wei­hung fol­gte ein Jahr später. An die alte, mehrmals erweit­erten Kapelle am alten Stan­dort «Gried« erin­nert noch die Kreuzi­gungs­gruppe im Inneren.Fest­pro­gramm im Dop­pel­pack Gut 50 Jahre später hat die Kün­ten­er Kirche ihr erstes Lift­ing bere­its hin­ter sich. Eine Aussen­ren­o­va­tion samt Iso­la­tion der Wände und des Dachses kon­nte die Heizkosten mas­siv senken. Dem­nächst soll gar die Ölheizung durch eine Wärm­pumpe erset­zt wer­den. Doch zuerst wird gefeiert. Am let­zten Mai-Woch­enende startet der Fes­treigen mit Ope­nAir-Kino, Turmbesich­ti­gun­gen und ein­er Ausstel­lung über die Geschichte der Kün­ten­er Kirche das lokale Brauch­tum. Zu Let­zterem gehören diverse, jährlich vol­l­zo­gene Bittgänge, Fron­le­ich­nam­sprozes­sion zu Freiluftaltären, der Auf­fahrt­sum­gang und Palm­son­ntag. «Lei­der sind viele Bräuche mit­tler­weile ver­loren gegan­gen» bedauert Josef Seil­er. Auf den Palm­son­ntag ist man allerd­ings nach wie vor stolz: «Das ist geblieben, wir gehören zu den Aar­gauer Gemein­den mit den meis­ten Pal­men.» Am 23. August schliesslich fol­gt der zweite (Fest-)Streich: Nach einem feier­lichen Gottes­di­enst mit Bischof Felix Gmür wird am Nach­mit­tag ein eigens ein­studiertes Fest­spiel zur Kün­ten­er Dorf- und Kirchengeschichte aufge­führt. Und natür­lich darf eine «Chilbi» nicht fehlen.Zurück zu den Wurzeln Ursprünglich ein Gut des Frauen­klosters Her­metschwil, gehörte Kün­ten seit dem Hochmit­te­lal­ter zur Pfar­rei Rohrdorf. 1776 erfol­gte der Bau ein­er Kapelle, die im Laufe der fol­gen­den Jahrhun­derte zweimal erweit­ert und mit einem Turm ergänzt wurde. Nach­dem Kün­ten 1901 von Rohrdorf unab­hängig wurde und sich als eigene Pfar­rei etablieren kon­nte, kündigt sich nach ein­er Phase des Wach­s­tums im 20. Jahrhun­dert eine Gegen­be­we­gung an. «Aktuell entste­ht ein Seel­sorg­er­aum rund um Rohrdorf mit Bel­likon, Kün­ten und Stet­ten», erk­lärt Josef Seil­er. «Nach­dem sich Kün­ten im ver­gan­genen Jahrhun­dert von Rohrdorf gelöst hat, geht’s jet­zt zurück zur Mut­terkirche.» Fest­pro­grammFr, 29.Mai Ausstel­lung über die alte und neue Kirche. Fotos, sakrale Gegen­stände, Bräuche und AnlässeSa, 30. Mai Turmbesich­ti­gung, Ausstel­lung und Ope­nAir-Kino am AbendSo, 31. Mai Gottes­di­enst, Ausstel­lung und Turmbesich­ti­gungSo, 23. August Fest­gottes­di­enst mit Bischof Felix Gmür, Auf­führung des eigens ein­studierten Fest­spielsMehr Infos: www.horizonte-aargau.ch/events 
Andreas C. Müller
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