Visionäre Hochzeit mit Konfliktpotenzial
Die Pensionskasse der Römisch-Katholischen Landeskirche Aargau will mit der Basler St. Heinrich-Stiftung fusionieren. Die Verantwortlichen hoffen auf weitere Dynamik mit Ziel eines einzigen Leistungsanbieters für das gesamte Bistumsgebiet.Die Wirtschaftslage im vergangenen Jahr hat den Schweizer Pensionskassen stark zugesetzt. Negativzinsen und Börseneinbrüche sorgten für einen Einbruch bei den Renditen. Für Experten ist klar: Kleine Pensionskassen mit einem Vermögen von unter einer halben Milliarde Franken kommen mittelfristig besonders stark unter Druck.Die Pensionskasse der Römisch-Katholischen Landeskirche Aargau gehört mit seinen knapp 900 Mitgliedern (649 Aktive, 233 Rentner) zu eben diesen kleinen Kassen (ca. 170 Millionen Franken Vermögen), steht aber gut da. Der Deckungsgrad von 113% kann sich sehen lassen. «Noch geht es uns gut», betont Geschäftsführerin Regula Baur. Das Problem sei allerdings die Altersstruktur der Versicherten: Das Durchschnittsalter der Beitragszahler liege bei 49,7 Jahren. «Es kommt zu einer Verschiebung zugunsten von mehr Rentenbezügern in den kommenden Jahren», erklärt Regula Baur. Insofern habe man rechtzeitig Vorkehrungen treffen wollen und suche nach Wachstumsmöglichkeiten, um die Attraktivität der Kasse zu erhöhen und jüngere Versichertenbestände anschliessen zu können. Konkret heisst das: In einem ersten Schritt will die Pensionskasse der Römisch-Katholischen Landeskirche Aargau die Fusion mit der Basler St. Heinrich-Stiftung prüfen. In der Tat: Bei der Basler St. Heinrich-Stiftung stammen die angeschlossenen Arbeitgeber mehrheitlich ebenfalls aus dem kirchlichen Bereich, die Anzahl der Versicherten (505 Aktive, 225 Rentner) und das Vermögen (130 Millionen Franken) sind nur unwesentlich geringer als bei der Aargauer Kasse, der Umwandlungssatz liegt bei beiden Kassen bei 6 Prozent.
Mit Fusion zu jüngeren Versicherten
Für Regula Baur liegen die Vorteile auf der Hand: «Allein mit verwaltungstechnischen Synergien können bis zu 100 000 Franken jährlich gespart werden, welche direkt den Versicherten zu gut kommen. Mit dem verdoppelten Pensionskassenvermögen lassen sich Risiken verringern und es bieten sich bessere Möglichkeiten bei der Vermögensverwaltung.» Das Wichtigste für Regula Baur ist jedoch die Versichertenstruktur: «Wir sind auf der Suche nach weiteren Betrieben sowie sozialen oder pflegenden Institutionen, die sich uns anschliessen. Mit einer breiteren Abstützung ist auch die Verjüngung der Struktur gegeben.» Eine Aussage, die mit Blick auf die angestrebte Fusion erstaunt, zumal die St. Heinrich-Stiftung hinsichtlich der Versicherten ebenfalls ein Durchschnittsalter von 49 Jahren aufweist. Nachgefragt bei Philipp Sutter von der Berag AG, welche das operative Geschäft der St. Heinrich-Stiftung führt, heisst es: Das Alters- und Pflegeheim Marienhaus mit eher jüngeren Versicherten mache die Hälfte der aktiven Beitragszahler bei der St. Heinrich-Stiftung aus. Zudem stünden nach einem Zusammenschluss mit der Pensionskasse der Römisch-Katholischen Landeskirche des Kantons Aargau die Chancen gut, «dass sich weitere Arbeitgeber anschliessen.»
Uneinheitlichkeit als Hindernis bei der Stellenbesetzung
Eine Richtung, die auch Regula Baur im Blick hat. Und die Projektleiterin der angedachten Fusion denkt sogar noch einen Schritt weiter. «Idealerweise ist das Zusammengehen mit der Basler St. Heinrich-Stiftung erst der Anfang. Als Vision sehe ich eine einzige Pensionskasse für möglichst das gesamte Bistumsgebiet. Wir könnten dann mit rund einer Milliarde Franken Vermögen nicht nur dezidierter nach sozialverträglichen Kriterien das Geld der Versicherten anlegen, es würde auch den Stellenwechsel innerhalb des Bistums erleichtern.» In der Tat haben gewisse Kantone – so auch der Aargau – bei Stellenbesetzungen einen Nachteil, weil das ohnehin rar gesäte Seelsorgepersonal mit Blick auf einen neue Stelle schaut, wo in Sachen Renten die besten Bedingungen vorherrschen. Die Versicherten sowie die angeschlossenen Arbeitgeber der Basler St. Heinrich-Stiftung zahlen deutlich höhere Vorsorgebeiträge als die Aargauerinnen und Aargauer, was höhere Renten ergibt. Bei der Altersgruppe 55 – 64/65 liegt der Unterschied bei 8,5 Prozent.
Uneinigkeit beim Thema Vorsorgebeiträge
Demzufolge stellt die Höhe der versicherten Beiträge bei den beiden hochzeitswilligen Kassen die grösste Herausforderung dar. Umso mehr, weil die geschäftsführenden Vertreter beider Kassen in diesem Punkt unterschiedliche Auffassungen vertreten. «Dieser Prozess wird seine Zeit brauchen, um diesen zentralen Punkt zu lösen», meint Philipp Sutter, der im operativen Geschäft die St. Heinrich-Stiftung vertritt. In dieser Aussage impliziert Philipp Sutter auch die Ansicht, dass sich die Argauerinnen und Aargauer möglichweise in Richtung der Basler Beiträge bewegen könnten. Alle Schweizer Unternehmen müssten den Alterssparprozess verstärken, so Philipp Sutter. Die Umwandlungssätze würden sinken. Wenn die Renten auf dem aktuellen Niveau gesichert werden sollen, dann gehe das letztlich nur mit höheren Sparbeiträgen. Die St. Heinrich-Stiftung habe dahingehend ein sehr hohes Leistungsniveau. Regula Baur verweist demgegenüber darauf, dass in diesem Punkt auch die Arbeitgeber gefordert seien. Angesichts drohender Steuerausfälle, bedingt durch den Mitgliederschwund in der Römisch-Katholischen Kirche, dürfte sich die Finanzierung ohnehin schwieriger gestalten. «Hier müssen gemeinsam gute Lösungen gefunden werden.»Die Herausforderung, so sind sich beide fusionswilligen Parteien einig, wird sein, für alle Versicherten und Arbeitgeber verträgliche Versicherungspläne zu erarbeiten. Diese könnten einerseits Vorsorgepläne für das Personal der Römisch-Katholischen Kirche sein und andererseits Vorsorgepläne für die übrigen angeschlossenen Institutionen und Betriebe. Es muss wohl davon ausgegangen werden, dass künftig unterschiedliche Vorsorgepläne angeboten werden.
Standort in Aarau soll bleiben
Das Management der beiden Kassen soll künftig von Basel aus geschehen, von der Berag AG, die neben der St. Heinrich-Stiftung verschiedene Pensionskassen managt. Für die Versicherten im Aargau soll es eine Dependance in Aarau geben. «Es ist das Anliegen beider Partner, dass die Versicherten auch künftig in Reichweite eine optimale persönliche Betreuung erhalten», erklärt Regula Baur.