Berühren, zuhören, echt werden – 30 Jahre Offene Kirche Elisabethen
Berühren, zuhören, echt werden – 30 Jahre Offene Kirche Elisabethen
Die Kirche war voll: verschiedene Gründungsmitglieder, die Präsidentin Brigitta Gerber, die Leitenden Anne Burgmer und Frank Lorenz, Bischof Felix Gmür, der Kirchenratspräsident der EKS Lukas Kundert, die Regierungsräte Toni Lauber (BL) und Esther Keller (BS) und viele weitere Gäste – sie alle waren gekommen, um den Geburtstag eines Ortes zu feiern, an dem Menschen seit 30 Jahren auf besondere Weise so willkommen und angenommen sind, wie sie gerade, «ganz echt» da sind. Hansruedi «Felix» Felix, der Gründungspfarrer der Offenen Kirche Elisabethen (OKE), steht sichtlich gerührt vor dem Mikrofon. Auf den Stühlen vor ihm und an Stehtischen bis weit in das Kirchenschiff hinein haben sich viele Menschen eingefunden. Langjährige Wegbegleiter der OKE, Vertreter/innen aus Politik und Kirche, Menschen, für die die OKE ein «safe space», ein sicherer Ort ist, an dem sie genau so sein können, wie sie sind. In seiner Rede erinnert sich Felix daran, wie alles angefangen hat. «Ich habe nichts entworfen», stellt er direkt zu Beginn klar. «Ich habe zugehört. Es waren schon so viele Menschen bereit für diese Idee.» Und er ergänzt: «Es ist nichts leichter, als eine Idee zu verwirklichen, deren Zeit gekommen ist.» Und sie wollte heraus, die Idee; innerhalb von vier Stunden war das Projekt aufgeschrieben.
«Körperkirche» ist in Felix’ Vortrag ein Wort, das immer wieder fällt. Er zitiert damit Kurt Marti: «Umarmungen, Küsse und heilige Mähler. Erst später: Kirchen aus Stein.» Für Felix ist das Geheimnis dieses Ortes – der OKE – die Körperlichkeit. Der ganze Mensch ist willkommen bei Gott, genau so, wie er sich jetzt fühlt. Genau so ungläubig, so zweifelnd, so verzweifelt. Berühren, zuhören, echt werden. Körper Seele und Geist kommen hier in einer Form zusammen, die Menschen anspricht. «Die OKE gleicht einem Teller, auf dem das Brot des Lebens liegt und wo die Menschen einfach zugreifen können; jede und jeder» schliesst Felix seine Rede. «Und am liebsten würden wir den Teller noch umdrehen, dass ja kein Rand die Menschen hindert, von diesem Brot zu nehmen und sich zu stärken.»
Interview mit Anne Burgmer, Leiterin der OKE
Welche Rolle nimmt die OKE gegenüber den Kirchen ein?
Anne Burgmer: Wir sind ein Ort, an dem ausprobiert wird, wie Kirche anders funktionieren kann – sicher auch mit Blick auf die Finanzierung. Zwar sind wir Vertreter/innen der beiden grossen Landeskirchen – doch sind wir eher postkonfessionell für alle Menschen da, die zu uns kommen. Wir haben andererseits keinen Auftrag zur Gemeindebildung und sollen in unseren Angeboten keine Konkurrenz zu den klassischen Pfarreien sein.
Was sieht die OKE als ihre Aufgaben an? Warum «braucht» es sie?
Eine häufig gehörte Reaktion auf uns ist, dass Menschen sagen: «Zu euch komme ich, weil ihr anders Kirche seid» – ohne den klassischen kirchlichen Rucksack. Das habe ich gerade im Zusammenhang mit der Missbrauchsstudie mehrfach gehört. Wir sind ein kirchlicher Ort, auch für Menschen, die Bedenken und Vorbehalte gegenüber den «normalen» Pfarreien haben. Ausserdem sind wir ein Ort, an dem Menschen ohne jegliche «kirchliche Vorbildung» sich trauen, ihre Fragen nach Gott zu stellen.
Wen möchte die OKE mit ihrem Programm ansprechen?
Diejenigen, die die Frage nach der oder dem stellen, die oder der grösser ist als alles und von der oder dem wir sagen: «Sie oder er ist uns liebend zugewandt und ermutigt uns, gelingendes Leben ohne Angst um uns selbst zu leben». Diejenigen, die suchen und zweifeln. Und diejenigen, die neue Worte für ihren vielleicht langwährenden Glauben suchen.
Auf was freut ihr euch in der kommenden Zeit? Was sind aber auch Herausforderungen?
Relativ nah, zeitlich, freue ich mich auf das Waldfest des Theater-Platz-Quartier-Vereins, in dem wir Mitglied sind und darüber hinaus lasse ich mich überraschen, was so kommen wird. Herausfordernd bleibt unsere finanzielle Situation. Doch da sind wir dran.
Leonie Wollensack