
Gegenüber
Während einer Kaffeepause an der Besuchsdiensttagung für Freiwillige sass mir zufällig ein älterer Mann gegenüber. Gefasst erzählte er von seinem Leben, und gebannt lauschte ich seinen Worten. Er nahm den Faden seines Lebens bei einem einschneidenden Moment auf, als seine Frau vor gut zehn Jahren die Diagnose Demenz erhielt. Liebevoll schilderte er, wie sie seitdem gemeinsam das Leben mit Demenz meisterten. Vor zwei Jahren bat sie ihn, in ein Seniorenheim ziehen zu können, um ihn zu entlasten. Dort fühlte sie sich wohl, und er besuchte sie täglich, wobei er neue Menschen kennenlernte. Mit Begeisterung – bei Lachen und Weinen – sprach er von zahlreichen Erlebnissen. Vor wenigen Wochen verstarb seine Frau.
Neu möchte er sich im Besuchsdienst engagieren und weiterhin die Menschen im Seniorenheim besuchen gehen. Die Leitung des Heims hat ihn bereits angefragt. Was mich am meisten beeindruckte, war seine Ausstrahlung: tiefe Traurigkeit und gleichzeitig ein frohes Gemüt. Seine menschliche Tiefe berührte mich so sehr, dass ich mich heute noch gerne an diese Begegnung erinnere. Trotz der Unwägbarkeiten des Lebens strahlte er tiefen, ansteckenden Frieden aus. Diese Geschichte hat er mir geschenkt, und ich erzähle sie gerne weiter. Solche Geschichten erleben und sinnlich erfahren kann man in der Freiwilligenarbeit beim Besuchsdienst.
Alois Metz arbeitet auf der Fachstelle Bildung und Propstei Aargau im Bereich Kompetenz für Freiwillige und Umwelt.


