Christlich leben heisst Beistand leisten

Christlich leben heisst Beistand leisten

Matthäus 25,35–36Ich war hun­grig und ihr habt mir zu essen gegeben; ich war durstig und ihr habt mir zu trinken gegeben; ich war fremd und ihr habt mich aufgenom­men; ich war nackt und ihr habt mir Klei­dung gegeben; ich war krank und ihr habt mich besucht; ich war im Gefäng­nis und ihr seid zu mir gekom­men. Ein­heit­süber­set­zung 2016 

Christlich leben heisst Beistand leisten

An einem son­ni­gen Früh­lingsson­ntag war ich wieder ein­mal mit meinem Fre­und Miguel zu Fuss in Rom unter­wegs. Beim Vor­beige­hen erzählte er mir die Leg­ende von der Tiberin­sel: 300 vor Chris­tus grassierte in der Stadt Rom eine furcht­bare Seuche. Die Priester sandten in ihrer Hoff­nungslosigkeit Boten nach Epi­dau­ros, dem Kult­platz von Aes­cu­lap, dem griechis­chen Gott der Heilkun­st. Sie kehrten mit ein­er heili­gen Schlange nach Rom zurück, die ihnen vom Boot aus jedoch auf der Höhe der Tiberin­sel entwischte. Daraufhin wurde dort ein Tem­pel errichtet, der Aes­cu­lap gewei­ht wurde. Wie es dann mit der Seuche weit­erg­ing, wis­sen wir nicht. Aber dass dort im Jahr 1582 die Ordens­brüder des heili­gen Johannes von Gott ihre Kirche und das Kranken­haus «Fate bene fratel­li» errichteten, ist keine leere Über­liefer­ung. Es existiert mit dem dazuge­hören­den Kloster noch heute.Johannes von Gott, der Ordens­grün­der der Barmherzi­gen Brüder, führte ein sehr abwech­slungsre­ich­es Leben. Fast scheint es so, dass er lange Zeit nicht so recht wusste, was er machen sollte. Die Predigt des Johannes von Ávi­la hat ihn aufgerührt. Er ran­nte nackt durch die Strasse und wurde als Wahnsin­niger ins königliche Spi­tal von Grana­da gebracht. Der darob erschrock­ene Johannes von Ávi­la kon­nte ihn der Über­liefer­ung nach wieder zur Ver­nun­ft brin­gen, woraufhin Johannes von Gott sich auf­grund seines Kranken­hausaufen­thalts und der gemacht­en Erfahrun­gen ganz der Krankenpflege annahm. Er tat dies in ein­er für die dama­lige Zeit unüblichen, äusserst men­schlichen Art und Weise und kon­nte zahlre­iche junge Leute dafür begeis­tern, die dann mit ihm einen Krankenpflegev­ere­in grün­de­ten. Erst nach seinem Tod entwick­elte sich aus diesem Vere­in der Orden der Barmherzi­gen Brüder.Kein Wun­der also, wer­den uns im Evan­geli­um an seinem Gedenk­tag die Werke der Barmherzigkeit vor Augen geführt. Ein­drück­lich legt uns Jesus nahe, worauf es ankommt und was sein Massstab ist. Christlich leben bedeutet also, sich in die Not des Gegenübers hineinzu­ver­set­zen und ihm tatkräftig Bei­s­tand zu leis­ten. Essen, Trinken, Obdach, Klei­dung, Pflege und Zuwen­dung geben, das führt zum Zen­trum des christlichen Glaubens und betont in beson­der­er Weise die Würde des Men­schen. In der späteren Tra­di­tion wurde noch das siebte Werk der Barmherzigkeit – «Tote bestat­ten» – hinzuge­fügt. Neb­st diesen leib­lichen Werken der Barmherzigkeit entwick­el­ten sich entsprechend sieben Werke der «geisti­gen» Barmherzigkeit: Unwis­sende lehren, Zweifel­nden rat­en, Irrende zurechtweisen, Trauernde trösten, Unrecht ertra­gen, Belei­di­gun­gen verzei­hen, für Lebende und Tote beten.Johannes von Gott hat für seine Zeit neue Pflegemeth­o­d­en einge­führt, bei denen die Zuwen­dung zum Men­schen und seinem Einzelschick­sal im Zen­trum stand. Das hat ver­mut­lich seine Zeitgenossen der­massen beein­druckt, dass sie sich für seine Ideen mobil­isieren liessen. Damit hat Johannes eine Bewe­gung aus­gelöst, die bis heute anhält.Wenn wir uns fra­gen, wie wir in der heuti­gen Zeit christlich leben und andere Men­schen davon überzeu­gen kön­nen, dann kann uns Johannes von Gott Vor­bild und Ermu­ti­gung sein. Die Werke der Barmherzigkeit sind dabei eine konkrete Anre­gung. Sie kön­nen uns inspiri­eren, Gott noch mehr «in Tat und Wahrheit» zu lieben (1. Brief des Johannes 3,18).Math­ias Jäg­gi, The­ologe und Sozialar­beit­er, arbeit­et als Beruf­ss­chullehrer   
Christian von Arx
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