Zwi­schen Stür­men und Rettung

Zwi­schen Stür­men und Rettung

Gene­sis 8,6–12 Nach vier­zig Tagen öff­ne­te Noach das Fen­ster der Arche (…). Dann liess er eine Tau­be hin­aus (…) Die Tau­be fand nichts, wo sie ihre Füs­se ruhen las­sen konn­te, und kehr­te zu ihm in die Arche zurück (…). Dann war­te­te er noch wei­te­re sie­ben Tage und liess wie­der die Tau­be aus der Arche. Gegen Abend kam die Tau­be zu ihm zurück und sie­he: In ihrem Schna­bel hat­te sie einen fri­schen Ölzweig. Da wuss­te Noach, dass das Was­ser auf der Erde abge­nom­men hat­te. Er war­te­te noch wei­te­re sie­ben Tage und liess die Tau­be hin­aus. Nun kehr­te sie nicht mehr zu ihm zurück.Ein­heits­über­set­zung 2016 

Zwi­schen Stür­men und Rettung

Die Geschich­te von Noach und der Arche ist uns seit Kin­der­ta­gen bekannt. Und wir wis­sen auch, dass die­se Geschich­te gut aus­geht. Das macht sie erträg­li­cher. Gott setzt am Ende den Regen­bo­gen als Bun­des­zei­chen an den Him­mel.Doch wie ist es in den Stür­men unse­res Lebens? Wie viel leich­ter wäre es doch, wenn wir auch da wüss­ten, wie es aus­geht und wie wir wie­der Boden unter die Füs­se bekom­men!Wenn wir mit­ten in der Kri­se stecken, möch­ten wir wohl alle mög­lichst schnell wie­der aus dem Sturm raus. Und doch wis­sen wir: Neue Wege zu erken­nen, das braucht Zeit. Man­ches will gut über­legt sein, von so manch Lieb­ge­won­ne­nem müs­sen wir uns ver­ab­schie­den und vie­les liegt gar nicht in unse­rer Hand. So bleibt uns nur, wie Noach, viel Geduld und Ver­trau­en auf­zu­brin­gen, denn wir wis­sen nicht, wann die Flut in unse­rem Leben abeb­ben wird.Mich fas­zi­niert an die­ser Sint­flut­ge­schich­te vor allem das Dazwi­schen. Die Zeit zwi­schen der Kata­stro­phe und der end­gül­ti­gen Ret­tung. Sozu­sa­gen die Ruhe nach dem Sturm.Die­ser Noach über­rascht mich. Er reisst nicht gleich das Fen­ster auf und springt her­aus, um die Gegend zu erkun­den, son­dern er war­tet erst mal ein­fach ab. Er war­tet, bis die Zeit reif ist. Erst dann öff­net er das Fen­ster, lässt Luft und Licht in die Arche und damit auch durch Kör­per und See­le strö­men. Schritt für Schritt wird er aktiv und lässt drei Tau­ben als Kund­schaf­te­rin­nen flie­gen.Wel­che «Tau­ben» wür­den wir heu­te aus­sen­den? Wel­ches wären unse­re ersten Schrit­te nach dem Sturm?Viel­leicht wagen wir erste tasten­de Schrit­te auf ande­re zu oder ver­su­chen, neue Kon­tak­te zu knüp­fen, uns neu zu ori­en­tie­ren, offen zu sein und abzu­war­ten, was zurück­kommt?Wenn dann unse­re «Tau­be» mit lee­rem Schna­bel zurück­kommt und wir bemer­ken, dass es noch zu früh ist für feste Schrit­te oder guten Halt, dann heisst es: Wei­ter war­ten und einen näch­sten Ver­such wagen.Manch­mal kommt die Tau­be viel­leicht mit einem Oli­ven­zweig im Schna­bel zurück: einem hoff­nungs­fro­hen Zei­chen, in Form von ganz kon­kre­ter Hil­fe, oder auch in Form eines Lachens, einer Umar­mung oder einer Ein­la­dung.Manch­mal müs­sen wir aber auch meh­re­re Tau­ben aus­sen­den – bis wir wie­der festen Boden unter den Füs­sen haben.Noach hat die Zei­chen der Zeit erkannt. Nach Sint­flut und Ret­tung konn­te neu­es Leben wach­sen. Dies ist auch uns ver­heis­sen. Der Regen­bo­gen am Ende der Geschich­te soll auch für uns ein Zei­chen der Hoff­nung sein: Gott lässt uns in unse­ren Stür­men nicht unter­ge­hen!Nadia Miri­am Kel­ler, Theo­lo­gin, arbei­tet als Spi­tal­seel­sor­ge­rin am St. Cla­ra­spi­tal in Basel    
Christian von Arx
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