Zu faul, um an Gott zu glauben?
- Wie wichtig ist Jugendlichen Religion? Die Römisch-Katholische Landeskirche Aargau wollte es wissen.
- Über zwei Torbögen mit den Aufschriften «Religion(en) finde ich interessant» und «Religion interessiert mich nicht» konnten Schülerinnen und Schüler der Alten Kantonsschule Aarau ein Statement abgeben und sich äussern.
Zwei nebeneinander aufgestellte Torbögen auf einem der Wege des Campus der Alten Kantonsschule Aarau: Die Schülerinnen und Schüler können sich entscheiden, unter welchem Bogen sie durchgehen möchten. Über beiden befindet sich ein Schild. Auf dem einen steht «Religion(en) finde ich interessant», auf dem anderen «Religion interessiert mich nicht.» Susanne Muth, Leiterin der Fachstelle Jugend und junge Erwachsene der Römisch-Katholischen Landeskirche Aargau, sowie Bärbel Hess, Lehrperson für das Ergänzungs‑, aber auch das Freifach Religion an der Schule, verteilen Flyer und versuchen, mit den Jugendlichen über Religion ins Gespräch zu kommen.
Freifach Religion kaum noch gefragt
«Wir möchten vor allem das Freifach Religion bewerben», erklärt Bärbel Hess. Es werde immer schwieriger, genügend Schülerinnen und Schüler für einen Jahreskurs zusammenzubekommen. «Ich habe an der Schule kaum eine Möglichkeit, den Jugendlichen das Fach vorzustellen. Hinzu kommt: Die Stundenpläne sind dicht, das Angebot an Freifächern mit über 30 Wahlmöglichkeiten gross.Pause: Zahlreiche Schülerinnen und Schüler eilen von einem Gebäude zum anderen, kreuzen die Torbögen. Viele sind ins Gespräch vertieft, nehmen kurz Notiz von dem vor ihnen stehenden «Hindernis», eilen dann aber weiter, ohne einen Flyer entgegenzunehmen.Die Reaktionen seien unterschiedlich, meint Susanne Muth: «Einige machen von vornherein einen Bogen um unsere Aktion hier. Der Pulk läuft einfach durch, aber einzelne halten inne und nehmen sich kurz Zeit.»
Verstehen, wie Menschen mit anderer Religion die Welt sehen
«Religion interessiert mich nicht», gibt eine Erstklässlerin unumwunden zu. Ihre Eltern seien zwar katholisch, aber nur auf dem Papier – sowie sie selbst. In die Kirche gehe man nicht mehr. Ein Viertklässler hingegen erachtet es als wichtig, dass man sich für Religion interessiert. «Ich habe bereits verschiedene Menschen kennen gelernt, die unterschiedlichen Religionen angehörten. Mich interessiert, wie Menschen mit einem anderen religiösen Hintergrund die Welt sehen», erklärt der junge Mann.Ein Mädchen posiert vor dem Bogen mit der Aufschrift «Religion interessiert mich nicht.» und lässt von ihrer Kollegin ein Foto machen. Sie habe versucht, gläubig zu sein, aber es habe nicht funktioniert, erklärt sie. Ihre Eltern stammten aus Serben, man lebe die christlich-orthodoxe Tradition. Dem fühle sie sich nach wie vor verbunden und zeigt auf Armband mit Kreuzanhänger. Auch die orthodoxen Feste feiere man in der Familie. Weihnachten nach Weihnachten zum Beispiel. Das verbinde.
«Religion hat der Mensch gemacht»
Schliesslich hält eine 10. Klässlerin der Kantonalen Schule für Berufsbildung mit ihren Freundinnen bei den Torbögen. «Religion ist eine Sache, die der Mensch gemacht hat – mit Gott hat das nichts zu tun», erklärt die junge Frau selbstbewusst und ergänzt: «Ich glaube an Gott, habe aber keine Religion.» Der Grund: Sie könne sich nicht vorstellen, dass das alles hier einfach aus dem Nichts heraus entstanden sei.Eine originelle Antwort hat ein gross gewachsener Bursche, der lachend die Torbögen passiert und ein wenig mit Susanne Muth und Bärbel Hess schäkert. Er sei schlicht zu faul, um an Gott zu glauben. «Wenn man schon religiös sein will, dann muss man es engagiert machen», erklärt er und eilt zum Eingang des würfelförmigen Schulgebäudes, wo er die nächsten Lektionen besuchen wird.