Zeit der Umkehr

Gewohn­hei­ten sind zäh und lang­le­big. Sie las­sen sich nicht so schnell ver­trei­ben. Wer eine schlech­te Gewohn­heit los wer­den will, soll­te an ihre Stel­le eine gute Gewohn­heit set­zen. Das braucht Zeit.Die Kir­che bie­tet vor Ostern eine Zeit der Ein­übung an. Sie nennt sie Zeit der Umkehr. Umkeh­ren meint: Sich in eine posi­ti­ve Rich­tung ver­än­dern, um mehr Freu­de und Sinn im Leben zu gewin­nen. Es geht dar­um, einen wei­te­ren Schritt zu tun auf dem Weg zur Lebens­fül­le, die Chri­stus allen Men­schen eröff­net hat, und die wir an Ostern fei­ern. Wäh­rend der öster­li­chen Vor­be­rei­tungs­zeit wird Chri­stin­nen und Chri­sten die Gele­gen­heit gege­ben, als Ein­zel­ne, als Fami­lie oder als kirch­li­che Gemein­schaft, Tag für Tag ganz bewusst etwas Bestimm­tes zu tun oder zu las­sen. Das Ein­ge­üb­te soll zu einer guten Gewohn­heit wer­den, so dass wir an Ostern nicht wie­der zum «alten Men­schen» zurück­keh­ren, son­dern eine neue, Chri­stus gemäs­se­re Hal­tung gewin­nen und als «neue Men­schen÷ leben (Röm 6,4; Eph 4,22–24).Fasten ist nur eine Mög­lich­keit Wir nen­nen die Zeit vor dem gros­sen christ­li­chen Fest übli­cher­wei­se Fasten­zeit. Dabei ist Fasten nicht die ein­zi­ge Mög­lich­keit, die­se Zeit zu gestal­ten. Als eigent­li­che Fast- und Absti­nenz­ta­ge gel­ten in der katho­li­schen Kir­che nur Ascher­mitt­woch und Kar­frei­tag. An die­sen Tagen sol­len die Gläu­bi­gen weni­ger und bewuss­ter spei­sen, ins­be­son­de­re auf Fleisch und Wein ver­zich­ten. An den Frei­ta­gen (des gan­zen Jah­res) soll gefa­stet oder auf ande­re Wei­se Ver­zicht geübt wer­den.Vier­zig-Tage-Zeit Seit dem vier­ten Jahr­hun­dert nennt man die Vor­be­rei­tungs­zeit auf Ostern schlicht «Vier­zig-Tage-Zeit», latei­nisch: Quad­ra­ge­si­ma. Vom sech­sten Sonn­tag vor Ostern bis zum Grün­don­ners­tag, dem Beginn des drei­tä­gi­gen Hoch­fe­stes (Tri­du­um), waren es genau 40 Tage. Als im Mit­tel­al­ter das Fasten­mo­tiv in den Vor­der­grund trat, nann­te man die gan­ze Vor­be­rei­tungs­zeit auf Ostern Fasten­zeit. Da die Sonn­ta­ge nicht als Fasten­ta­ge gal­ten, ver­schob man den Beginn der Fasten­zeit auf den Ascher­mitt­woch und zähl­te Kar­frei­tag und Kar­sams­tag dazu. So kam man auf genau 40 Fasten­ta­ge. Nach heu­ti­ger Rege­lung dau­ert die Quad­ra­ge­si­ma von Ascher­mitt­woch bis Grün­don­ners­tag. Zählt man die Sonn­ta­ge mit, sind es 44 Tage, zählt man sie nicht dazu, sind es nur 38. Die Zahl 40 wird damit zwar rech­ne­risch nicht erreicht, doch sie hat vor allem sym­bo­li­sche Bedeu­tung. In der Bibel kommt sie häu­fig vor: 40 Tage und Näch­te dau­er­te die Sint­flut (Gen 7,4). 40 Jah­re lang wan­der­te das Volk Isra­el durch die Wüste (Gen 16,35; Jos 5,6). 40 Tage und Näch­te ver­brach­te Mose auf dem Berg Sinai in der Gegen­wart Got­tes (Gen 24,18; 34,28). Der Weg des Pro­phe­ten Elja zum Berg Horeb dau­er­te 40 Tage und Näch­te (1 Kön 19,8). Die Bewoh­ner von Nini­ve hat­ten 40 Tage Zeit umzu­keh­ren und Bus­se zu tun, um die Zer­stö­rung ihrer Stadt abzu­wen­den (Jona 3). Jesus ver­brach­te 40 Tage in der Wüste, um sich auf sei­ne Auf­ga­be vor­zu­be­rei­ten (Mk 1,13; Mt 4,2; Lk 4,1). Vier­zig Tage lang erschien der auf­er­stan­de­ne Jesus den Apo­steln, bevor er in den Him­mel auf­ge­nom­men wur­de (Apg 1,3).Gott neu begeg­nen Die Zahl Vier­zig mar­kiert in der Bibel einen län­ge­ren Zeit­raum, der ein­zel­nen Per­so­nen oder Gemein­schaf­ten die Gele­gen­heit gibt, Gott neu zu begeg­nen, ihre Lebens­wei­se zu über­den­ken und grund­le­gend zu ändern. Die Zahl Vier­zig steht für Wan­del und Erneue­rung. Die 40er-Geschich­ten in der Bibel laden ein, sie auf­zu­schla­gen und mit ihnen ins Gespräch zu kom­men.Josef-Anton Wil­la, Lit­ur­gi­sches Insti­tut der deutsch­spra­chi­gen Schweizwww.liturgie.ch
Redaktion Lichtblick
mehr zum Autor
nach
soben