Zei­chen mün­di­gen Christseins

Zei­chen mün­di­gen Christseins

Eine Geste erregt die Gemü­ter: Ende der 1960er Jah­re wur­de hier­zu­lan­de in der katho­li­schen Pres­se über die Ein­füh­rung der Hand­kom­mu­ni­on debat­tiert. Heu­te ist die neue alte Form eta­bliert. Ein Bei­spiel gelun­ge­ner lit­ur­gi­scher Reform. Im vier­ten Teil der Rei­he des Lit­ur­gi­schen Insti­tu­tes der deutsch­spra­chi­gen Schweiz zum 50-jäh­ri­gen Jubi­lä­um des Kon­zils erschliesst Josef-Anton Wil­la eine neue alte Geste.«Was soll eine Kir­che, die sich ange­sichts der gros­sen Welt­pro­ble­me dar­um zankt, ob man die Hostie auf die Hand oder in den Mund legen darf?», schrieb ein Seel­sor­ger in den Neu­en Zür­cher Nach­rich­ten im Jah­re 1969. Nach wie vor hat die Fra­ge der Ver­hält­nis­mäs­sig­keit bei inner­kirch­li­chen Dis­kus­sio­nen Berech­ti­gung. Ande­rer­seits erle­ben wir auch, wie signi­fi­kant und fol­gen­reich sym­bo­li­sche Gesten sein kön­nen.Zei­chen der Zuwen­dung Gottes Wer­de ich gefragt, wie etwas in der Lit­ur­gie zu hand­ha­ben sei, ant­wor­te ich ger­ne: so unge­zwun­gen, selbst­ver­ständ­lich acht­sam und rück­sichts­voll, wie wir auch im täg­li­chen Leben mit Men­schen, ande­ren Lebe­we­sen und Din­gen umge­hen. Wenn lit­ur­gi­sche Zei­chen auf allen Ebe­nen stim­men, kön­nen wir sie als Zei­chen der Zuwen­dung Got­tes erfah­ren. Durch die Jahr­hun­der­te hat sich in der lit­ur­gi­schen Pra­xis viel­fach eine Künst­lich­keit ein­ge­schli­chen, die den Sinn des Gesche­hens ver­dun­kel­te. Das Zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil mahnt: «Die Riten mögen den Glanz edler Ein­fach­heit an sich tra­gen und knapp, durch­schau­bar und frei von unnö­ti­gen Wie­der­ho­lun­gen sein. Sie sei­en der Fas­sungs­kraft der Gläu­bi­gen ange­passt und sol­len im All­ge­mei­nen nicht vie­ler Erklä­run­gen bedür­fen.»Spie­gel der Seele So auch der Ritus des Kom­mu­ni­on­aus­tei­lens. Er ist Geben und Neh­men. Hier begeg­nen sich Men­schen, es geschieht Begeg­nung mit Gott. Dabei spie­len die Hän­de eine wich­ti­ge Rol­le. Mit ihnen kom­mu­ni­zie­ren wir, tau­schen wir uns aus, berüh­ren wir. Hän­de sind ein «Spie­gel der See­le», for­mu­liert Roma­no Guar­di­ni. Nach dem Ant­litz sei­en sie der «gei­stig­ste Teil des Lei­bes». Wer emp­fan­gen möch­te, streckt sei­ne Hän­de aus, formt sie zu einer Scha­le. Die Geste signa­li­siert Bedürf­tig­keit; wie beim Bett­ler am Stras­sen­rand. Offe­ne Hän­de sind eine Ein­la­dung zur Begeg­nung, brin­gen Ver­trau­en und Ent­ge­gen­kom­men zum Aus­druck. Der Kir­chen­leh­rer Cyrill von Jeru­sa­lem schreibt im 4. Jahr­hun­dert, man sol­le bei der Kom­mu­ni­on mit den Hän­den einen Thron for­men, um den König, Chri­stus, zu emp­fan­gen. Die Pra­xis der Mund­kom­mu­ni­on begann erst im 9. Jahr­hun­dert mit dem Auf­kom­men der klei­nen dün­nen Hosti­en­schei­ben anstel­le von nor­ma­lem Brot. Die Angst vor Ver­un­eh­rung der Eucha­ri­stie, die Abwehr von Miss­bräu­chen und ein ding­haf­tes Ver­ständ­nis der Gegen­wart Chri­sti in der Hostie unter­mau­er­ten die Pra­xis. Nur des Prie­sters Hän­de gal­ten als wür­dig, den Leib Chri­sti zu berüh­ren. Die Pra­xis der Mund­kom­mu­ni­on setz­te sich ohne eine expli­zi­te kirch­li­che Vor­schrift durch. Die Lit­ur­gi­sche Bewe­gung des 20. Jahr­hun­derts dis­ku­tier­te im Zusam­men­hang mit der For­de­rung nach täti­ger Teil­nah­me der Gläu­bi­gen ver­ein­zelt die Rück­kehr zur Hand­kom­mu­ni­on. Das Zwei­te Vati­ka­ni­schen Kon­zil selbst äus­ser­te sich nicht dazu, doch in etli­chen Pfar­rei­en begann man in den fol­gen­den Jah­ren den Gläu­bi­gen, die es wünsch­ten, die Hostie in die Hand zu geben. 1969 gestat­te­te Rom den Bischofs­kon­fe­ren­zen, die Hand­kom­mu­ni­on als zusätz­li­che Form offi­zi­ell zuzu­las­sen.Wür­de des Christenmenschen Mund- und Hand­kom­mu­ni­on sind gleich­ran­gig, wecken jedoch unter­schied­li­che Asso­zia­tio­nen. Wäh­rend die Mund­kom­mu­ni­on die völ­li­ge Abhän­gig­keit des Men­schen von Gott in den Vor­der­grund stellt, setzt die Hand­kom­mu­ni­on einen ande­ren Akzent: Es hängt zwar nicht von uns ab, dass wir Chri­stus in der Eucha­ri­stie begeg­nen, wie beim Bett­ler Bar­ti­mä­us kommt es jedoch auf unse­ren Glau­ben an. Auf unse­re Bereit­schaft, uns berüh­ren und hei­len zu las­sen. Das Kon­zil rief die unver­lier­ba­re Wür­de und die Ver­ant­wor­tung jedes Chri­sten­men­schen in Erin­ne­rung. Die wie­der­ent­deck­te Pra­xis der Hand­kom­mu­ni­on ist dafür ein klei­nes, doch wich­ti­ges Zei­chen.   Josef-Anton Willa/aj
Redaktion Lichtblick
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