Würziges Wundermittel

Würziges Wundermittel

Am Son­ntag nach Pfin­g­sten feiert die katholis­che Kirche den Dreifaltigkeitsson­ntag. Ein nicht immer ein­fach­es Fest, das mancherorts aber spezielle Würze hat.«keine Angst vor diesem Fest!», schreibt Mar­tin Brüske in einem Artikel über den Dreifaltigkeitsson­ntag für das litur­gis­che Insti­tut der deutschsprachi­gen Schweiz. Und doch, räumt er ein, finde er es ver­ständlich, «dass es manchem Predi­ger Perlen des Angstschweiss­es auf die Stirn treibt, ein­mal im Jahr stot­ternd das ‚unaus­prech­liche Geheim­nis der aller­heilig­sten Dreifaltigkeit’ erk­lären zu sollen». Der Dreifaltigkeitsson­ntag, in der Liturgie als Hochfest began­gen, wurde im Jahr 1570 einge­führt. Man hat dieses Fest in die Gruppe der «Ideen­feste» ein­ge­ord­net. Im Gegen­satz zu den heils­geschichtlichen Fes­ten, die Gottes Han­deln feiern, ste­ht hier eine abstrak­te Vorstel­lung, näm­lich jene der Dreieinigkeit Gottes, im Mit­telpunkt. Nicht ver­wun­der­lich, dass das Fest immer wieder ein­mal als «the­o­retisch» beze­ich­net wird. Aber Mar­tin Brüske betont, der Glaube an den dreifalti­gen Gott sei nicht das Ergeb­nis abstrak­ter Speku­la­tion, son­dern die Antwort auf die Art und Weise, wie Gott sich offen­bare. Er for­muliert anschaulich: «Als Vater bleibt Gott der tran­szen­dente Ursprung, der sich trotz sein­er radikal beteiligten Liebe nicht in der Welt ver­liert, als Sohn springt er mit­ten in den Staub der Geschichte bis zur Hingabe am Kreuz, als Geist nimmt er unser Herz und unsere Augen und öffnet sie für die Wirk­lichkeit der Liebe Gottes und für unsere Näch­sten.»

Salzsegnung im Aargau

In Dietwil und Ober­rüti – die Pfar­rkirche Ober­rüti ist dem Hl. Rupert von Salzburg gewei­ht – wird der Pfar­reiseel­sorg­er Andres Lien­hard am Dreifaltigkeitsson­ntag Salz seg­nen. Die Mit­feiern­den kön­nen es sel­ber in den Gottes­di­enst mit­brin­gen oder in kleine Säck­lein am Schluss abfüllen. Der Brauch der Salzseg­nung am Dreifaltigkeitsson­ntag scheint zumin­d­est im deutschsprachi­gen Raum ver­bre­it­et zu sein. Er ist in den Kan­to­nen Aar­gau, Luzern, St. Gallen, Thur­gau und Zug sowie in eini­gen Regio­nen Deutsch­lands anzutr­e­f­fen. Jedoch ist der Brauch nur lück­en­haft doku­men­tiert. So gibt der Archivar des Bis­tums Basel, Rolf Fäs, zu: «Warum das Salz genau am Dreifaltigkeitsson­ntag geseg­net wird, kon­nte ich lei­der nicht her­aus­find­en.» Die Pfar­reien, welche den Brauch pfle­gen, berufen sich darauf, dass diese Salzseg­nung «tra­di­tionell» üblich sei.» Das bestätigt auch der Pfar­reiseel­sorg­er Andres Lien­hard: «Die Salzseg­nung gibt es bei uns schon lange. Ich habe sie über­nom­men, weil das Salz eine konkrete, leben­sna­he und im wörtlichen Sinne kräftige Botschaft enthält. Schliesslich hat Jesus sel­ber in der Berg­predigt seinen Zuhör­ern verkün­det: Ihr seid das Salz der Erde.»

Quatembertage

Einen Anhalt­spunkt für einen möglichen Zusam­men­hang zwis­chen dem Dreifaltigkeitsson­ntag und der Seg­nung von Salz gibt ein Artikel von Pfar­rer Lukas Hid­ber aus dem Blatt der Seel­sorgeein­heit Gaster im Kan­ton St. Gallen: 
«Der Dreifaltigkeitsson­ntag ist auch Abschluss der Quatem­ber­woche (eine Art Dank- und Bitt­tage in den vier Jahreszeit­en) nach Pfin­g­sten. Die Son­ntage, welche die vier Quatem­ber­wochen abschliessen, nan­nte man auch «Gold­ene Son­ntage». Sie waren ein beliebter Zeit­punkt für Seg­nun­gen, vor allem für Wass­er, Salz und Brot. Der Volks­glaube hielt dies für beson­ders wirk­sam gegen böse Mächte.» Hier wird die Seg­nung also nicht mit dem Inhalt des Fests in Zusam­men­hang gebracht, son­dern mit den davor liegen­den Quatem­berta­gen.

Für Körper und Geist

Während bei anderen Gele­gen­heit­en im Kirchen­jahr — zum Beispiel zu Epiphanie — Salz geseg­net wird, um es dann ins gle­ichzeit­ig gewei­hte Wass­er zu streuen, brin­gen die Gottes­di­en­st­be­such­er am Dreifaltigkeitsson­ntag ihr Salz in die Kirche und nehmen es nach­her nach Hause. Die Ver­wen­dungszwecke des Dreifaltigkeit-Salzes sind wun­der­bar vielfältig. Je nach Region kommt es unter­schiedlich zum Ein­satz: «Ich kon­nte Hin­weise find­en, dass es zum häus­lichen Salzvor­rat hinzugeschüt­tet, den Speisen für Kranke hinzuge­fügt oder den Tieren verabre­icht wird, um vor Bösem zu schützen.», fasst Archivar Rolf Fäs zusam­men. Auch der aus Würen­lin­gen stam­mende His­torik­er Pirmin Meier erk­lärt: «Dem Salz, das man den Kühen gab, wurde geseg­netes Salz beige­mengt, das galt keineswegs als ehrfurcht­slos­er Miss­brauch, son­dern war und ist zum Teil noch Bestandteil der Stallseg­nung, die oft auch von Kapuzin­ern vorgenom­men wurde.» Auch Men­schen könne das Salz vor Unheil bewahren: «Im Luzern­er Hin­ter­land, in Obwalden und im Wal­lis hat es noch seine Bedeu­tung als Hagelschutz, ähn­lich den Kar­fre­itag­seiern. Und auch für das Aus­räuch­ern des Haus­es, vorzugsweise in der Kar­woche und zu den Fron­fas­ten­zeit­en emp­fohlen, wird geseg­netes Salz ver­wen­det. Der Vor­rat sollte also vom Dreifaltigkeitsson­ntag bis zum näch­sten Jahr reichen.», führt Pirmin Meier weit­er aus. Als ehe­ma­liger Gym­nasiallehrer erwäh­nt er aber noch eine zusät­zliche nüt­zliche Wirkung: «Das Salz im Kache­li schmückt man häu­fig mit frischen Blüten. Diese wer­den dann als Buchze­ichen für Schul­büch­er ver­wen­det, wobei diese gesalzenen Blüten ange­blich die Kinder gescheit­er machen.»
Marie-Christine Andres Schürch
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