Wer führt uns in Versuchung?

Wer führt uns in Versuchung?

Wer führt uns in Versuchung?

Papst Fran­zis­kus hat eine Dis­kus­si­on um die gute Über­set­zung der sech­sten Bit­te im Vater­un­ser ausgelöst

Ist es rich­tig, wenn wir im Vater­un­ser beten «Und füh­re uns nicht in Ver­su­chung»? Mit sei­ner Bemer­kung «das ist kei­ne gute Über­set­zung» hat Papst Fran­zis­kus eine Dis­kus­si­on aus­ge­löst. Gun­da Brüs­ke, Co-Lei­te­rin des Lit­ur­gi­schen Insti­tuts der deutsch­spra­chi­gen Schweiz in Frei­burg, zeigt, dass die­se Fra­ge unter Fach­leu­ten schon lan­ge umstrit­ten ist.Die sech­ste Bit­te des Vater­un­sers ist ins Blick­feld der Medi­en gera­ten. Anlass ist die geän­der­te Fas­sung der fran­zö­si­schen Über­set­zung, die in Frank­reich seit 1. Advent gilt: «Et ne nous laisse pas ent­rer en ten­ta­ti­on» (wört­lich: «Lass uns nicht in die Ver­su­chung ein­tre­ten»).In der Schweiz wur­de die­se Über­set­zung noch nicht ein­ge­führt, um den refor­mier­ten Lan­des­kir­chen Gele­gen­heit zu geben, sich zu die­ser neu­en fran­zö­si­schen Über­set­zung zu ver­hal­ten und sie gege­be­nen­falls auch ein­zu­füh­ren. Papst Fran­zis­kus hat­te sich am 6. Dezem­ber zu Über­set­zun­gen der sech­sten Bit­te geäus­sert und damit eine Debat­te aus­ge­löst. Die Bit­te «und füh­re uns nicht in Ver­su­chung» wur­de seit den Anfän­gen der Theo­lo­gie­ge­schich­te unter­schied­lich inter­pre­tiert – die Dis­kus­si­on ist also alles ande­re als neu. Auch unter Exege­ten gilt sie als die meist dis­ku­tier­te Bit­te.In der aktu­el­len Dis­kus­si­on wirkt die Fra­ge skan­da­li­sie­rend, ob Gott in Ver­su­chung füh­ren kön­ne. Der Papst ant­wor­te­te dar­auf mit einem kla­ren Nein. So heisst es bereits im Neu­en Testa­ment: «Kei­ner, der in Ver­su­chung gerät, soll sagen: Ich wer­de von Gott in Ver­su­chung geführt. Denn Gott lässt sich nicht zum Bösen ver­su­chen, er führt aber auch selbst nie­man­den in Ver­su­chung.» (Jako­bus­brief 1,13) Von einer Erpro­bung durch Gott spricht die Bibel in ver­schie­de­nen Zusam­men­hän­gen (Abra­ham, Hiob) im Hin­blick auf den Glau­ben der Erprob­ten und kei­nes­wegs mit dem Ziel, die­se zu Fall zu brin­gen – was dage­gen der Inten­ti­on des Bösen ent­spre­chen wür­de. Wenn die aktu­el­len Dis­kussionen zu einer Ver­ge­wis­se­rung über das ­bibli­sche Got­tes­bild und einer Aus­ein­an­der­set­zung über Wirk­lich­keit des Bösen bei­tra­gen wür­den, wäre das ein wich­ti­ger Bei­trag zu einer jahr­hun­der­te­al­ten und wohl jeder Gene­ra­ti­on neu auf­ge­ge­be­nen Fra­ge.

Auf Deutsch kei­ne Ände­rung zu erwarten

Der heu­ti­ge Wort­laut des Vater­un­sers ist das Ergeb­nis einer öku­me­ni­schen Arbeit in den Jah­ren 1966/67. Erst seit die­ser Zeit beten Chri­stin­nen und Chri­sten fast aller Kon­fes­sio­nen im deutsch­spra­chi­gen Gebiet das Vater­un­ser im sel­ben Wort­laut. Die jüng­sten deut­schen Bibel­über­set­zun­gen über­setz­ten die Bit­te (fast) genau­so wie im gespro­che­nen Gebet: «Und füh­re uns nicht in Ver­su­chung, son­dern erlö­se uns von dem Bösen.» (Mat­thä­us 6,13 in der Zür­cher­bi­bel 2007 und Luther­bi­bel 2017) und «Und füh­re uns nicht in Ver­su­chung, son­dern ret­te uns vor dem Bösen!» (Ein­heits­über­set­zung 1980 und 2016). Die revi­dier­te Ein­heits­über­set­zung von 2016 wur­de von den Bischö­fen des deut­schen Sprach­ge­biets appro­biert und in Rom bestä­tigt. Es ist der­zeit nicht damit zu rech­nen, dass die bis­he­ri­ge öku­me­ni­sche Fas­sung durch die Bischofs­kon­fe­ren­zen des deut­schen Sprach­ge­biets in Fra­ge gestellt wird.Gun­da Brüske
Redaktion Lichtblick
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