Wer bringt Licht in meine Dunkelheit?

Wer bringt Licht in meine Dunkelheit?

2. Korinther­brief 10,15–18Wir rüh­men uns nicht mass­los und mit frem­den Leis­tun­gen; aber wir haben die Hoff­nung, wenn euer Glaube stärk­er wird, vor euren Augen über das uns geset­zte Mass weit hin­auszuwach­sen und das Evan­geli­um über eure Gren­zen hin­auszu­tra­gen. Nach einem frem­den Massstab und auf einem Feld, das schon bestellt ist, wollen wir keinen Ruhm ern­ten. Wer sich also rühmt, der rühme sich im Her­rn. Denn nicht, wer sich selb­st emp­fiehlt, ist anerkan­nt, son­dern der, den der Herr emp­fiehlt.Ein­heit­süber­set­zung 2016 

Wer bringt Licht in meine Dunkelheit?

Wir ste­hen bere­its in der Mitte der Adventszeit. Da mag bisweilen der Gedanke aufkom­men, die Zeit bis zum Wei­h­nachts­fest sei nur mehr sehr kurz, und der End­spurt der Vor­bere­itun­gen habe begonnen. Die Ein­ladun­gen sind aus­ge­sprochen, die Wei­h­nachts­grüsse sind geschrieben, die Päckchen an die Lieben, die man wegen der Pan­demie nicht sehen kann, sind zur Post gebracht … Dabei hat der Advent eine Bedeu­tung ganz in sich und nicht nur als Vor­lauf für das grosse Fest. Die Adventszeit hat ihr eigenes The­ma, und das ist die Bewäl­ti­gung der Dunkel­heit.Bei uns auf der Nord­hälfte der Erde deckt sich diese The­matik mit der Win­ter­dunkel­heit. Wir wis­sen, dass die läng­ste Nacht zwis­chen dem 21. und dem 22. Dezem­ber auszuhal­ten ist. Im julian­is­chen Kalen­der, der bis 1582 Gültigkeit hat­te, wurde am 13. Dezem­ber an die tief­ste Dunkel­heit gedacht – ohne elek­trisches Licht und Vor­wei­h­nachts­beleuch­tung. Wenn wir, die wir nicht mehr an das Leben im Dunkeln angepasst sind und möglichst rasch den Lichtschal­ter drehen oder die Stirn­lampe ein­schal­ten, wenn wir der Fin­ster­n­is aus­ge­set­zt sind, über­fällt uns die Angst, die wir gerne und erfol­gre­ich ver­drän­gen. Im Fin­stern wit­tern wir Gefahren, wir kön­nen nicht vorausse­hen, was auf uns zukommt. Darum schlage ich Übung 1 vor: Gehen Sie (ruhig mit ein­er Taschen­lampe) zu ein­er Bank im Wald und set­zen Sie sich (ohne Taschen­lampe) eine Weile hin. Hören Sie nach aussen auf den Klang und nach innen auf das Echo der Fin­ster­n­is. Eventuell spüren Sie die Bedro­hung und das Bedürf­nis nach Licht.Es ist eine ver­wick­elte Geschichte, wie die hl. Lucia von Sizilien nach Schwe­den kam. Nach wie vor ist ihr Grab in Syrakus, aber ihre volk­stüm­liche Verehrung wird hoch im Nor­den gepflegt, eben am 13. Dezem­ber, wenn die Nacht lang ist. Dann bringt Lucia Licht in die Dunkel­heit, dargestellt mit einem Lichterkranz auf dem Kopf junger Mäd­chen. Mag sein, dass es sich in Verbindung mit ein­er christlichen Heili­gen um einen Rest ein­er nordis­chen vorchristlichen Reli­gion han­delt, mag sein, dass Wei­h­nacht­en selb­st auf das Datum eines Son­nen­wend­festes gelegt wor­den ist, weil so erleb­bar wurde, dass das Licht des Him­mels in der Fin­ster­n­is der Welt erschien.Wir haben das Bedürf­nis, nicht bis zum Wei­h­nachts­fest in der Dunkel­heit auszuhar­ren. Wir wollen uns nicht über­fordern. Darum zün­den wir einzelne Kerzen auf unserem Adventskranz an, die uns einen Vorgeschmack auf das strahlende Licht des Wei­h­nacht­stages schenken. Lucia ist eine solche Licht­gestalt. Ihr kön­nten wir doch die näch­ste Adventskranzk­erze wid­men: Lucia, bring uns Licht, damit wir die Fin­ster­n­is ertra­gen kön­nen, die uns umgibt, nicht nur die jahreszeitliche, vielmehr die seel­is­che Fin­ster­n­is der Ein­samkeit und der Angst, und auch die Fin­ster­n­is der Geschichte der Welt. Das führt mich dazu, Ihnen die Übung 2 vorzuschla­gen: Geben Sie den Kerzen Ihres Adventskranzes einen Namen, Namen Ihrer Licht­gestal­ten. Disku­tieren Sie mit anderen, wer für Sie Licht­bringer ist. Das muss nicht jemand sein, der/die christlich und heilig ist. Vielle­icht ist es ja eine Gross­mut­ter, ein Poli­tik­er, eine Schrift­stel­lerin, jemand aus Ihrem Bekan­ntenkreis. Und stellen Sie sich auch vor, jemand würde seiner/ihrer Kerze Ihren Namen geben: Zuviel Bedeu­tung? Egal, es ist ja nur eine Momen­tauf­nahme für diesen Advent. Wichtig ist aber, dass Lucia nicht allein bleibt und mit anderen die Auf­gabe erfüllt, in der Dunkel­heit des Advents eine Ahnung von Licht zu ver­bre­it­en.Lud­wig Hesse, The­ologe, Autor und Teilzeitschrein­er, war bis zu sein­er Pen­sion­ierung Spi­talseel­sorg­er im Kan­ton Basel­land
Redaktion Lichtblick
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