Wenn Prie­ster sich verlieben

  • Letz­te Woche gab der Pfar­rer von Brigels sei­ne Demis­si­on bekannt, weil er sich in eine Frau ver­liebt habe und die Bezie­hung öffent­lich leben wol­le. Ob der Betrof­fe­ne wei­ter­hin im kirch­li­chen Dienst tätig sein will, ist der­zeit nicht bekannt.
  • Kann ein Prie­ster, der sich für eine Part­ner­schaft ent­schei­det, wei­ter­hin für die Kir­che tätig sein? Ja, sofern der Vati­kan sei­ne Ent­las­sung aus dem Kle­ri­ker­stand ermög­licht, der Papst ihn von der Zöli­bats­pflicht ent­bin­det und das zustän­di­ge Bis­tum den Betrof­fe­nen wie­der einstellt. 
 In Zei­ten des Prie­ster­man­gels kommt es für eine betrof­fe­ne Gemein­de wie Brigels unge­le­gen, wenn der Prie­ster demis­sio­niert. Und dies nicht, weil er sich etwas hät­te zuschul­den kom­men las­sen oder er die Freu­de an sei­ner Beru­fung ver­lo­ren hät­te. Der Grund ist die Lie­be. Doch ein sol­cher Fall muss nicht das Ende der Kir­chen­kar­rie­re bedeu­ten. Um wei­ter­hin kirch­lich tätig zu sein, müss­te er beim zustän­di­gen Bischof einen begrün­de­ten Antrag auf Ent­las­sung aus dem Kle­ri­ker­stand – frü­her Lai­sie­rung genannt – sowie auf Ent­bin­dung von der Zöli­bats­pflicht stel­len, erklärt Kir­chen­recht­ler Urs Bro­si.

Vor­aus­set­zung: Ent­bin­dung vom Zölibat

Der Bischof hat den Antrag zu prü­fen. «Dazu lässt er den bitt­stel­len­den Prie­ster sowie Zeu­gen befra­gen. Dabei geht es etwa um die Lebens­ge­schich­te, das Motiv der Prie­ster­wei­he, die aktu­el­le Situa­ti­on, die all­fäl­li­ge Mög­lich­keit zur Rück­kehr zum prie­ster­li­chen Dienst und ande­res.» Bei Bedarf wer­de ein fach­ärzt­li­ches oder psy­cho­lo­gi­sches Gut­ach­ten ein­ge­holt, so Urs Bro­si. «Zen­tral sind die Fra­gen nach der Ursa­che für den ‹Fehl­ent­scheid›, Prie­ster wer­den zu wol­len, sowie die Klar­heit, dass der Betrof­fe­ne nicht mehr zur Wie­der­auf­nah­me der prie­ster­li­chen Lebens­form zu bewe­gen sei und end­gül­tig aus dem Kle­ri­ker­stand ent­las­sen wer­den möch­te.»Der zustän­di­ge Bischof lei­tet den Antrag des Prie­sters zusam­men mit sei­nen Unter­su­chungs­ak­ten und einer per­sön­li­chen Ein­schät­zung des Sach­ver­halts an die Kle­rus­kon­gre­ga­ti­on in Rom wei­ter. Ob er die Wei­ter­lei­tung ver­wei­gern kann, gehe aus dem kirch­li­chen Recht (Codex Iuris Cano­ni­ci, CIC) nicht her­vor, erklärt Urs Bro­si.Mit der Lai­sie­rung ver­liert der Betrof­fe­ne alle Rech­te und Pflich­ten des Kle­ri­kers. Er darf also kei­ne Eucha­ri­stie mehr fei­ern und kei­ne Beich­te mehr abneh­men. Der Lai­sier­te muss dem Bischof nicht mehr gehor­sam sein, und für den Bischof besteht umge­kehrt kei­ne Unter­halts­pflicht mehr gegen­über dem Betrof­fe­nen.

Päp­ste lies­sen Betrof­fe­ne hängen

Mit der Ent­las­sung aus dem Kle­ri­ker­stand, die von der Kle­rus­kon­gre­ga­ti­on, einem Organ des Apo­sto­li­schen Stuhls, gewährt wird, ist der Betrof­fe­ne laut Urs Bro­si jedoch noch nicht vom Zöli­bat ent­bun­den. Dazu bedür­fe es noch­mals einer eige­nen Ent­schei­dung, die nur der Papst fäl­len kön­ne.«Rom ent­lässt einen Betrof­fe­nen eher aus dem Kle­ri­ker­stand, als dass die­ser vom Zöli­bat ent­bun­den wird», so Urs Bro­si. Wegen der Unter­halts­pflicht habe die Kir­che ein Inter­es­se dar­an, Zöli­bats­brü­chi­ge aus dem Kle­ri­ker­stand zu ent­las­sen. Solan­ge sie jedoch nicht vom Zöli­bat ent­bun­den sei­en, sei für die Betrof­fe­nen weder eine kirch­li­che Trau­ung noch eine erneu­te Anstel­lung im kirch­li­chen Dienst mög­lich.Das Ant­wort­schrei­ben, das so genann­te «Reskript», wird «gna­den­wei­se» gewährt, der Betrof­fe­ne hat also kei­nen Anspruch dar­auf. Laut Urs Bro­si machen die Päp­ste damit unter­schied­lich rasch vor­wärts: Wäh­rend das Reskript unter Papst Paul VI. in der Regel innert Jah­res­frist ver­fasst wor­den sei, habe sich Johan­nes Paul II. ins­be­son­de­re mit der Ent­bin­dung von der Zöli­bats­pflicht «Jah­re bis Jahr­zehn­te» Zeit gelas­sen (sie­he auch rechts).Unter Bene­dikt XVI. habe sich an die­ser Pra­xis wenig geän­dert, nur die Mög­lich­kei­ten zur Ent­las­sung von pro­ble­ma­ti­schen Prie­stern aus dem Kle­ri­ker­stand gegen deren Wil­len sei­en erwei­tert wor­den. Von Fran­zis­kus sei nicht bekannt, dass er die Pra­xis sei­ner Vor­gän­ger gelockert habe.

Bis­tum nicht zur Wie­der­ein­stel­lung verpflichtet

Wenn der Betrof­fe­ne aus dem Kle­ri­ker­stand ent­las­sen und von der Zöli­bats­pflicht ent­bun­den wur­de, kann er wie­der in einen kirch­li­chen Dienst auf­ge­nom­men wer­den. «Es besteht für das Bis­tum jedoch kei­ne Ver­pflich­tung, den Betrof­fe­nen wie­der ein­zu­stel­len», sagt Urs Bro­si.Für einen Bischof sei oft rele­vant, ob der Mann bereit sei, in einer «tie­fe­ren Rol­le», etwa als Pasto­ral­as­si­stent, tätig zu sein, ohne dies der Kir­che zum Vor­wurf zu machen und ohne die gesetz­ten Gren­zen zu über­schrei­ten. Ein Indi­ka­tor dafür sei, wie der Betrof­fe­ne aus dem kirch­li­chen Dienst aus­ge­schie­den sei, ob dies bei­spiels­wei­se auf glaub­wür­di­ge und authen­ti­sche Wei­se gesche­hen sei. Aus der Schweiz ist Urs Bro­si kein Bis­tum bekannt, das Ex-Prie­ster grund­sätz­lich nicht mehr in den kirch­li­chen Dienst auf­nimmt.

Bis­tum Basel: Ein­stel­lung in Füh­rungs­funk­ti­on möglich

Im Bis­tum Basel hät­ten in den letz­ten zehn Jah­ren etwa vier bis fünf Prie­ster ihr Amt wegen einer Part­ner­schaft nie­der­ge­legt, sagt Bis­tums­spre­cher Hans­rue­di Huber gegen­über kath.ch. «Eini­ge von ihnen sind nach dem Lai­sie­rungs­ver­fah­ren in unter­schied­li­chen Posi­tio­nen wie­der ein­ge­stellt wor­den», etwa als Pasto­ral­raum­lei­ter oder als Pasto­ral­as­si­stent, so Huber. In Funk­tio­nen also, in denen sie auch wei­ter­hin Kar­rie­re­mög­lich­kei­ten hät­ten. «Wenn jemand einen guten Job gemacht hat, lässt man ihn nicht frei­wil­lig gehen», sag­te Huber in der Sen­dung «10 vor 10» (16. Juli) von Schwei­zer Fern­se­hen SRF schmun­zelnd.

Bis­tum St. Gal­len: Ex-Prie­ster ist heu­te Pastoralassistent

Auch im Bis­tum St. Gal­len kön­nen Ex-Prie­ster wei­ter­hin in der Kir­che tätig sein. Der Bis­tums­spre­che­rin Sabi­ne Rüthe­mann sind zwar kei­ne Zah­len bekannt, sie geht aber von einer mit dem Bis­tum Basel ver­gleich­ba­ren Situa­ti­on aus. Ihr sind ehe­ma­li­ge Prie­ster bekannt, die nach Abschluss des Ver­fah­rens wie­der in den kirch­li­chen Dienst auf­ge­nom­men wur­den, etwa als Pasto­ral­as­si­sten­ten oder auf Fach­stel­len des Bis­tums. Auch unter den bei­den Vor­gän­gern von Mar­kus Büchel war dies gemäss Sabi­ne Rüthe­mann üblich. So ist etwa ein Prie­ster, der 2011 wegen einer Lie­bes­be­zie­hung demis­sio­nier­te, heu­te als Pasto­ral­as­si­stent im Bis­tum tätig. 
Andreas C. Müller
mehr zum Autor
nach
soben