
Bild: © Roger Wehrli
Wenn junÂge FrauÂen predigen
Die Theologiestudentin Carmen Staub war im Januar im Pfarreipraktikum in Baden. Wir haben sie besucht und Âgefragt: Warum hat sich die junge Frau für dieses Studium und eine berufliche Zukunft in der Kirche entschieden? Was können junge Mitarbeitende in der Kirche verändern?
KaufÂmann, InforÂmaÂtiÂkeÂrin, DetailÂhanÂdelsÂfachÂperÂson … TheoÂloÂgin? Bei den meiÂsten junÂgen MenÂschen ist der letztÂgeÂnannÂte Begriff wahrÂscheinÂlich nicht Teil ihrer Top-Ten-BerufsÂwunschÂliÂste. Umso spanÂnenÂder ist die FraÂge: Was bewegt junÂge ErwachÂseÂne nach der MatuÂra TheoÂloÂgie – die LehÂre der christÂliÂchen ReliÂgiÂon, ihrer OffenÂbaÂrung und ÃœberÂlieÂfeÂrung von einem GlauÂbensÂstandÂpunkt aus – zu stuÂdieÂren? Wir haben nachÂgeÂfragt. Und zwar bei CarÂmen Staub. Sie ist TheoÂloÂgieÂstuÂdenÂtin und hat im JanuÂar ihr PfarÂreiÂprakÂtiÂkum in Baden gemacht.
ChriÂstenÂtum verÂsteÂhen heisst die GesellÂschaft verstehen
BegonÂnen hat es wähÂrend der MatuÂraÂzeit. CarÂmen Staub hat sich gefragt, wo es berufÂlich langÂgeÂhen soll. Aber das war nicht die einÂziÂge FraÂge, die sie in dieÂser PhaÂse beschäfÂtigÂte. «Ich hatÂte eine Art SinnÂkriÂse», berichÂtet sie und Âergänzt: «AusÂserÂdem habe ich mich schon Âimmer für GeschichÂte interÂesÂsiert. Ich habe damals bemerkt, dass die KirÂche eine grosÂse RolÂle in der GeschichÂte gespielt hat, und ich würÂde auch heuÂte noch sagen: Wer die KirchenÂgeschichte verÂsteht, verÂsteht auch viel von der GeschichÂte unseÂrer Gesellschaft.»
WähÂrend des BacheÂlorÂstuÂdiÂums legt sie ihren Fokus zunächst auf die Ethik, also die WisÂsenÂschaft über das (gute) menschÂliÂche HanÂdeln. Nach dem BacheÂlorÂabÂschluss stellt sie jedoch fest: Ihre SinnÂfraÂgen wurÂden nicht beantÂworÂtet. Sie legt eine StuÂdiÂumsÂpauÂse ein und arbeiÂtet im HosÂpiz ZenÂtralÂschweiz als PfleÂgeÂasÂsiÂstenÂtin. «Da habe ich gemerkt: Hier sind die SinnÂfraÂgen brenÂnend und wichÂtig», erzählt Staub.
Für die KirÂche arbeiten?
Ein TheoÂloÂgieÂstuÂdiÂum bedeuÂtet nicht autoÂmaÂtisch, dass die PerÂson danach auch für die ÂKirÂche arbeiÂtet. TheoÂloÂginÂnen und TheoÂloÂgen sind unter andeÂrem gefragt als EthikberaÂterinnen, MediaÂtoÂren, KulÂturÂmaÂnaÂgeÂrinÂnen, PoliÂtikÂbeÂraÂter oder ethiÂsche StraÂteÂgieÂentÂwickÂleÂrinÂnen in UnterÂnehÂmen. WarÂum hat sich CarÂmen Staub dafür entÂschieÂden, den Weg in der KirÂche weiÂterÂzuÂgeÂhen? «Ich werÂde nach dem StuÂdiÂum, wenn es klappt, in den kirchÂliÂchen Dienst gehen, weil ich mich sehr mit der christÂliÂchen BotÂschaft idenÂtiÂfiÂzieÂre, für die MenÂschen da zu sein und sie in schwieÂriÂgen SituaÂtioÂnen zu begleiÂten und zu unterÂstütÂzen», sagt Staub. In ihrer Arbeit in HosÂpiÂzen und PfleÂgeÂheiÂmen hat sie MenÂschen beiÂgestanÂden. DieÂse Arbeit und die dabei gewonÂneÂnen ErfahÂrunÂgen und EinÂdrücke waren für sie entÂscheiÂdend dafür, nach dem BacheÂlor auch den Master in TheoÂloÂgie zu machen und anschliesÂsend eine berufÂliÂche Zukunft in der ÂKirÂche anzustreben.
FriÂsche und Aufschwung
Was könÂnen junÂge TheoÂloÂginÂnen und TheoÂloÂgen PosiÂtiÂves in der KirÂche bewirÂken?
Sie erlauÂben sich, so CarÂmen Staub, eher die FraÂge, inwieÂweit die KirÂche priÂvatÂwirtÂschaftÂlich und kunÂdenÂfreundÂlich denÂken sollÂte. Sie fraÂgen: «Was suchen die GläuÂbiÂgen? Und wie könÂnen wir dazu pasÂsenÂde AngeÂboÂte ÂschafÂfen? Wo geht unser AngeÂbot vielÂleicht total an der NachÂfraÂge vorÂbei?» CarÂmen Staub finÂdet es gut, wenn die KirÂche bei hochÂakÂtuÂelÂlen SinnÂfraÂgen, die die MenÂschen nach wie vor beweÂgen, MögÂlichÂkeiÂten anbieÂtet, mit dieÂsen FraÂgen umzuÂgeÂhen: «Was machen wir in der Welt? Wie geht das alles weiÂter?» Hier könnÂten AngeÂboÂte geschafÂfen werÂden, unabÂhänÂgig davon, wie kirÂchenÂnah eine PerÂson sei.
CarÂmen Staub finÂdet es ausÂserÂdem wichÂtig, dass könÂnen junÂge TheoÂloÂginÂnen und TheoÂloÂgen eine gesunÂde PorÂtiÂon StandÂhafÂtigÂkeit mitÂbrinÂgen und für AnlieÂgen einÂsteÂhen, die ihnen wichÂtig sind. GleichÂzeiÂtig betont sie aber auch, dass es wesentÂlich ist, die PerÂspekÂtiÂve wechÂseln zu könÂnen. Sie erklärt: «Dadurch könÂnen wir zum einen uns selbst treu bleiÂben und gleichÂzeiÂtig bewirÂken, dass sich die MenÂschen gehört und angeÂnomÂmen fühÂlen, wie sie sind. Ich kann über das TheÂma AlkoÂholÂkonÂsum und seiÂne FolÂgen preÂdiÂgen. Und vielÂleicht hören die PreÂdigt MenÂschen, die sagen: ‹Ich trinÂke jeden Tag ein Glas Wein, und das soll so bleiÂben.› VielÂleicht löst die PreÂdigt etwas in ihnen aus, vielÂleicht aber auch nicht. Eine moderÂne TheoÂloÂgie achÂtet dieÂse FreiÂheit. Das PriÂvaÂte darf priÂvat sein, und MenÂschen lasÂsen sich gegenÂseiÂtig sein, wie sie sind. DieÂser GrundÂsatz kann die KirÂche verändern.»
ErzähÂlen Sie uns eine beweÂgenÂde GeschichÂte aus Ihrem Pfarreipraktikum?
CarÂmen Staub:
​Ich habe in einer AusÂgaÂbe des NewsÂletÂters den «Impuls am SonnÂtag» geschrieÂben. Im GotÂtesÂdienst kam eine Frau zu mir und sagÂte: «Sie haben den Impuls gut geschrieÂben.» Ich freuÂte mich: «Ah, Sie haben ihn geleÂsen!» Und sie antÂworÂteÂte: «Ja, und ich habe ihn schon all meiÂnen FreunÂdinÂnen weiÂterÂgeÂschickt.» Das fand ich sehr berühÂrend. Ich hatÂte mir für dieÂsen Text wirkÂlich ein bissÂchen den Kopf zerÂbroÂchen und habe mich gefreut, dass meiÂne MesÂsaÂge bei den MenÂschen ankam. Ich hatÂte mich gefragt, wer so einen NewsÂletÂter überÂhaupt liest. Und sie war nicht die einÂziÂge PerÂson, die etwas dazu gesagt hat. Ich fand das beeinÂdruckend, wie vieÂle RückÂmelÂdunÂgen ich erhalÂten habe.
Sie wolÂlen mehr darÂüber erfahÂren, was CarÂmen Staub wähÂrend des PfarÂreiÂprakÂtiÂkums erlebt hat und in welÂche BereiÂche sie reinÂgeÂschaut hat? Lesen Sie unser InterÂview hier.

FeuÂer und FlamÂme: CarÂmen Staub im Gespräch mit den MitÂarÂbeiÂteÂrinÂnen und MitÂarÂbeiÂtern, Âdie in der PfarÂrei mit EngaÂgeÂment dabei sind und ihr all ihre FraÂgen beantÂworÂtet haben. | Bild: © Roger Wehrli