Wenn ich doch nur die­se Kraft hätte!

Wenn ich doch nur die­se Kraft hätte!

Mar­kus 16,2.5–7Am ersten Tag der Woche kamen (die Frau­en) in aller Frü­he zum Grab, als eben die Son­ne auf­ging … (Sie) sahen auf der rech­ten Sei­te einen jun­gen Mann sit­zen, der mit einem weis­sen Gewand beklei­det war; da erschra­ken sie sehr. Er aber sag­te zu ihnen: Erschreckt nicht! Ihr sucht Jesus von Naza­reth, den Gekreu­zig­ten. Er ist auf­er­stan­den; er ist nicht hier … Nun aber geht und sagt sei­nen Jün­gern und dem Petrus: Er geht euch vor­aus nach Gali­läa; dort wer­det ihr ihn sehen, wie er euch gesagt hat.Ein­heits­über­set­zung 2016 

Wenn ich doch nur die­se Kraft hätte!

Wenn doch end­lich die­se Pan­de­mie vor­bei wäre. Wenn er doch end­lich die­se Kri­se als Chan­ce ver­ste­hen könn­te. Wenn ich doch wüss­te, wie es wei­ter­geht. Kürz­lich ging mir in einem Gespräch mit einer jun­gen, sym­pa­thi­schen Frau durch den Kopf: Ach, wenn sie doch nur den Schritt tun könn­te, nach dem sie sich so sehr sehnt, aus der Pro­sti­tu­ti­on aus­zu­stei­gen. Wenn sie die­se Kraft doch nur auf­brin­gen könn­te! Ich besorg­te Unter­la­gen zu Stel­len, die sie beglei­ten wür­den, und bat auch mei­ne Kol­le­gin, nach ihr zu schau­en. – Wenn sie die­se Kraft doch nur hät­te!Wenn doch der Her­zens­wunsch in Erfül­lung gin­ge. Wenn wir die­se Kraft doch nur auf­brin­gen könn­ten! Wenn ich doch … Wenn wir doch … Wie sagt man so schön: Wenn das Wört­chen «wenn» nicht wäre. Und doch!Und doch, wenn die Frau­en früh­mor­gens, zwi­schen Nacht und Tag, zwi­schen Ver­zweif­lung und Hoff­nung, nicht zum Grab Jesu gegan­gen wären? Gross­ar­ti­ges und Unbe­greif­li­ches ist ihnen und damit auch uns wider­fah­ren. Wenn sie nicht auf­ge­bro­chen wären und ihrem Lieb­sten nicht begeg­net wären, ihre Nach­richt über die Auf­er­ste­hung wäre im Dun­keln der Nacht ver­sickert, im Nichts.Die­ses Jahr, am 3. April, am Kar­sams­tag, gedenkt die Kir­che einer beson­de­ren Frau, Eli­sa­beth Koch. Sie war für mich bis jetzt fremd. Sie hat­te ganz und gar nicht gute Start­chan­cen in ihrem Leben. Frü­he Todes­fäl­le in ihrer Fami­lie, eine Mut­ter, auf die sie sich nicht ver­las­sen konn­te, Auf­ent­hal­te in Pfle­ge­fa­mi­li­en und bei ihrer Gross­mutter, und dann spä­ter die Typhus­epi­de­mie in Bel­gi­en – all dies konn­te sie nicht davon abhal­ten, mit jun­gen Frau­en zusam­men eine Gemein­schaft zu grün­den, um die typhus­kran­ken Men­schen zu pfle­gen. Die Gemein­schaft geriet auch in poli­ti­sche Unru­hen, sodass sie nach Löwen, heu­ti­ges Leu­ven, zie­hen muss­te. Das Sankt-Niko­laus-Spi­tal in Eupen gedenkt ihrer immer noch. Zur Fei­er des 150-jäh­ri­gen Bestehens rief man die Jose­phi­ne-Koch-Stif­tung ins Leben. Eli­sa­beth von Jesu, ihr Ordens­na­me, hat­te in jener Epi­de­mie in Bel­gi­en ihre Beru­fung ent­deckt, wenn es auch total schwie­rig war.Wir sind in der soge­nann­ten hei­li­gen Woche. Das neue Leben, der neue Impuls, die neue Kraft und die neue Lebens­quel­le war­ten auf uns. Wenn auch ich/wir in die­ser schwie­ri­gen Zeit, wie die Frau­en im Mar­kus­evan­ge­li­um und jene Frau­en von Eupen, uns nicht auf­hal­ten las­sen wür­den und wei­ter­gin­gen, suchend, vor­wärts tastend, dem Leben ent­ge­gen? Mögen wir den Rücken­wind, der uns vor­wärts bringt, spü­ren und den Lebens­sinn und die Freu­de wie­der­fin­den. Das zar­te Gedicht von Phil­ip­pe Jac­cot­tet drückt es auf beson­de­re Wei­se aus.Anna-Marie Fürst, Theo­lo­gin, arbei­tet in der Gefäng­nis­seel­sor­ge Basel-Stadt Veil­chenBlu­men, sie gehö­ren zu den unauf­fäl­lig­sten zu den verborgensten.Win­zig.An der Gren­ze zur Unschein­bar­keit. Ent­spros­sen die­ser Erde, die gelockert ist vom letz­ten Winterschnee.So zart, wie schaf­fen sie auch nur zu erschei­nen, aus der Erde zu drin­gen, auf­recht zu stehn?
Redaktion Lichtblick
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