Wenn die Part­ner­schaft aus­ein­an­der geht

«Was Gott zusam­men­ge­fügt hat, soll der Mensch nicht tren­nen», wird Paa­ren mit auf den Weg gege­ben, die kirch­lich hei­ra­ten. Laut Sta­ti­sti­kern blüht die Tren­nung heut­zu­ta­ge jedoch nahe­zu jedem zwei­ten Ehe­paar. Mit Unter­stüt­zung oder ein­fach nur der ent­la­sten­den Bot­schaft, «dass so etwas auch zum Leben in Bezie­hun­gen gehö­ren kann», tut sich die katho­li­sche Kir­che aller­dings schwer. Grund genug für Wal­li Jaberg von der Öku­me­ni­schen Ehe­be­ra­tungs­stel­le Aar­au, gemein­sam mit Kurt Adler von Bil­dung mobil einen spe­zi­el­len Kurs für Men­schen in Tren­nung anzu­bie­ten. «Eine Tren­nung ist immer ein inten­si­ver Pro­zess, der den Men­schen viel abver­langt», weiss die Ehe- und Paar­be­ra­te­rin Wal­li Jaberg. Dies bestä­ti­gen Men­schen, die bereit waren, gegen­über Hori­zon­te von ihren Erfah­run­gen zu berichten. 

«Irgend­ein­mal», erin­nert sich Eri­ka L., «habe ich rea­li­siert, dass ich so nicht noch dreis­sig Jah­re wei­ter­ma­chen will». Zwar habe sie ihrem Mann noch den Vor­schlag gemacht, an der Bezie­hung zu arbei­ten und eine Ehe­be­ra­tung zu besu­chen. Als die­ser jedoch ablehn­te, lag die Tren­nung nahe. «Mein Ex-Mann hat­te eine eige­ne Fir­ma, ich war sehr viel allein. Ich woll­te einen Part­ner, der mich wahr­nimmt, der auf mei­ne Bedürf­nis­se ein­geht.» Mit die­sem Pro­blem befin­det sich Eri­ka L. in bester Gesell­schaft. Gemäss Sta­ti­stik sind es dop­pelt so vie­le Frau­en wie Män­ner, die sich ent­schei­den, eine Part­ner­schaft zu been­den. Auch Lina I. ent­schloss sich vor 11 Jah­ren, ihre Ehe auf­zu­lö­sen. 19 Jah­re hat­te sie gehal­ten. «Wäh­rend zwei Jah­ren vor der Tren­nung rea­li­sier­te ich, dass etwas schief lief, wir uns aus­ein­an­der gelebt hat­ten.» Lina I. unter­nahm Schrit­te, die gemein­sa­me Bezie­hung zu ret­ten. Sie besuch­te gar eine Psy­cho-The­ra­pie. «Ich dach­te, es läge aus­schliess­lich an mir», erin­nert sich die gelern­te Goldschmiedin.

Aus der Bahn gewor­fen
Nach der Tren­nung plag­ten Lina I. jah­re­lang Exi­stenz­äng­ste, sie litt an Schlaf­stö­run­gen. «Mein Mann zog aus, ich blieb mit den bei­den Mäd­chen im Teen­ager­al­ter zurück und arbei­te­te, um uns, so gut es ging, durch­zu­brin­gen». Ohne ihr Umfeld, so die mitt­ler­wei­le selb­stän­di­ge Kos­me­ti­ke­rin, hät­te sie das nicht geschafft. Auch Eri­ka L. hat­te schwe­re Kri­sen durch­zu­ste­hen, nach­dem sie sich zur Tren­nung ent­schlos­sen hat­te. Regel­recht aus der Bahn gewor­fen habe sie sich zeit­wei­lig gefühlt. Halt fand die Mut­ter zwei­er Kin­der, damals im Pri­mar­schul­al­ter, bei ihren Eltern, die sie unter­stüt­zen. Und bei ihren Freun­din­nen. Ent­schei­dend war auch der Ent­schluss, pro­fes­sio­nel­le Hil­fe in Anspruch zu neh­men:  «Das war als Rücken­stär­kung enorm hilfreich».

Am schlimm­sten waren die Vor­wür­fe
«Immer wie­der», erin­nert sich Eri­ka L., «mach­te ich mir Vor­wür­fe, hat­te Zwei­fel. Katho­lisch auf­ge­wach­sen, hat­te Eri­ka L. auch kirch­lich gehei­ra­tet. «Ich hat­te vor Gott mei­nem Ex-Mann die Treue geschwo­ren, mich qua­si ver­pflich­tet, an die­ser Bezie­hung fest­zu­hal­ten. Und dann war ich es, wel­che die gemein­sa­men Lebens­plä­ne über den Hau­fen warf.» Am schlimm­sten sei jedoch der Schmerz der Kin­der gewe­sen. Die Tat­sa­che, ihnen den Papa weg­ge­nom­men zu haben. «Zu wis­sen, dass man dafür die Ver­ant­wor­tung trägt, war sehr bela­stend.» Ein Gefühl, dass auch Lina I. kennt: «Ich habe nie schlecht über mei­nen Ex-Mann gespro­chen, schon gar nicht vor mei­nen Töch­tern.» Ent­spre­chend sei sie in deren Augen zunächst die «Täte­rin, er das Opfer» gewe­sen. «Bis mei­ne Töch­ter her­aus­fan­den, dass die neue Lebens­part­ne­rin mei­nes Ex-Man­nes schon sei­ne Gelieb­te war, als unse­re Bezie­hung noch nicht getrennt war.»

Män­ner suchen neue Bezie­hung
Män­ner, so wis­sen wir dank Sta­ti­stik und Psy­cho­lo­gie, suchen sich nach einer Tren­nung rasch wie­der eine neue Lebens­part­ne­rin. Teils tun sie das bereits wäh­rend einer lau­fen­den Bezie­hung. Ulrich W. hat sei­ner Part­ne­rin unlängst eröff­net, dass er sich von ihr tren­nen wol­le. Ihm fehlt der intel­lek­tu­el­le Aus­tausch, wes­halb er sich nach einer pas­sen­de­ren Part­ne­rin umschau­en will. Dass dies, ins­be­son­de­re auch die Lösung aus der bestehen­den Bezie­hung, nicht ein­fach wer­den wird, ist dem Eth­no­lo­gen bewusst. Den­noch ist er bereit, das Risi­ko einzugehen.

Gemein­sa­me Eltern­schaft bleibt bestehen
Mitt­ler­wei­le lebt Eri­ka L. bereits seit meh­re­ren Jah­ren im gemein­sa­men Haus­halt mit ihrem neu­en Part­ner. Die Schei­dung von ihrem Ex-Mann liegt sie­ben Jah­re zurück. «Die Tren­nung hat mir eine Ent­wick­lung ermög­licht, die ohne die­sen Schritt nicht mög­lich gewe­sen wäre», ist die Eri­ka L. über­zeugt. Eine der wesent­li­chen Her­aus­for­de­run­gen, gelang nach Anlauf­schwie­rig­kei­ten eben­falls: Die über die Tren­nung hin­aus bestehen­de Eltern­schaft. «Gemein­sam mit mei­nem Ex-Mann gehe ich an Eltern­aben­de und küm­me­re mich um die Inter­es­sen unse­rer Kin­der.» Letz­te­re hät­ten nach eini­ger Zeit auch Posi­ti­ves an der neu­en Situa­ti­on fin­den können.

Auf eige­nen Füs­sen
Auch Lina I. beur­teilt rück­blickend ihren Schritt posi­tiv. «Ich habe es geschafft, auf eige­nen Füs­sen zu ste­hen, mein Leben selbst in die Hand zu neh­men. Das hat mir enor­mes Selbst­ver­trau­en gege­ben.» Zwar habe sie sich seit­her zwei­mal wie­der auf eine Bezie­hung ein­ge­las­sen, doch ent­stand dar­aus kei­ne län­ger­fri­sti­ge Bin­dung. «Ab einem gewis­sen Alter hat jeder so sei­ne Geschich­te», meint Lina I. Gewiss, eine Bezie­hung böte finan­zi­el­le Sicher­heit. Doch Lina I. hat gelernt, auf eige­nen Bei­nen zu ste­hen, das eige­ne Glück nicht mehr von einem Part­ner abhän­gig zu machen. «Ich brau­che nie­man­den als Rück­ver­si­che­rung, ich kann sehr gut für mich selbst schau­en und genies­se das mittlerweile.»

Andre­as C. Müller

 

 

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Redaktion Lichtblick
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